Freie Fahrt dank neuer Software
Auf dem Diesel-Gipfel einigten sich Hersteller und Politik darauf, dass mehr als fünf Millionen Fahrzeuge nachgerüstet werden sollen, um so den Stickoxid-Ausstoß zu senken. Verkehrsminister Dobrindt hält die Gefahr von Fahrverboten so für gebannt.
Verkehr

Freie Fahrt dank neuer Software

Auf dem Diesel-Gipfel einigten sich Hersteller und Politik darauf, dass mehr als fünf Millionen Fahrzeuge nachgerüstet werden sollen, um so den Stickoxid-Ausstoß zu senken. Verkehrsminister Dobrindt hält die Gefahr von Fahrverboten so für gebannt.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hält mit den Ergebnissen des Diesel-Gipfels die Gefahr von Fahrverboten für weitgehend gebannt. „Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir mit diesen Entscheidungen die Fahrverbote vermeiden“, sagte Dobrindt am Donnerstag in Berlin. In Summe würden die Maßnahmen, die bei dem Spitzentreffen von Politik und Industrie am Mittwoch verabredet wurden, dazu beitragen, dass Diesel-Fahrzeuge auch künftig in allen Innenstädten rollen könnten. Das sei eine gute Botschaft für die Betroffenen.

Dobrindt setzt auf Umstiegsanreize

Dobrindt beklagte, derzeit konzentriere sich das Interesse in weiten Teilen der Öffentlichkeit noch zu stark auf das Thema Software-Updates für Diesel-Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro-5 und Euro-6. Dabei sei eines der ganz wichtigen Ergebnisse die Umstiegsprämie, die die Hersteller zahlen wollten, um alte Diesel durch schadstoffärmere Modelle zu ersetzen. „Das wird erst in den nächsten Tagen richtig wahrgenommen werden, wenn die Automobilunternehmen konkret ihre Angebote bekanntgeben.“ Daneben sei der geplante Mobilitätsfonds, mit dem die Luft in den Städten reingehalten werden soll, ein wichtiges Element. Alles zusammen werde die Schadstoffwerte in den Städten deutlich mindern. „Das ist in der Summe ein gutes Ergebnis“.

Am Mittwoch hatten sich Autoindustrie und Politik darauf geeinigt, rund 5,3 Millionen Dieselautos mit neuer Abgassoftware nachzurüsten, um so den Ausstoß von Stickoxid zu reduzieren. Die Autokonzerne versprachen dabei Updates der Abgasreinigung, aber keine Umbauten am Motor. Es soll sich dabei um Fahrzeuge der Emissionsklasse Euro 5 und teilweise Euro 6 handeln.

Ziel: bis zu 30 Prozent weniger Schadstoffe

Die Maßnahmen seien freiwillig und deckten einen Großteil dieser moderneren Flotten bei den deutschen Herstellern ab. Ungefähr 8,6 Millionen Fahrzeuge aus diesen Klassen sind derzeit in Deutschland insgesamt zugelassen.

Wir begrüßen, dass Bundesregierung und Länder der Vermeidung von generellen Fahrverboten Priorität einräumen.

Stellungnahme des VDA

Ziel sei eine durchschnittliche Stickoxid-Reduzierung von 25 bis 30 Prozent der nachgerüsteten Fahrzeuge. Studien zeigten, dass damit die Schadstoffbelastung mindestens genauso stark reduziert werden könne wie durch Fahrverbote, hieß es beim Automobilverband VDA. „Wir begrüßen, dass Bundesregierung und Länder der Vermeidung von generellen Fahrverboten Priorität einräumen.“

Industrie finanziert Fonds für Mobilität

Angeboten werden die Nachrüstungen von BMW, Daimler, Opel und Volkswagen. Für die Halter würden keine Kosten entstehen. Die Aktion soll auch keinen Einfluss auf Motorleistung, Verbrauch oder Lebensdauer haben.

Zusätzlich wollen sich die deutschen Hersteller an einem Bundes-Fonds für umweltfreundlichere Mobilität in Städten beteiligen. Verkehrsminister Dobrindt kritisierte es als „vollkommen inakzeptabel“, dass ausländische Anbieter sich bisher nicht in gleicher Weise verpflichtet hätten. Der Bund werde zudem seine Förderung für die Umrüstung von Bussen und Taxis sowie für Radwege erhöhen.

Neue Regeln bei der Kfz-Steuer?

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer äußerte sich zufrieden mit den Ergebnissen, die einen „beachtlichen Fortschritt“ darstellten. Die deutschen Unternehmen hätten „deutlich zu ihrer Verantwortung gestanden“. Der CSU-Chef machte sich zugleich für eine stärkere Differenzierung bei der Kfz-Steuer nach Schadstoffklassen stark. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach von einem „ordentlichen Ergebnis in der Sache“.

Die Automobilbranche muss von ihrem hohen Ross herunter.

Volker Kauder, CDU-Fraktionschef im Bundestag

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder mahnte die Hersteller: „Die Automobilbranche muss von ihrem hohen Ross herunter und wieder mehr ihrer Verantwortung für die Gesellschaft und für ihre Kunden gerecht werden. Die Manipulationen der Motoren haben dem Wirtschaftsstandort Deutschland geschadet.“ Kauder verlangte eine „umfassende und ehrliche Diskussion“ über die Zukunft des Autos. „Der Diesel-Gipfel kann nur der Beginn dieser Debatte gewesen sein, nicht das Ende. Die Automobilproduktion ist ein Kernbereich unserer Wirtschaft und darum geht sie uns alle an. Das gilt aber natürlich auch für den Schutz der Umwelt und der Verbraucher“, sagte er im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse.

Städte bleiben vorsichtig

Der Deutsche Städtetag hält Fahrverbote für Diesel in Innenstädten für noch nicht ausgeschlossen. „Falls die Grenzwerte weiterhin nicht eingehalten werden, ist zu befürchten, dass Gerichte für einzelne Städte Fahrverbote verlangen“, erklärte Präsidentin Eva Lohse (CDU), zugleich Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen.

Bayerns Landeshauptstadt München will Fahrverbote ebenfalls nicht ausschließen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erklärte am Donnerstag, er begrüße die vereinbarten Schritte zur Verringerung der Stickoxidbelastung. „Ich fürchte aber, dass die versprochenen Software-Updates für neuere Fahrzeuge und die finanzielle Unterstützung für die Besitzer älterer Autos nicht ausreichen werden, um die Gesundheit der Menschen in den Städten zu schützen“, sagte er.

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) erklärte, er sei enttäuscht vom Gipfel. „Das kann nur ein erster Schritt sein, da muss schon noch mehr kommen.“ Stuttgart steht nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts unter Druck, ab 2018 umfassende Diesel-Fahrverbote zu verhängen für eine sauberere Luft.

BMW verspricht Umweltprämie

BMW kündigte inzwischen an, 225.000 Euro-5-Dieselautos in Deutschland nachzurüsten. Das Update zur besseren Abgasreinigung werde für die Kunden kostenlos sein, teilte der Autokonzern im Anschluss an die Gespräche in Berlin mit. Darüber hinaus bietet BMW europaweit eine Art Abwrackprämie aus eigener Tasche an: Wer bis zum Jahresende einen Euro-4-Diesel oder einen noch älteren Diesel in Zahlung gibt und einen Euro-6-Diesel oder einen elektrifizierten BMW oder Mini kauft, bekommt von BMW bis zu 2.000 Euro Rabatt.

Die Ergebnisse nationaler und internationaler behördlicher Untersuchungen haben bestätigt, dass Fahrzeuge der BMW Group nicht manipuliert werden.

Harald Krüger, Vorstandschef von BMW

Vorstandschef Harald Krüger forderte die Rückkehr zu einer sachlichen Debatte über den Diesel. Zum Umweltschutz gehöre auch der Kampf gegen den Klimawandel. Der moderne Diesel stoße weniger CO2 aus als der Benziner und sei auch bei Feinstaub, Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid gleich gut oder besser.

Scharf wies Krüger Verdächtigungen zurück, BMW hätte bei Dieselabgasen geschummelt. Die BMW-Technik unterscheide sich deutlich von anderen im Markt. „Die Ergebnisse nationaler und internationaler behördlicher Untersuchungen haben bestätigt, dass Fahrzeuge der BMW Group nicht manipuliert werden“, betonte Krüger.

(dpa)