„Ihr habt doch keine Ahnung!“
Auf dem grünen Parteitag redet sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann über einen unsinnigen Beschluss in Rage. Mindestens so entlarvend ist die Entgegnung seines Gesprächspartners: Wir wollen bloß unsere Basis mobilisieren.
Grüne

„Ihr habt doch keine Ahnung!“

Kommentar Auf dem grünen Parteitag redet sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann über einen unsinnigen Beschluss in Rage. Mindestens so entlarvend ist die Entgegnung seines Gesprächspartners: Wir wollen bloß unsere Basis mobilisieren.

Das zu sehen, tut so richtig gut: Dem Kretschmann geht’s ganz genauso wie vielen Fernsehzuschauern, wenn sich über den Bildschirm Anton Hofreiter ins Wohnzimmer drängelt. Erst verdreht man die Augen und knirscht mit den Zähnen, dann ballt man die Faust, und irgendwann, ziemlich bald, flippt man richtig aus. Kein Wunder bei dem geballten Nonsens, den der Grüne regelmäßig von sich gibt.

Drei Minuten Wutausbruch

Wer dann zuhause von der Ehefrau kopfschüttelnd angeschaut wird, darf sich jetzt zurücklehnen. Er ist nämlich nicht irgendwie überreizt und hat auch kein nervliches Problem. Denn das ist jetzt amtlich: Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann kann den grünen Oberideologen Anton Hofreiter ebenfalls nicht ertragen.

Das hört – und sieht – man im Gespräch zwischen Kretschmann und dem grünen Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel auf dem Bundesparteitag der Grünen am vergangenen Wochenende. Ein Reporter der Internet-Plattform Jouwatch.com, der offenbar an der Tischreihe direkt vor den beiden saß, hat es aufgenommen. Am 21. Juni hat er das schöne Drei-Minuten-Video über youtube ins Netz gestellt. Bis zum 23. Juni um 13 Uhr waren dort schon 130.552 Klicks verzeichnet.

Wo sollen fünf Millionen Elektroautos tanken?

Hofreiter spricht gerade über die „unverantwortliche Bundesregierung“, über „unsere Autoindustrie“ und dann, natürlich, über den kalifornischen Elektroautohersteller Tesla. Kretschmann hält es nicht mehr aus: „Kommt der Hofreiter immer mit seiner tollen Story vom Tesla.“

Dann stellt der Ministerpräsident aus dem Daimler-Benz-Bundesland genau die ganz normalen Fragen, die sich auch die allermeisten Bürger beim Thema Elektromobilität immer stellen – auf die sie aber nie vernünftige Antworten kriegen, nicht von der Politik und nicht von der Industrie. Schon gar nicht von den Grünen. „Jetzt überleg Dir mal, es fahren fünf Millionen Elektroautos rum. Wo tanken die?“

In der Tat. An einer ganz normalen Tankstelle ist vielleicht Platz für zehn Autos, die da auf einmal tanken können, erklärt Kretschmann dem Parteikollegen aus Berlin, eigentlich auch ein Realo, so wie der Ministerpräsident. Kretschmann: „Jetzt dauert das bei denen aber 20 Minuten. Wie soll das funktionieren? Ihr habt doch keine Ahnung!“

Das sind doch Schwachsinns-Termine!

Grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Kretschmann wird laut, schüttelt heftig den Kopf. Die Festlegung der Grünen, die Zulassung benzin- und dieselgetriebener Fahrzeuge auslaufen zu lassen, hat er noch mitgetragen. Aber auf dem Parteitag haben seine Grünen auch noch einen festen Termin dafür ins Zehnpunkte-Wahlprogramm geschrieben: das Jahr 2030.

Gegen die Sprücheklopfer

Kretschmann: „Das sind doch Schwachsinns-Termine.“ Wenn ihn jemand frage, wie das denn durchführbar sein solle, könne er nicht einmal ansatzweise etwas dazu sagen. „Wie kann man denn so ein Zeug verzapfen?“ Kretschmann fasst sich an den Kopf, redet sich in Rage, gestikuliert immer heftiger mit Händen und Armen unter Einsatz des ganzen Oberkörpers. „Wir müssen uns doch darum kümmern, dass es überhaupt funktioniert und nicht radikale Sprüche ablassen.“

Ist ok. Könnt Ihr so beschließen. Seid mit acht Prozent zufrieden, jammert nicht rum und lasst mich in Ruhe!

Winfried Kretschmann

Und dann wird Kretschmann wirklich zornig: „Ihr könnt das machen. Macht es! Es ist mir egal. Dann seid aber mit sechs Prozent oder acht einfach zufrieden.“ Das gleiche habe er beim gleichen Thema auch dem grünen Parteirat schon gesagt: „Ist ok. Könnt Ihr so beschließen. Seid mit acht Prozent zufrieden, jammert nicht rum und lasst mich in Ruhe!“ Dann mit hinschmeißender Handbewegung: „Und macht Euren Wahlkampf selber.“ Bundestagsfraktion und Parteitagsvolk hätten „immer nur irgendwas im Kopf, ohne dass man den Gesamtprozess sieht“. Kretschmanns Handbewegung vor dem Gesicht lässt ahnen, dass es da um ziemlich verwirrte grüne Köpfe gehen muss. Kretschmann: „Könnt Ihr auch machen. Aber ich als Ministerpräsident mach das nicht.“

Entlarvt: Grüner Populismus

Kein Wunder: Der grüne Ministerpräsident hat Verantwortung für ein großes, erfolgreiches Bundesland und knapp elf Millionen Baden-Württemberger. Die grüne Bundestagsfraktion ist von jeglicher Verantwortung weit entfernt. Wenn die grünen Bundestagsabgeordneten, um mit Kretschmann zu reden, in ihrem Jute-Turm den größten Schwachsinn „verzapfen“, bleibt das folgenlos. In solchen Situationen haben dann die eher schlichten Parteigemüter und die Radikalen Aufwind.

Wir bedienen unser eigenes Klientel und versuchen, das zu vergrößern.

Matthias Gastel

Fast zu schön um wahr zu sein – aber eben absolut wahr – ist dann der Schluss des aufschlussreichen Kretschmann-Monologs. Gesprächspartner Gastel macht den Versuch, den Ministerpräsidenten zu beruhigen. Und wird dabei erfrischend ehrlich: „Winfried, die unterschiedlichen Rollen sind mir völlig klar.“ Gastel schaut jetzt direkt in die Smartphone-Linse: „Wir als Fraktion im Bundestag bedienen unser eigenes Klientel und versuchen, das zu vergrößern.“ Das hört sich an wie eine Eidesformel.

Genau so kennt man die Grünen und ihre Wähler seit vielen Jahren. Sie reden nur für die Mikrofone und für ihre radikalisierbare Basis. Fast egal was. Mit der Wirklichkeit hat es jedenfalls nichts zu tun. Soll es auch nicht. Politik für den größten Wirtschaftsstandort in Europa kann das nicht sein. Und das soll es auch nicht. Aber es gibt ein Wort dafür: Populismus. Grüner Populismus.