Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen steht im Kreuzfeuer der Kritik. (Foto: dpa/Michael Kappeler)
Bundeswehr

Laute Kritik an von der Leyen

Führende CSU-Politiker haben ihren Unmut über die Bundesverteidigungsministerin geäußert. Sie werfen Ursula von der Leyen vor, mit ihrer pauschalen Verurteilung der Wehrmacht ein "totales Unwerturteil" über die Soldaten zu fällen.

In der Debatte über Rechtsextremisten in der Bundeswehr wehren sich CSU-Politiker dagegen, jedes Andenken an die Wehrmacht und ihre Soldaten in Bausch und Bogen zu verurteilen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) fälle mit dem Satz, die Wehrmacht dürfe in keiner Form traditionsstiftend für die Bundeswehr sein, „ein totales Unwerturteil“ über deren Soldaten, schreibt der Justiziar der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl, in einem Gastbeitrag für den Münchner Merkur. Politischer Missbrauch der Wehrmacht durch die Nationalsozialisten dürfe nicht zu einer „Pauschalverurteilung“ führen. „Dies fordert die Achtung gegenüber unseren Vätern und Großvätern.“

Defferenzierte Bewertung gefordert

Uhl sagte, die Bewertung von der Leyens stehe in einem bemerkenswerten Widerspruch zu abgewogeneren Äußerungen von deutscher und ausländischer Seite. Politiker von Frankreichs Ex-Präsident Mitterrand bis zum ehemaligen US-Präsidenten Eisenhower hätten die Wehrmacht differenzierter beurteilt.

Eine pauschale Verurteilung ihrer Väter empfinden viele Deutsche als ungerecht.

Johannes Singhammer

Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) sagte dem Münchner Merkur, Millionen Deutsche bewahrten Fotos ihrer Väter in Wehrmachtsuniform auf. Diese seien „unter der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten eingezogen“ worden. „Eine pauschale Verurteilung ihrer Väter empfinden viele Deutsche als ungerecht.“

Neue Namen für Kasernen

Zuvor hatte sich bereits der außen- und sicherheitspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Florian Hahn, gegen verallgemeinernde Urteile gewandt: „Wir dürfen unsere Soldatinnen und Soldaten wegen einzelner, nicht zu duldender Vorkommnisse, nicht pauschal kritisieren und unter Generalverdacht stellen.“

Als Zeichen für einen neuen Umgang der Bundeswehr mit ihrer Tradition will die Verteidigungsministerin auch Kasernen mit den Namen von Wehrmachtsoffizieren umbenennen. Die Truppe müsse nach innen und außen klar signalisieren, dass sie nicht in der Tradition der Wehrmacht stehe. Im Zuge der Affäre des unter Terrorverdacht stehenden rechtsextremen Oberleutnants Franco A. lässt von der Leyen Kasernen auch nach Andenken an die Wehrmacht durchsuchen.

Allerdings waren auch die Widerständler des 20. Juli 1944 in ihrer Mehrzahl Wehrmachtsoffiziere, darunter Oberst Claus Schenk Graf zu Stauffenberg, Generalmajor Henning von Tresckow, General Friedrich Olbricht, Generalmajor Hans Oster, Oberst Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim, Generaloberst Ludwig Beck, Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben, General Carl-Heinrich Rudolf Wilhelm von Stülpnagel, Oberst Georg Freiherr von Boeselager und dessen Bruder Philipp, General Erich Fellgiebel, Fabian von Schlabrendorff, Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg sowie die heute umstrittenen Admiral Wilhelm Canaris und Generaloberst Erich Hoepner. Auch ihre Namen zieren zum Teil heute Kasernen, Straßen oder sogar Schulen. Ob von der Leyen auch die Verbindung zu diesen Offizieren kappen will, ist nicht bekannt.

Kein Platz mehr Helmut Schmidt

In diesem Zusammenhang ließ die Bundeswehr-Universität auch ein Bild des 2015 gestorbenen Altkanzlers Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform aus dem Flur eines Studentenwohnheims entfernen. Das rügte der ehemalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD). „Das ist billig. Mehr noch, es ist empörend“, schreibt Scharping in einem Gastbeitrag für die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Hexenverbrennung hätte man das früher wohl genannt.“ Er sprach von einer „bilderstürmerischen Aktion“.

Schon nach der letzten Äußerung von der Leyens Anfang Mai über den „falsch verstandenen Korpsgeist“ und das „Führungs- und Haltungsproblem“ der Bundeswehr hatte Johannes Hintersberger, der Vorsitzende des Arbeitskreises Wehrpolitik der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, die Ministerin gemahnt: „Das, was unsere Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr für die gesamte Gesellschaft leisten, verdient unsere Wertschätzung – und keine Pauschalkritik. Sie verteidigen, vielfach unter Einsatz ihres Lebens, unser aller Sicherheit und Freiheit gegen Krieg und Terror – ob in Afghanistan, Mali oder im Nahen und Mittleren Osten.“ Hintersberger, selbst Oberstleutnant der Reserve, betonte: „Ich habe mich erst vor kurzem bei einem Besuch der im Rahmen einer NATO-Mission in Litauen stationierten deutschen Soldaten überzeugen können: Der Zusammenhalt dieser Truppe, ihr Team- und Kameradschaftsgeist, aber auch die Verbundenheit mit unserem Land und seinen demokratischen rechtsstaatlichen Werten sind beispielhaft.“ Und weiter: „Umso unangebrachter ist hier Pauschalkritik. Negative Einzelfälle sind selbstverständlich schonungslos aufzuklären, sind aber auch bei aller Kritikwürdigkeit als Einzelfälle zu betrachten.“

(mit Material von dpa)