Die Bundeswehr braucht die bestmögliche Ausstattung, um auf die veränderte weltpolitische Lage reagieren zu können. (Foto: Picture Alliance/Mindaugas Kulbis) |
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Der Preis der Sicherheit

Gastbeitrag Aus dem BAYERNKURIER-Magazin: Angesichts der weltpolitischen Veränderungen müssen wir mehr Geld für die Bundeswehr ausgeben. Aber auch Auslands-Polizeieinsätze, Entwicklungszusammenarbeit und Krisenprävention sollten bei der Betrachtung des Etats berücksichtigt werden, meint der CSU-Verteidigungspolitiker Florian Hahn.

Vereint und von Freunden umzingelt – so lässt sich die Stimmung in der Zeit nach dem Zerfall der Sowjetunion zusammenfassen. Die territoriale Integrität Deutschlands stand nicht mehr zur Disposition und Europa war auf dem Weg, noch enger zusammenzuwachsen. Mehr noch: Die Idee der „Soft Power“ hatte Hochkonjunktur und man war überzeugt, dass man außerhalb Europas einen Gürtel von gut regierten Partnerländern fördern kann.

Die Zeichen stehen auf Konfrontation

Die Euphorie dieser Zeitenwende ist längst vorbei. Wie eine kalte Dusche wirkten die Ereignisse der Jahre 2014 bis 2016, die unser sicherheitspolitisches Umfeld umwälzten. Die lang garantierte Pax Americana ist ins Wanken geraten und die europäische Integration stockt. Daneben hat sich aber vor allem eine Tatsache verändert: Eine militärische Konfrontation an der direkten Peripherie Europas ist nicht mehr unwahrscheinlich. Seit der Annexion der Krim steht beispielsweise der Ostseeraum im Zeichen der Konfrontation. Hier provoziert Russland durch bewusste Verletzungen von Hoheitsgewässern und nationalen Lufträumen. Hinzu kommen unangemeldete Großübungen mit zum Teil über 100.000 Soldaten in direkter Grenznähe. Die Anrainerstaaten sind zu Recht besorgt. Auch das Eingreifen Moskaus in den Syrienkonflikt war ein bewusster Schritt, um die Machtstrukturen wieder neu zu definieren: Der Kreml hat sich mit deutlichen Zeichen von der europäischen Sicherheitsarchitektur verabschiedet.

Wir müssen daher über weitere Investitionen reden – aber noch wichtiger: Wir müssen darüber reden, wofür wir das Geld ausgeben.

Florian Hahn

Zerfleddert und neu herausgefordert – so könnte man die Stimmung heute beschreiben. Ein sicherheitspolitisches Umdenken fand statt. International haben wir mit den Beschlüssen der NATO-Gipfeln von Wales und Warschau reagiert. National haben die Steigerung der Wehretats und die Trendwende in Personal und Material eine neue Ära eingeleitet. Trotzdem steht ein Thema im Raum: Mit den aktuell rund 1,2 Prozent Verteidigungsausgaben erscheint das NATO-Ziel, 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigungszwecke auszugeben, in weiter Ferne. Wir müssen daher über weitere Investitionen reden – aber noch wichtiger: Wir müssen darüber reden, wofür wir das Geld ausgeben. Welche Investitionen sind notwendig, um die Bundeswehr für die Zukunft zu rüsten und unserer Truppe den bestmöglichsten Schutz zu garantieren?

Ruf nach starkem Partner

Auch sind es gerade unsere östlichen Nachbarn, die angesichts russischer Bedrohungen und ungewisser transatlantischer Beziehungen nach einem starken Deutschland an ihrer Seite rufen. Die Angst vor dem russischen Erstarken ist weder abstrakt noch übertrieben – sie lässt sich an konkreten Zahlen messen. So hat Russland die letzten Jahre genutzt, seine Luftwaffe und Luftverteidigungssysteme enorm zu modernisieren. Heute kann es Gegnern den Zugriff auf wichtige Lufträume verweigern. Bauchschmerzen bereitet, dass gleichzeitig westliche Verteidigungsfähigkeit deutlich nachgelassen hat. Ein zentraler Fokus zukünftiger Investitionen muss deshalb auf einer starken eigenen Luftstreitkraft liegen. Angesichts der veränderten Bedrohungslage ist es angemessen, dass wir die Scheuklappen ablegen und beispielsweise die Anschaffung weiterer Eurofighter überdenken.

Lastenteilung erstreckt sich schließlich nicht aufs Militärische. Sicherheit und Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden.

Florian Hahn

Unsere gewachsene Verantwortung spiegelt sich in einer modernen, nach vorne gerichteten Armee wieder. Das heißt in erster Linie: Ausbau der Fähigkeiten und Sicherung der aktuellen Einsatzbereitschaft. Mit Besenstiel ins Manöver – solche Meldungen müssen der Vergangenheit angehören. Insgesamt brauchen wir eine hoch motivierte, hoch qualifizierte Truppe.

Die Rechnung muss stimmen

Qualität und Effektivität sind daher maßgebend, um die Bundeswehr in einer veränderten weltpolitischen Lage bestmöglich aufzustellen. Ist dann ein 2-Prozent-Ziel richtig, das sich ausschließlich an monetären Gesichtspunkten orientiert und sich von Land zu Land unterschiedlich zusammensetzt? Wenn in Frankreich die Gendarmerie dazuzählt und Griechenland das niedrige Bruttoinlandsprodukt in die Karten spielt, dann stimmt die Rechnung nicht.

Oder auch anders gefragt: Brauchen wir nicht ein neu definiertes Ziel mit der Berücksichtigung eines umfassenden Sicherheitsbegriffs? Diese Frage, die unter anderem von Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz gestellt wurde, erscheint berechtigt. Lastenteilung erstreckt sich schließlich nicht aufs Militärische. Sicherheit und Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden. Gerade der Syrienkonflikt zeigt, wie wichtig es ist, dass Diplomatie und Entwicklungshilfe unseren militärischen Einsatz flankieren. Klar ist, dass wir versäumt haben, uns eine praktikable Alternative zum Zwei-Prozent-Ziel auszudenken. Aus diesem Grund bereichert der neue Ansatz, bei dem Auslands-Polizeieinsätze, Entwicklungszusammenarbeit und Krisenprävention auch zählen sollen, eine überfällige Diskussion – und doch dürfen wir uns nicht in kreativer Buchführung verlieren. Denn am Ende zählt eins: Die Kostenaufteilung in der NATO – 75 Prozent USA, 25 Prozent Europa – kann so nicht bleiben. Nur wenn wir mehr investieren, bekommen wir auch mehr zurück!

Florian Hahn ist Vorsitzender des Arbeitskreises Auswärtiges, Verteidigung, Angelegenheiten der EU, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe der CSU-Landesgruppe.