Grenzkontrolle an der Autobahngrenze Kufstein Kiefersfelden. (Bild: imago/Roland Mühlanger)
Flüchtlingspolitik

Bayerns Forderungen werden Gesetz

Spezielle Ankunftseinrichtungen, verstärkte Grenzkontrollen, schärfere Strafen für Schleuser - auf Bundesebene konnte die bayerische Regierung nicht nur im Asylpaket II dringende Regelungen durchsetzen, um Kommunen zu entlasten und die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren.

Die Änderungen in der Asylpolitik seit 2015 machen deutlich: Die Vorschläge, Initiativen und Forderungen aus Bayern haben viel bewegt. In der Bundesregierung ist jetzt unstrittig, dass sich das Flüchtlingsjahr 2015 nicht wiederholen darf und dass die Flüchtlingszahlen reduziert werden müssen.

Kontrollen, Ankunft und Registrierung

Nur durch Druck aus dem Freistaat wurden die Grenzkontrollen wieder eingeführt, die mindestens noch bis Mai 2017 erhalten bleiben. Dies resultierte zum einen aus der Tatsache, dass Österreich anfangs die Flüchtlinge einfach an die bayerischen Grenzen transportieren ließ, andererseits aus Sicherheitserwägungen und zur Verfolgung der Schleuser. Der Freistaat verlangt eine Verlängerung der Grenzkontrollen bis mindestens Jahresende, was die Bundesregierung auch bei der EU-Kommission durchsetzen will. Die Bundespolizei wird zudem bei der Kontrolle von der bayerischen Bereitschaftspolizei unterstützt. Flüchtlinge, die keinen Asylantrag in Deutschland stellen, werden unmittelbar an der Grenze zurückgewiesen – ebenfalls eine umgesetzte Forderung der Bayern.

Auf Drängen Bayerns errichtete der Bund Bearbeitungsstraßen zur raschen Registrierung in Grenznähe. Im Asylpaket II und Gesetz zur Verbesserung des Datenaustausches sind ebenfalls bayerische Forderungen verankert worden: Eine zentrale Datenbank und ein einheitlicher Ausweis für Asylbewerber, mit dem sie ihre Ankunft nachweisen können, sollen Mehrfachidentitäten vermeiden.

Durch den Ansturm auf Bayern als erstes erreichbares Bundesland bei der Flucht nach Deutschland war die Belastung im Freistaat außerordentlich hoch. Hier wurde sehr bald ein vorgelagerter Deutschlandausgleich geschaffen, das heißt, die Ankommenden wurden gleich weiter transportiert und in die anderen Bundesländer verteilt. Unerfüllt ist noch die Forderung der CSU nach Transitzentren außerhalb der EU, etwa in Nordafrika. Aber auch hier ist Bewegung erkennbar.

Die Erstaufnahme der Asylbewerber steuern

Seit 2015 können Asylbewerber dank bayerischer Initiative auch in Kasernen, die zu den Bundesliegenschaften zählen, untergebracht werden. Die Aufenthaltsdauer von Asylbewerbern in Erstaufnahmeeinrichtungen ist zudem von drei auf sechs Monate verlängert worden.

Bayerische Grenzkommunen waren in der Anfangszeit der Flüchtlingswelle als Ankunftsorte besonders durch die Versorgung von unbegleiteten Minderjährigen (UMF) belastet, weil ihre Jugendämter verpflichtet waren, diese zu betreuen. Erst sorgte der Freistaat für eine bayernweite, später für eine bundesweite Verteilung der Minderjährigen. Waren anfangs 29 Prozent aller UMF in Bayern, konnte das auf 15,5 Prozent gesenkt werden. Das hochkomplexe bundesweite Kostenerstattungsverfahren für die Kommunen bei dieser Betreuung wurde dank dem Freistaat abgeschafft. Außerdem flossen dafür zusätzlich 219 Millionen Euro in die Kassen der bayerischen Kommunen – eine Ausgleichszahlung der anderen Länder.

Das Asylverfahren beschleunigen

Um die Asylverfahren von Staatsangehörigen der Westbalkanstaaten – dazu gehören Albanien, Kosovo und Montenegro – zu beschleunigen, wurden diese Länder auf beständiges Drängen der bayerischen Staatsregierung zu sicheren Herkunftsländern im Sinne des Art. 16a Grundgesetz erklärt. Sogar Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann trug diese Maßnahme mit, obwohl ihn seine Parteifreunde dafür heftig kritisierten. Auch Algerien, Marokko und Tunesien sollen nach dem Willen der CSU in diese Liste mit aufgenommen werden. Eine Abstimmung im Bundesrat wurde im Juni vergangen Jahres aufgrund der Blockade einiger Länder mit Regierungsbeteiligung der Grünen abgesetzt. Eine Einigung ist bislang nicht in Sicht.

Ein weiterer Baustein, um Asylverfahren (und Rückführungen) zu beschleunigen, sind die Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen in Manching und Bamberg. Die Mitarbeiter kümmern sich in erster Linie um Asylverfahren für Asylbewerber aus den Westbalkanstaaten. In Bamberg entscheiden sie zudem über Anträge aus dem Senegal, Georgien und der Russischen Föderation. Seit Inbetriebnahme ist die Zahl der Asylbewerber aus dem Westbalkan entscheidend zurückgegangen und die beiden Einrichtungen inzwischen zum Vorbild für weitere „Besondere Aufnahmeeinrichtungen mit verschärfter Residenzpflicht“ in ganz Deutschland geworden.

Viele Monate hatte Bayern zudem gekämpft, bis endlich die Personalverstärkung und die Verfahrensbeschleunigung beim für Asylverfahren zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) umgesetzt wurde. Bayern hat zudem erreicht, dass die Verfahrenspraxis des BAMF für Syrer wieder auf Einzelfallprüfungen umgestellt wurde. Eine Zeitlang hatten alle Syrer pauschal Asyl erhalten, was dazu geführt hatte, dass sich viele Neuankömmlinge aus anderen Staaten als Syrer ausgaben. Inzwischen gewähren die Entscheider syrischen Flüchtlingen vorrangig nur noch subsidiären Schutz.

Anreize zur Flucht reduzieren

Um „Pullfaktoren“, also die Anreize, nach Deutschland zu kommen, zu reduzieren, dürfen Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten seit September 2015 nicht mehr beschäftigt werden. Das Verbot gilt während des Asylverfahrens und wenn der Asylantrag abgelehnt ist. Die Betreffenden müssen zudem bis zum Abschluss des Verfahrens in den Aufnahmeeinrichtungen bleiben. Bayern startete auch eine Initiative, um Leistungen für Asylbewerber kürzen zu können. Zusätzlich bekommen diese in der Erstaufnahme im Freistaat zunächst Sachleistungen statt Taschengeld.

Im Asylpaket II und Gesetz zur Verbesserung des Datenaustausches sind ebenfalls bayerische Forderungen verankert worden. Asylbewerber bekommen seitdem unter anderem weniger finanzielle Unterstützung und der Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige wurde zunächst bis 2018 ausgesetzt.

Jedes Bundesland kann selbst entscheiden, ob eine Gesundheitskarte für Asylbewerber eingeführt wird – auch dies hat die CSU durchgesetzt. In Bayern ist die humanitäre Versorgung auch ohne Karte sichergestellt. Diese wäre auch nur ein weiterer Pullfaktor.

Ursachen bekämpfen

Ein weiterer Punkt ist die stärkere Bekämpfung der Fluchtursachen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge selbst. Hier hat Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) entscheidende Weichenstellungen vorgenommen, darunter etwa einen „Marshallplan“ für Afrika. Die Entwicklungshilfe wurde deutlich aufgestockt.

Integration und deren Kosten

Im Bayerischen Integrationsgesetz wurden zwei wichtige Grundsätze verankert: Zum einen der Grundsatz des Förderns und Forderns, zum anderen die Anerkennung der deutschen Leitkultur und Werte. Es ermöglicht aber auch verstärkte Sicherheitsüberprüfungen in Asylbewerberunterkünften. Im Bundesintegrationsgesetz wurden wesentliche bayerische Anliegen übernommen, darunter der Fördern-und-Fordern-Grundsatz sowie die Anknüpfung der Aufenthaltsverfestigung von anerkannten Flüchtlingen und Asylberechtigten an Integrationserfolge. Unterbleiben diese, so wurden auch Sanktionsmöglichkeiten geschaffen. Die Möglichkeit der Wohnsitzzuweisung hat Bayern als erstes Bundesland umgesetzt, um die Großstädte zu entlasten. Die meisten Asylbewerber zieht es nämlich dorthin.

Bei den Kosten konnte sich der Freistaat ebenfalls durchsetzen: So unterstützt der Bund die Länder seit 2016 mit einer Pauschale von 670 Euro pro Asylbewerber und Monat. Damit beteiligt er sich strukturell an dem finanziellen Risiko abhängig davon, wie viele Asylbewerber kommen und wie lange ihre Asylverfahren dauern. Auch bei den Kosten für die Unterkunft steuert der Bund Geld dazu – was die Länder voraussichtlich in diesem Jahr um 900 Millionen Euro entlasten wird. Darüber hinaus zahlt der Bund bis 2018 eine Integrationskostenpauschale von insgesamt zwei Milliarden Euro jährlich. Davon entfallen auf Bayern circa 312 Millionen Euro.

Fordern und Fördern als Grundprinzip verankert.

Auf Drängen Bayerns hat der Bund inzwischen die Verteilung der in Deutschland ankommenden Asylbewerber und Flüchtlinge unter Berücksichtigung des Königsteiner Schlüssels übernommen. Das bedeutet, dass der Anteil der Kosten, den ein Land danach tragen muss, sich zu zwei Dritteln nach dem Steueraufkommen und zu einem Drittel nach der Bevölkerungszahl richtet.

Wohnungen und Unterkünfte

Beim Neubau von Wohnungen und bei der Ausweitung des Bestands an Sozialwohnungen bekommen Länder und Kommunen nun ebenfalls Unterstützung vom Bund. Er erfüllt damit bayerische Forderungen und wird Kommunen und kommunalen Gesellschaften über Konversionsliegenschaften hinaus auch weitere Immobilien und Liegenschaften verbilligt für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen.

Die Unterbringung von Asylbewerbern seit 2015 auch in Kasernen, spart nicht nur Mietzinsen, sondern auch Erschließungskosten für Länder und Kommunen. Abweichungen bei bauplanungsrechtlichen Standards sowie bestimmten Vorschriften zum Einsatz erneuerbarer Energien sind möglich, wenn es darum geht, Asylbewerber und Flüchtlinge unterzubringen.

Die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber

Auf Druck Bayerns wurden außerdem die Anstrengungen bei den Rückführungen (Abschiebungen) verstärkt. Mit Vertretern von sechs Westbalkanstaaten wurden Vereinbarungen über einen Pass-Ersatz getroffen, sogenannte „laissez-passer“-Papiere. Dadurch sollen Rückführungen vereinfacht und beschleunigt werden. Bayern fordert, solche Vereinbarungen auch mit afrikanischen Staaten auszuhandeln. Mit Afghanistan wurde ein Rückführungsabkommen geschlossen.

Schließlich wurde auch das bereits in Kraft getretene Gesetz zur erleichterten Ausweisung straffälliger Ausländer dank bayerischem Einsatz durchgesetzt.

Die Schleuser

Die Strafen für Schleuser sind verschärft worden. Künftig gilt für sie eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten.

(avd/AS)