Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer. (Bild: BK / A. Schuchardt)
CSU-Parteitag

Weichenstellung für die Volkspartei der Zukunft

Am zweiten Tag ihres Parteitages beschließt die CSU ein neues Grundsatzprogramm. Es soll Ordnung in einer Epoche der Veränderungen bieten. Für Parteichef Horst Seehofer ist es auch ein Signal der Einigkeit und Zukunftsfähigkeit.

Stand der erste Tag des CSU-Parteitags im Zeichen der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner, ging es am zweiten Tag um die Bestimmung der eigenen Position. Nach der klaren Kampfansage an ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis auf Bundesebene und dem Entschluss, die Ausbreitung des Politischen Islam in Deutschland zu verhindern, beschäftigte sich die CSU mit den Grundlagen ihrer Politik. Nach fast zwei Jahren intensiver Arbeit gab sich die Partei ein neues Grundsatzprogramm. Es ersetzt das bisher gültige Papier aus dem Jahr 2007. Die Delegierten nahmen das neue Grundsatzprogramm einstimmig an. Zuvor wurden in einer intensiven Diskussion noch letzte Anregungen und Änderungsanträge in das Programm eingearbeitet.

Seehofer: Neues Grundsatzprogramm ist „Sternstunde der CSU“

„Dies ist ein besonders glücklicher Tag im Leben eines Parteivorsitzenden“, kommentierte CSU-Chef Horst Seehofer diese Entscheidung. Das neue Programm und die Art und Weise wie es zustande gekommen sei, nannte Seehofer eine „Sternstunde der Partei“. Und er lobte besonders die Arbeit des Leiters der Grundsatzkommission, den Landtagsabgeordneten Markus Blume. Er habe jetzt nur ein Problem, so Seehofer. Er müsse überlegen, was „wir mit dir jetzt machen sollen“.

Leitplanken für ein „Zeitalter der Veränderungen“

Der so Gepriesene hatte zuvor die Bedeutung des neuen Strategiepapiers hervorgehoben. „Wir sind dabei, ein neues Zeitalter zu erleben, ein Zeitalter großer Veränderungen. Und diese Veränderungen treffen die Menschen“, sagte Blume. Die Bevölkerung mache sich angesichts dieser einschneidenden Veränderungen Sorgen und stelle sich viele Fragen: „Kann ich in Zukunft noch sicher Leben? Wird es meinen Job auch in den kommenden Jahren noch geben? Wird es unseren Kindern in Zukunft auch so gut gehen wie uns jetzt?“ Darauf, so Blume, verlangten die Menschen Antworten. Es sei entscheidend, wie diese Antworten ausfielen.

In einer Zeit der Unsicherheit setzt die CSU auf Bestimmtheit.

Markus Blume, Chef der CSU-Grundsatzkommission

Die einen, so Blume,  wollten die Zukunft verbieten. Blume erinnerte an Vorschläge der Grünen wie den „Veggie Day“ und ein Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor. Andere wollten die Zukunft mit den Rezepten der Vergangenheit bewältigen. Sie setzten weiter auf Umverteilung und neue Schulden. Wieder andere – Blume nannte dabei die AfD – machten den Menschen Angst vor der Zukunft. Die CSU dagegen, so Blume, wolle die Zukunft gestalten. „In einer Zeit der Unsicherheit setzt die CSU auf Bestimmtheit.“ Die Antwort der CSU auf die Veränderungen und die Verunsicherung der Menschen laute: Ordnung.

„Ordnung“ als zentraler Begriff

An drei Beispielen verdeutlichte Blume, wie die CSU den Begriff „Ordnung“, der dem neuen Grundsatzprogramm auch seinen Titel gibt, versteht:

1. Ordnung dient der Freiheit: In einer Zeit so tiefgreifender Veränderungen sei es umso notwendiger, klare Spielregeln für eine offene Gesellschaft zu setzen. Das Grundsatzprogramm, so Blume, liefere ein klares Bekenntnis zur offenen Gesellschaft und zur Meinungsfreiheit. Die notwendige Orientierung in einer offenen Gesellschaft liefere die Leitkultur. „Sie ist der Maßstab des gelingenden Zusammenlebens und schafft Identifikation und Zusammenhalt“, so der Grundsatzkommissionschef. „Unsere Leitkultur steht für das beste im Land“, sagte Blume. „Unsere Leitkultur steht dafür, dass Bayern bleibt und Deutschland Deutschland.“ Wer auf der Seite der Freiheit stehe, der müsse „ja“ sagen zur Leitkultur.

Chancengleichheit statt Umverteilung

2. Ordnung dient der Gerechtigkeit: „Gerechtigkeit bedeutet, dass es gleiche Chancen für alle gibt und nicht, dass das umverteilt wird, was andere erarbeitet haben“, stellte Blume klar. Zur Gerechtigkeit gehört für die CSU das klare Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft. Aber diese Marktwirtschaft, so Blume, werde herausgefordert durch Entwicklungen wie Globalisierung und Digitalisierung. Deshalb gehe es darum, neue Konzepte im Umgang mit diesen Trends und Veränderungen zu entwickeln. Zu einer fairen Wirtschaftsordnung gehöre es, allen die Teilhabe am Wohlstand zu ermöglichen. „Die Politik“, verlangte Blume, „muss dafür sorgen, dass jeder zum Globalisierungsgewinner werden kann, dass jeder zum Gewinner der Digitalisierung werden.“

Bürgerbeteiligung schafft Vertrauen

3. Ordnung dient er Sicherheit. Der Wunsch in Sicherheit und Frieden leben zu können, sei der Grund dafür, dass sich Menschen zu Gemeinschaften zusammenschlössen, erklärte Blume. Diese Sicherheit müsse der Staat bieten. Damit diese Erwartung erfüllt werden könne, brauche es einen starken Staat. Aber zu einem starken Staat, erläuterte Blume, gehörten nicht nur entsprechende Behörden und Sicherheitskräfte, sondern auch das Vertrauen seiner Bürger. Als ein Mittel, das Vertrauen in den Staat zu stärken, sieht die CSU die bessere Beteiligung der Bürger an Entscheidungen. Das neue Grundsatzprogramm enthält daher auch den Auftrag an die Partei, sich für Volksentscheide auf Bundesebene einzusetzen. Dass dieser Passus ins Programm aufgenommen wurde, entschied sich erst auf dem Parteitag. In einem Mitgliederentscheid hatte die CSU die Basis darüber abstimmen lassen. 68,8 Prozent er Mitglieder sprachen sich für dieses Ziel aus.

Seehofer: „Die CSU ist politische Heimat für alle“

Für Parteichef Horst Seehofer zeigt das neue Grundsatzprogramm, dass die CSU auch in Zukunft „eine Heimat für alle“ sei.  „Wir sind Heimat für Liberale, Konservative, Christen und Atheisten.“ Ganz besonders sei die CSU aber auch eine Heimat für Andersgläubige – unter einer Voraussetzung, die schon Franz Josef Strauß formuliert hatte: „Die CSU heißt auch Andersgläubige willkommen – wenn diese unsere Werte und Grundlagen respektieren.“

Damit, so stellte Bayerns Ministerpräsident klar, definiere sich die CSU erneut als Volkspartei, „und nicht als Klientelpartei“. Die CSU sei eine Partei der Mitte, „aber auch die politische Heimat des demokratischen Spektrums rechts von der Mitte.“ Dabei grenze sich die Partei klar von radikalen Denkweisen ab – „aber etwa nationalkonservativ denkende Menschen, die zu Europa stehen, aber die Nationalstaaten nicht aufgeben wollen, gehören zur CSU“, so der Parteichef.

Signal der Einigkeit

Vom Münchner Parteitag, betonte Seehofer, gehe die Botschaft einer „Volkspartei der Zukunft“ aus, die das christliche Menschenbild ins Zentrum ihres politischen Handelns stelle. „Das Signal lautet: Wir sind uns einig, und die CSU ist eine große politische Familie.“

In dieser Familie ist nach dem Willen des Parteitages auch weiterhin Platz für die Schwesterpartei CDU und deren Vorsitzende: Ein Antrag, Bundeskanzlerin Angela Merkel die Unterstützung zu entziehen, wurde mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

 

Thomas Röll / Dominik Sauter