Mitgliederbefragung zu bundesweiten Volksentscheiden
Die CSU will ihre rund 144.000 Mitglieder zur Einführung von bundesweiten Volksentscheiden befragen. Dies hat der Parteivorstand am Montag bei seiner Sitzung in München beschlossen. Bislang sind in Deutschland nur auf Länderebene Volksentscheidungen möglich.
CSU-Vorstand

Mitgliederbefragung zu bundesweiten Volksentscheiden

Die CSU will ihre rund 144.000 Mitglieder zur Einführung von bundesweiten Volksentscheiden befragen. Dies hat der Parteivorstand am Montag bei seiner Sitzung in München beschlossen. Bislang sind in Deutschland nur auf Länderebene Volksentscheidungen möglich.

„Ich bin dafür“, hatte CSU-Chef Horst Seehofer in den vergangenen Wochen regelmäßig erklärt, wenn er auf das Thema Volksentscheid angesprochen wurde. Jetzt hat der Parteivorstand beschlossen, die CSU-Mitglieder darüber entscheiden zu lassen. Per Mitgliederbefragung will die CSU in Bayern klären, ob sie sich künftig in der Bundesregierung für mehr direkte Demokratie einsetzen soll. Mit einem Ergebnis wird für Ende Oktober gerechnet, rechtzeitig zum CSU-Parteitag Anfang November. Bei der Mitgliederbefragung gehe es um das „Ob“ stellte Seehofer klar. Die Frage, wie derartige Volksentscheide organisiert und durchgeführt werden sollten, müsse anschließend geklärt werden.

Volksentscheide bringen Frieden

Die Bürger sollen regelmäßig die Gelegenheit bekommen, ihren Willen zu bekunden, erläuterte Seehofer sein Eintreten für Volksentscheide auf Bundesebene. Die direkte politische Beteiligung der Bürger über Volksbefragungen, Volksentscheide und Bürgerbegehren sei Kern seiner Politik. Er habe nie den Eindruck erweckt, die Bürger würden beim Regieren stören. Im Gegenteil: Mit Volksentscheiden seien teils langwierige Streitthemen durch die Kraft des Bürgervotums befriedet worden. Seehofer erinnerte an die Diskussion um das Rauchverbot in Bayern.

Man kann eine solche Grundfrage, Teilhabe der Bevölkerung an den politischen Prozessen, nicht davon abhängig machen, ob eine Wahl oder eine Umfrage gerade mal positiv oder negativ ausgeht.

CSU-Chef Horst Seehofer

Seehofer zeigte sich überzeugt, dass an mehr Bürgerbeteiligung kein Weg vorbei führe: „Mehrheiten sind in Zukunft überhaupt nur noch möglich, wenn man sich der Bevölkerung öffnet“, sagte er. Das bedeute nicht, dass die Politiker Verantwortung abschöben. „Wir entscheiden jeden Tag“, sagte Seehofer. Volksentscheide kämen voraussichtlich ein bis dreimal pro Legislaturperiode zustande.

Kein Entscheid über Flüchtlingspolitik

Zur Flüchtlingsfrage lehnt Seehofer in der aktuellen Lage einen Volksentscheid ab. Eine derartige Abstimmung würde  das Land weiter spalten und zusätzlich polarisieren, sagte Bayerns Ministerpräsident.

Sollte das Votum die Ansicht Seehofers stützen, und davon ist wohl auszugehen, soll der Punkt auch im neuen Grundsatzprogramm der Partei festgeschrieben werden. Auf dem CSU-Parteitag Anfang November in München soll dieses final beschlossen werden.

Scheuer präsentiert Modalitäten

Es ist das erste Mal, dass die CSU eine Befragung ihrer Mitglieder durchführt. Generalsekretär Andreas Scheuer präsentierte im Vorfeld der Vorstandssitzung bereits das Prozedere, mit dem die CSU ihre Mitglieder in ganz Bayern befragen will. Neben der eigentlichen Frage will die Partei auch gleich den entsprechenden Passus aus dem Europaplan mitschicken, in dem der Vorstand sein Konzept für bundesweite Volksentscheide darlegt.

Bayern hat mit seinen bisher 19 Volksentscheiden gute Erfahrungen gemacht.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer

Nach den Worten des Generalsekretärs ist der Vorstoß in Richtung mehr Bürgerbeteiligung ganz im Sinne des Parteivorsitzenden. „Es ist seit jeher Bestandteil der Politik Horst Seehofers, die Bürgerinnen und Bürger direkt zu beteiligen“, sagte Scheuer. Und auch Seehofer selbst betonte noch einmal, die Mitgliederbefragung innerhalb der CSU zu dieser Frage sei ein „guter Schritt, und wir reden hier über eine überschaubare Sachfrage“.

CDU ist gegen Volksentscheide

In der CDU sehen sie das bislang ganz anders. Bei der Schwesterpartei überwiegen erhebliche Vorbehalte gegen bundesweite Volksentscheide. Die CDU-Führung hält die gängige Regelung auf Ebene der Bundesländer für ausreichend. Schon während der Koalitionsverhandlungen 2013 hatte die CDU entsprechenden Überlegungen von CSU und SPD eine Absage erteilt. Anders als Seehofer sehen sich viele führende Christdemokraten in ihrem Nein auch vom Brexit-Votum bestätigt.