Hier, genau zwischen Tisch und Fahrradständer, hat sich der Terrorist Mohammad Daleel in die Luft gesprengt und dabei 15 Menschen verletzt. Es handelt sich um den Freibereich einer Gaststätte. Im Hintergrund der Durchgang zur Reitbahn der Ansbacher Residenz, wo Daleel zuvor der Zugang zu dem Popkonzert verwehrt wurde. (Foto: Wolfram Göll)
Anschläge

Verbindungen in den Nahen Osten

Sowohl der Axt-Angreifer von Würzburg als auch der Attentäter von Ansbach standen bis kurz vor ihren Taten in Kontakt zu anderen Personen. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie Anweisungen erhalten haben. Der Amokläufer von München war wohl nicht Teil rechtsextremer Netzwerke.

Nach dem Selbstmordanschlag von Ansbach und dem Axt-Angriff in Würzburg erhärten sich die Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund.

Beide Attentäter hatten nach Erkenntnissen der Ermittler bis kurz vor ihren Taten mögliche Anweisungen aus dem Nahen Osten erhalten. Unklar blieb allerdings am Donnerstag, wo genau sich die jeweilige Kontaktperson aufhielt und um wen es sich dabei handelte. Beide Taten hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich reklamiert.

In einem Regionalzug bei Würzburg hatte der 17-jährige Flüchtling am Montag vergangener Woche vier Menschen mit einer Axt und einem Messer attackiert. In Ansbach zündete ein 27 Jahre alter Syrer am Sonntagabend vor einem Konzertgelände eine Bombe. Er starb, 15 Menschen wurden verletzt.

Ansbach: Verhaltens-Tipps per Chat

Der mögliche Selbstmordattentäter von Ansbach hat von einem bislang unbekannten Hintermann via Chat konkrete Aufträge bekommen, was er tun und wie er sich verhalten solle, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Donnerstag in Gmund am Tegernsee. Der Chat-Partner, mit dem der Attentäter in Kontakt stand, hielt sich in der Region Nahost auf. Eine nähere Angabe machte der Innenminister auch auf Nachfrage nicht. „Wir haben den Chatverlauf auf seinem Handy gefunden, aber den Kontakt konnten wir noch nicht ermitteln“, so der CSU-Politiker.

„Der Gesprächspartner wusste genau, worum es geht“, sagte Herrmann. Er habe auch Kenntnis davon gehabt, dass der 27-Jährige Sprengstoff dabei hatte. Als dieser von Sicherheitsleuten in der Nähe des mutmaßlichen Anschlagsziels berichtet habe – einem Musikfestival -, habe der Unbekannte gesagt, der Syrer solle sich ein Schlupfloch in der Absperrung suchen oder einfach durchbrechen. Den genauen Wortlaut konnte Herrmann nicht mehr wiedergeben.

Zudem hat es im Vorfeld des Anschlags mehrere Kontakte des Täters über verschiedene Kommunikationswege ins Ausland und in Deutschland gegeben, offenbar zu mehreren Gesprächspartnern. Der islamistische Hintergrund sei kein voreilig geäußerter Verdacht, sondern beruhe auf den bisherigen Ermittlungsergebnissen, machte Herrmann nochmal klar.

Würzburg: Verschlüsselte Kommunikation

Der Würzburger Axt-Angreifer hatte ebenso bis unmittelbar vor der Tat Kontakte in den Nahen Osten. Bis wenige Minuten vor der Tat habe der Mann Kontakt mit einer unbekannten Person gehabt, erfuhr der Bayernkurier am Donnerstag aus Ermittlerkreisen. Eine genauere Angabe könne man aber nicht machen, weil die Kommunikation verschlüsselt stattfand. Aber auch in diesem Fall hielt sich der oder die Gesprächspartner im Nahen Osten auf.

Der Attentäter aus Ansbach war wegen Suizidversuchen in Behandlung. Seine Traumatherapie wurde jedoch monatelang unterbrochen. Im Januar 2016 sei sie zunächst beendet worden und habe erst vor wenigen Wochen fortgesetzt werden können, sagte die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) in Gmund.

Therapeut warnte vor „spektakulärem Selbstmord“

Ein von einer Flüchtlings-Hilfsorganisation beauftragter Therapeut hatte im Februar 2015 den 27 Jahre alten Selbstmordattentäter in einem Gutachten als suizidgefährdet eingestuft. Es sei ihm „durchaus zuzutrauen, dass er selbst seinen Selbstmord noch spektakulär in Szene setzt“, hieß es darin.

In der Diskussion um die Weitergabe ärztlicher Gutachten über Flüchtlinge an Sicherheitsbehörden äußerte der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, Vorbehalte. Er verstehe, dass nach dem Anschlag von Ansbach unter Sicherheitsaspekten darüber diskutiert werde. „Eine Empfehlung dazu würde ich aber nicht abgeben.“

München: Sympathien für einen Massenmörder

Der Amokläufer von München war nach Erkenntnissen der Ermittler nicht in rechtsextreme Netzwerke verstrickt. Darauf gebe es jedenfalls bislang keine Hinweise, sagte Bayerns Innenminister Herrmann bei der Kabinettsklausur in St. Quirin am Tegernsee. Klar sei, dass der 18-Jährige wohl Sympathien für den rechtsextremen norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik hatte. Und er habe offensichtlich Sympathien für rechtes Gedankengut gehabt. Auch habe er es als „besonders positives Schicksal“ gesehen, dass er am gleichen Tag wie Adolf Hitler Geburtstag hatte.

Weiterer Amoklauf verhindert?

In Baden-Württemberg nahm die Polizei einen 15-Jährigen fest, der mit dem Amokläufer von München in Kontakt gestanden haben soll. Es gebe einen Chatverlauf des 18-jährigen Täters mit dem 15-Jährigen, sagte ein LKA-Sprecher am Donnerstag. Das Bayerische Landeskriminalamt untersucht derzeit Chats der beiden. Zu den Inhalten würden vorerst keine Angaben gemacht. „Inhalte der Chats geben wir nicht bekannt“, sagte der Sprecher. „Wir werten das jetzt alles aus – und bewerten es.“

Der Kontakt des Jugendlichen zu dem Münchner Amokläufer war von einem Hinweisgeber in einem Forum für Spieler sogenannter Ego-Shooter entdeckt worden. Daraufhin hatte er die Polizei informiert. In der Wohnung des 15-Jährigen stellten die Beamten Zeitungsberichten zufolge Patronen, Messer, Dolche und größere Mengen an Chemikalien sowie Material und Anleitungen zum Herstellen von Sprengmitteln sicher.

(dpa/avd/TR)