NPD abschieben: Ob die Partei als verfassungsfeindlich verboten werden muss, entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Bild: Imago/epd-bild/Norbert Neetz
Bundesverfassungsgericht

Gericht debattiert über Strategie und Stärke der NPD

Am dritten Tag im Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD versuchte das Bundesverfassungsgericht die Frage zu beantworten, wie gefährlich die Partei tatsächlich ist und wie aggressiv sie gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung vorgeht. Mit einem Urteil der Bundesrichter ist erst in einigen Monaten zu rechnen.

Am letzten Tag  der mündlichen Verhandlung im NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht stand neben der rechtsextremen Agitation auch die Organisation der Partei im Zentrum.

Joachim Herrmann sieht NPD in der Tradition des Nationalsozialismus

Die Innenminister von Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, Joachim Herrmann (CSU) und Lorenz Caffier (CDU), berichteten in Karlsruhe von verfassungsfeindlichen Aktivitäten der NPD innerhalb und außerhalb der Parlamente. Herrmann sagte, die NPD stehe eindeutig in der Tradition des Nationalsozialismus. Ihre Ideologie der Volksgemeinschaft stehe im Gegensatz zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die NPD spiele auch ohne Wahlerfolge in Bayern eine führende Rolle in der rechtsextremistischen Szene. „Es geht um die geistige Brandstiftung, die von der NPD ausgeht.“ In der aktuellen Diskussion um Zuwanderung schüre die NPD Ängste in der Bevölkerung.

Die Gefährlichkeit der NPD mit rund 5200 Mitgliedern bemisst sich nach Überzeugung des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) nicht nur an ihrer Größe. Es gebe Regionen, in denen sie die Möglichkeit habe, ihrem Ruf als aggressiv-kämpferische Partei, die alles Fremde ablehnt, nachzukommen. Sie schüchtere Bürger ein und bedrohe sie. „Deswegen ist es nicht eine Frage der Größe der Mitgliedschaft, sondern es ist die Frage, was tut sie.“

Die Landtagspräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Sylvia Bretschneider (SPD), berichtete von ausländerfeindlichen und rassistischen Äußerungen der NPD-Landtagsabgeordneten. Nach Ansicht von NPD-Anwalt Peter Richter dürften Äußerungen von Abgeordnetem im Parlament aber nicht für das Verbotsverfahren verwertet werden.

Ex-Partei-Chef nennt NPD „Popanz“

Die NPD ist dagegen nach Darstellung ihres früheren Bundesvorsitzenden Holger Apfel ein „Popanz, der nicht ernst zu nehmen ist“. Ihre Schlagkraft sei in der Öffentlichkeit immer überschätzt worden, sagte Apfel in der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts zum NPD-Verbot. Die Partei inszeniere bewusst Tabubrüche, um eine größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen. Seine Versuche als Vorsitzender, die NPD zu modernisieren, seien zum Scheitern verurteilt gewesen, sagte Apfel. Teile der Partei befänden sich immer noch in der Gedankenwelt des Nationalsozialismus.

Bereits gestern ging es in dem Verfahren um Programm, Ziele und Vorgehensweise der NPD. Für den Bundesrat, der den Verbotsantrag gestellt hat, führte der Verfahrensbevollmächtigte Christoph Möllers etwa ins Feld, dass die NPD politische Gegner gezielt einschüchtere, indem sie vor deren Häusern aufmarschiere. Aber komme dort nicht einfach der Staat seinen Schutzpflichten nicht ausreichend nach?, hakte Richter Herbert Landau ein. Voßkuhle warf die Frage auf, ob man nicht manche Zumutungen ertragen müsse, „weil sie das Salz in der Suppe der Demokratie sind“.

Experten sind uneins

Das Gericht hörte und befragte am Nachmittag mehrere Experten, darunter Politikwissenschaftler. Ihre Ansichten über die Bedeutung und die Gefährlichkeit der NPD gingen dabei weit auseinander. Der Politologe Eckhard Jesse bezeichnete die NPD als einen politischen „Zwerg“. Jesse erklärte vor Gericht:  „Die NPD ist – auch wenn sie es nicht wahrhaben will – eine politisch bedeutungslose Partei und somit auch nicht gefährlich. Es geht von ihr keine konkrete Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung aus.“ Das sahen die drei übrigen geladenen Experten anders. Als gefährlich bewertete etwa der Totalitarismusforscher Steffen Kailitz die Partei. So sehe das Programm der NPD vor, alle, die nicht rein deutsch seien, außer Landes zu bringen: „Die NPD möchte sie vertreiben aus Deutschland. Sie nennt das ‚Ausländerrückführung‘. Diese Rückführung umfasst mehrere Millionen Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben sowie auch vier Millionen Menschen, die in Deutschland geboren sind.“

Hohe Hürden für ein Parteiverbot

Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. Am Mittwoch hatte das Gericht zunächst festgestellt, dass in der Frage der Beschaffung von Beweismaterial kein Verfahrenshindernis vorliegt. Ein erstes Verbotsverfahren war daran gescheitert, dass Teile des Beweismaterials von V-Leuten des Verfassungsschutzes in der Führungsebene der NPD stammten.

Für das Verbot einer Partei stellt das Grundgesetz hohe Anforderungen. In den 50er Jahren hatte das Gericht beim letzten Parteiverbot eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der demokratischen Ordnung als zentrales Kriterium formuliert. Nun müssen diese Maßstäbe für die heutige Zeit weiterentwickelt werden.

(Quelle: dpa)