Augsburgs größtes Spiel
Das Europa League-Spiel des FC Augsburg gegen den großen FC Liverpool und dessen deutschen Coach ist das größte Fußball-Spektakel, das die Fuggerstadt je gesehen hat. Die Region steht Kopf, diejenigen, die Tickets für das Match haben, werden allerorten beneidet. Für den Verein ist es der vorläufige Höhepunkt einer großartigen sportlichen Entwicklung, die Augsburg auf die Fußball-Landkarte setzte.
FCA gegen Liverpool

Augsburgs größtes Spiel

Das Europa League-Spiel des FC Augsburg gegen den großen FC Liverpool und dessen deutschen Coach ist das größte Fußball-Spektakel, das die Fuggerstadt je gesehen hat. Die Region steht Kopf, diejenigen, die Tickets für das Match haben, werden allerorten beneidet. Für den Verein ist es der vorläufige Höhepunkt einer großartigen sportlichen Entwicklung, die Augsburg auf die Fußball-Landkarte setzte.

Das hat es in Augsburg auch noch nicht gegeben: Am Dienstag warteten rund 80 Fans vor dem bekanntesten Hotel der Fuggerstadt – dem „Drei Mohren“ in der Maximilianstraße – auf die Ankunft des FC Liverpool. Jener traditionsreiche englische Fußballclub, der dank seines Duells den Glanz der großen Fußballwelt in die schwäbische Metropole bringt. Und dabei handelt es sich nicht – wie vor wenigen Jahren noch denkbar – um ein Freundschaftsspiel. Nein, der FCA begegnet dem FC Liverpool im Achtelfinale der UEFA Europa League sportlich auf Augenhöhe.

Ich habe in der Küche Bescheid gesagt, dass sie beim Abendessen Brezn dazulegen sollen, weil man das in England nicht kennt – aber man sollte es kennenlernen.

Jürgen Klopp, Trainer des FC Liverpool

Für den Verein und seine Fans – deren Zahl seit dem Bundesliga-Aufstieg 2011 enorm angestiegen ist – ist es das größte Ereignis in der Vereinsgeschichte. Größer noch als der langersehnte Bundesliga-Aufstieg, die Derby-Duelle gegen den FC Bayern in den letzten fünf Jahren oder die bei eingefleischten Anhängern legendären Aufstiegsspiele zur Zweiten Bundesliga in den Siebziger Jahren gegen den TSV 1860 München, bei dem im Münchner Olympiastadion bis zu 100.000 Zuschauer anwesend waren – obwohl nur etwas mehr als 68.000 erlaubt gewesen wären. Das Spiel in der heimischen WWK Arena hievt den FC Augsburg auf ein völlig neues Level.

Von wegen „keine Sau“. Der FCA wird in Europa bekannt

Nach der überraschenden Qualifikation zur Europa League in der vergangenen Saison hatten die Fuggerstädter sich und ihren Newcomer-Status auf internationalem Parkett noch mit dem Slogan „In Europa kennt uns keine Sau“ selbst auf die Schippe genommen. Diese Annahme dürfte sich mittlerweile geändert haben: Nach anfänglichen Schwierigkeiten überstand der FCA bei seiner ersten Europacup-Teilnahme die Gruppenphase und darf sich heute Abend auf das ersten von zwei Duellen mit einem der bekanntesten und traditionsreichsten Clubs der Welt freuen.

Identifikationssymbol der Region

Spätestens seit seiner Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb wird der FC Augsburg immer mehr zum Identifikationssymbol der Region. Augsburg, lange Jahre eigentlich eine Eishockey-Stadt, die mit den Panthern sogar einen einstigen deutschen Vizemeister, ist kein weißer Fleck mehr auf der internationalen Fußball-Karte. Und auch auf wirtschaftlicher Seite belebt der Club die Region. Beim FC Augsburg legt man Wert darauf, die Unternehmen aus dem Umfeld des Vereins mit einzubinden – vom Günzburger Gartenmaschinenhersteller AL-KO bis zum Friedberger Möbelhaus Segmüller ist der schwäbische Mittelstand beim FCA involviert. Ganz zu schweigen vom riesigen Fan-Potential, dass zwischen Augsburg, Nördlingen, Memmingen und Kempten schlummert – und für das der FCA eine identitätsstiftende Funktion in Bayerisch-Schwaben geworden ist.

Kloppomanie

Als hätte das Match gegen Liverpool noch nicht genug Anreize für die Fans, kommt der Verein aus Nordengland auch noch mit einem der besten Trainer der Welt – der auch noch Deutscher ist. Seit wenigen Monaten ist Jürgen Klopp Trainer an der Merseyside, seine Ergebnisbilanz ist in Ordnung, aber nicht berauschend. Die Fans des FC Liverpool liegen ihm dennoch schon jetzt zu Füßen. Seine leidenschaftliche und emotionale Art kommt bei Verantwortlichen, Fans und Medien auf der Insel sehr gut an. Wer in Liverpool etwas auf sich hält, besitzt einen Fan-Schal mit dem Konterfei des Fußballlehrers. Klopp zählt schon zu den begehrtesten Trainern Europas.

Meine Cousine wohnt hier, und sie erzählt immer, wie schön es ist. Deshalb kann es nicht so schlecht sein. Ich bin selber aus dem Süden der Republik, habe 19 Jahre meines Lebens im Schwarzwald verbracht und mag die Lebensart hier – ohne, dass ich jedes Haus in Augsburg gesehen hätte.

Jürgen Klopp, Trainer des FC Liverpool

Eine Bezeichnung, die auf Augsburgs Markus Weinzierl noch nicht zutrifft. Begehrlichkeiten bei Bundesliga-Clubs, die wesentlich größer und finanzstärker sind als der FCA, weckt Weinzierl aber schon jetzt. Bislang hält der den Augsburgern die Treue – und schlug unter anderem ein lukratives Angebot des FC Schalke 04 aus. Wieso sollte er auch wechseln? Mit dem FCA feiert er große Erfolge, und die Fuggerstadt hat viel zu bieten. Das sieht auch Jürgen Klopp so: Die Straße, in der das Mannschaftshotel liegt, sei „sehr sehr schön“, betonte der Star-Coach bei der Pressekonferenz. Noch dazu lebe seine Cousine in Augsburg, daher fühle er sich der Region ohnehin verbunden.

Fans zahlen Höchstpreise für Karten

Karten für das Hinspiel waren schon Wochen vor dem Match das größte Objekt der Begierde in der Region, ebenso taten sich viele Fans zusammen und organisierten Flüge und Hotels in England, um ihren Club vor Ort zu unterstützen – und womöglich eine Überraschung live mitzuerleben. Dabei scheinen die sonst als knausrig verschrienen Schwaben sogar bereit, tief in die Tasche zu greifen: Auf eBay muss man für zwei Tickets weit über 400 Euro hinblättern.

Er konnte ein bisschen besser kicken, aber besonders gut war es auch nicht.

Jürgen Klopp, über seinen Augsburger Kollegen Markus Weinzierl und ihre gemeinsame aktive Fußballerkarriere

All das zeigt: Für den FC Augsburg sind die Duelle mit dem „großen“ FC Liverpool mehr als nur zwei weitere Fußballspiele in einer Saison. Vielmehr sind sie der Höhepunkt der Vereinsgeschichte, ein Meilenstein für den Fußball in der Region, und – sofern man die gute Arbeit im Verein weiterführt – nur ein erster Vorgeschmack auf das, was in Augsburg noch alles möglich sein könnte. Jetzt zählt es für das Team von Markus Weinzierl: Mit einer couragierten Leistung könnte man den großen Wunsch der Fans vielleicht erfüllen – und „den Klopp verkloppen“.

Ein paar Kollegen haben mich gefragt, wo Augsburg liegt, und ich habe gesagt: in der Nähe von München.

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