Das Bild entspricht jedem noch so abgegriffenen Klischee: Ein schwarzer Mann mit dicken Lippen und übergroßen Ohrringen hält einen Hammer in der Hand. Daneben steht in großen Lettern: „Thomas Neger, Metallsysteme und -bedachungen“. So sieht es aus, das Firmenlogo des Familienbetriebs der Mainzer Familie Neger. In zweiter Generation betreibt Thomas Neger das Geschäft, gegründet hat es vor Jahrzehnten sein Großvater Ernst Neger – beide sind in Mainz kleine Berühmtheiten: Sie sind oder waren bei der Mainzer Fastnacht aktiv und mit ihren Auftritten immer wieder im Fernsehen zu sehen.
Schon seit einigen Jahren aber wird in Mainz nicht mehr nur über die Fastnachtsaktivitäten der Negers berichtet – vielmehr wird das Firmenlogo des Familienbetriebs immer mehr zur Grundlage heftiger Debatten. Der jüngste Vorstoß kommt jetzt von der Fachschaft „Ethnologie und Afrikastudien“ der Universität Mainz: Die Studenten dort bezeichneten das Firmenlogo in einem offenen Brief als „problematisch“, da es dem „kolonialistisch geprägten Image afrikanischer Menschen“ zuträglich sei. Daher forderte die Fachschaft Thomas Neger auf, sein Firmenlogo zu ändern. Zusätzlich startete eine Bürgerinitiative eine Flugblatt-Aktion mit dem Konterfei des Firmenchefs, bei der Thomas Neger selbst als Rassist bezeichnet wurde und dazu aufgerufen wird, das Logo zu verändern. Das war zuviel für Neger: Er erstattete Anzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung und Beleidigung. Das brachte die Debatte erst so richtig ins Rollen.
Rassismus oder Tradition?
Denn seither streiten sich die Kritiker des Logos mit den Befürwortern auch ganz öffentlich, die Diskussion wird mittlerweile bundesweit geführt, und sogar die US-amerikanische Washington Post berichtete über die Negers aus Mainz. Die einen sprechen von Rassismus, die anderen von Tradition. Immerhin existiert das Logo schon seit über 70 Jahren.
Dennoch: Das Logo müsse weg, befinden mehrere Gruppierungen. Matthias Krings etwa, Professor für Ethnologie an der Universität Mainz, unterstützt den Vorstoß seiner Studenten. Das Logo setze den Nachnamen Neger in eine „rassistische Ikonografie“, sagte Krings im Interview mit der Welt. Er vergleicht den „latenten Rassismus“ des Firmenlogos mit „latentem Sexismus“, der in unserer Gesellschaft ebenfalls stets unterschwellig vorhanden sei. „Eine Werbung mit barbusiger Frau hier, ein Bildchen eines Mädchens im knappen Bikini da. Solche Darstellungen wirken als Katalysator sexistischer Anschauungen“, stellt Krings fest. Das Logo der Firma Neger verfestige daher rassistische Vorurteile.
Thomas Neger selbst allerdings scheint gar nicht daran zu denken, das Firmenlogo zu verändern. Die Forderung alleine nennt er „totalen Quatsch“, und auch die Heftigkeit, mit der die Auseinandersetzung jetzt geführt wird, macht ihn wütend. Die Diskussion habe jegliches Maß verloren, teilte Neger der Presse mit. Er sei von vielen Seiten angefeindet worden, besonders im Internet. Er wünsche sich, „dass die Diskussion wieder in der Sachlichkeit geführt wird, die ihr gebührt“. In der Sache aber bleibt Thomas Neger hart: „Das Logo gibt es seit Jahrzehnten. Unserer Auffassung nach ist es nicht rassistisch.“
Verhärtete Fronten
Überhaupt versteht der Firmenchef nicht, woher die plötzliche Aufregung über das Logo überhaupt komme. Der Bild-Zeitung sagte er: „Bisher hat sich nie jemand an unserem Firmenlogo gestört. Und jetzt kommen ein paar Studenten und wollen der Welt erklären, was Rassismus ist – und was nicht.“ Im Internet formiert sich auch Unterstützung für den Fastnachtssänger. Dort findet man Stimmen, die von „Überempfindlichkeit“ und „völlig falsch verstandener Political Correctness“ sprechen.
Die Fronten sind jedenfalls verhärtet, eine Lösung des Konflikts ist zur Zeit nicht in Sicht. Dabei ist die Geschichte nur ein weiteres Kapitel in der Debatte darüber, wo in Deutschland der Begriff „Rassismus“ aufhört – und wo er beginnt. So löste vor wenigen Monaten die Diskussion, ob in Otfried Preußlers Kinderbuch „Die kleine Hexe“ das Wort „Negerlein“ stehen dürfe oder nicht, großes Medienecho aus. Unvergessen ist auch die Dauerdebatte um das Wort „Zigeunerschnitzel“. Beide Seiten tragen ihre Argumente leidenschaftlich vor: Für die einen ist es Alltagsrassismus, für die anderen Tradition, die die eigentliche Bedeutung manchen Wortes schon längst überwunden hat.
Ob es zu einer Klage gegen das Firmenlogo der Negers kommt, und ob Thomas Neger dann verpflichtet wäre, vor Gericht für sein Emblem zu streiten, ist noch nicht abzusehen – ausschließen aber kann man es nicht. In jedem Fall ist der Imageschaden, den Thomas Neger als Person und sein Unternehmen hinnehmen müssen, schon jetzt beträchtlich. In den Unterstützergruppen im Internet gibt es auch Stimmen, die Thomas Neger raten, das Logo freiwillig zu ändern – nach dem Motto: „Der Klügere gibt nach.“ Doch dazu scheint Thomas Neger nicht bereit zu sein. Für ihn ist das Logo Familientradition, und kein Rassismus – immerhin habe er nie beabsichtigt, jemanden mit dem Firmenlogo zu beleidigen oder herabzuwürdigen. Ein Politikum ist sein Unternehmensemblem jetzt dennoch – und eine Lösung der Situation ist nicht in Sicht.