60 Jahre nach Walter Hallstein wird mit Ursula von der Leyen wieder eine Deutsche EU-Kommissionspräsidentin. (Foto: imago Images/Xinhua/Zhang Cheng)
Europa

„Ein toller Erfolg für Deutschland“

CSU-Chef Markus Söder zeigt sich zufrieden mit der Wahl Ursula von der Leyens zur neuen EU-Kommissionspräsidentin. Scharfe Kritik übt er erneut an der SPD. Deren Verhalten im Europaparlament nennt Bayerns Ministerpräsident "peinlich".

CSU-Chef Markus Söder hat Ursula von der Leyens Wahl zur neuen EU-Kommissionspräsidentin als Erfolg für ganz Deutschland bezeichnet. „Gratulation an Ursula von der Leyen. Sie hat es auf den letzten Metern selbst herausgerissen mit einer sehr überzeugenden europäischen Rede“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Die Wahl sei sehr gut für Europa, „es ist ein toller Erfolg für Deutschland, was aber bleibt: es ist total blamabel für die deutsche SPD“.

Erfolg mit Beigeschmack

Trotz des Erfolges bleibe aber ein gewisser Beigeschmack, da die Mehrheit der deutschen Abgeordneten im Europaparlament gegen die deutsche Kandidatin gestimmt habe. „Wir müssen aus dem deutschen Denken heraus, aus diesen deutschen Baukästen heraus; wenn jemand von uns kandidiert, und zwar auch wirklich jemand, der Erfahrung hat, der die EU mitführen kann, dann sollte man sich auch hinter die eigenen Leute stellen. So haben andere es herausgerissen», sagte Söder.

Ich fand es eine christlich-soziale Rede mit Bewahrung der Schöpfung, sozialem Zusammenhalt, aber auch einer klaren Position zur Migration.

Markus Söder

Insbesondere die SPD kritisierte Söder erneut scharf für ihren Umgang mit von der Leyen auch schon vor der Wahl. Das Verhalten sei „peinlich, peinlich, peinlich“. „Das hat die Regierungsfähigkeit der SPD nicht erhöht.“

Knappe Mehrheit für von der Leyen

Der CDU-Politikerin von der Leyen traut Söder nach eigenen Worten zu, Europa in schwierigen Zeiten gestalten und bewegen zu können. Dies habe sie in ihrer Rede schon angedeutet: „Ich fand es eine christlich-soziale Rede mit Bewahrung der Schöpfung, sozialem Zusammenhalt, aber auch einer klaren Position zur Migration.“

In der Demokratie ist die Mehrheit die Mehrheit.

Ursula von der Leyen

Von der Leyen hatte bei der Abstimmung 383 Stimmen und damit nur äußerst knapp die nötige absolute Mehrheit der 747 Europaabgeordneten erhalten. Sie kann nun am 1. November die Nachfolge des Luxemburgers Jean-Claude Juncker antreten. Für Söder ist das Ergebnis nicht entscheidend: „Ob man ein Finale 1:0 gewinnt oder 3:0, gewonnen ist gewonnen.“

Lob von der Bundeskanzlerin

Von der Leyen bedankte sich in einer ersten Reaktion für das Vertrauen. „Ich fühle mich so geehrt“, sagte sie und bot dem Parlament eine enge Zusammenarbeit an. Zudem betonte sie angesichts des knappen Wahlergebnisses: „In der Demokratie ist die Mehrheit die Mehrheit.“ Es sei gelungen, eine pro-europäische Mehrheit zu formieren. Vor zwei Wochen, direkt nach ihrer Nominierung durch die Staats- und Regierungschefs, hätte sie vermutlich noch keine Mehrheit gehabt.

Der ganze Prozess war nicht das, was ich mir erhofft hatte.

Markus Ferber

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte von der Leyen als „überzeugte und überzeugende Europäerin“. „Sie wird nun mit großem Elan die Herausforderungen angehen, vor denen wir als Europäische Union stehen“, sagte Merkel. „Auch wenn ich heute eine langjährige Ministerin verliere, gewinne ich eine neue Partnerin in Brüssel.“

Ferber verlangt gute Zusammenarbeit

Der CSU-Europapolitiker Markus Ferber forderte von der Leyen auf, eng mit den Abgeordneten des Parlaments zusammen zu arbeiten. Ferber sagte, er sei zwar erleichtert gewesen, dass das Europaparlament durch die Wahl nicht in eine Zitterpartie gekommen sei. Denn so sei Europa handlungsfähig. Gleichzeitig kritisierte Ferber, dass von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin vorgeschlagen wurde, obwohl sie bei der Europawahl nicht als Spitzenkandidatin angetreten war. „Der ganze Prozess war nicht das, was ich mir erhofft hatte. Dieser Nachgeschmack bleibt natürlich, das kann man auch nicht wegdiskutieren.“

Gerade ich sage heute, wir müssen uns auf einander verlassen können, nur so kann Europa gelingen.

Manfred Weber

Mit Blick auf das knappe Wahlergebnis von der Leyens zeige sich, „dass sie die Herzen des Parlaments noch nicht gewonnen hat“. Jetzt komme es darauf an, dass von der Leyen nicht die Kandidatin des Rates bleibe, so Ferber weiter. „Ich kann sie nur auffordern, eng mit dem Parlament zusammenzuarbeiten und weniger eng mit dem Rat. Wenn sich herausstellt, dass sie dauerhaft die Kandidatin des Rates ist und auch so agiert, dann wird es im Parlament große Probleme geben.“

Webers Appell an das EU-Parlament

Vor der Abstimmung in Straßburg hatte EVP-Fraktionschef Manfred Weber an die anderen Fraktionen des Europaparlaments appelliert, für Ursula von der Leyen zu stimmen. Seine Fraktion habe die Wahl des italienischen Sozialdemokraten David-Maria Sassoli zum Parlamentspräsidenten unterstützt. Nun erwarte er, dass andere auch von der Leyen unterstützen, sagte Weber. „Gerade ich sage heute, wir müssen uns auf einander verlassen können, nur so kann Europa gelingen.“

(dpa/BK)