Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban fiel zuletzt mit europafeindlichen Äußerungen auf. (Foto: Imago/Xinhua)
Europa

EVP suspendiert Orbans Fidesz-Partei

Wegen zunehmend europafeindlicher Äußerungen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban setzt die Europäische Volkspartei die Mitgliedschaft seiner Fidesz-Partei aus. Führende CSU-Politiker zeigen sich zufrieden mit dieser Lösung.

Die Europäische Volkspartei (EVP) hat die Mitgliedschaft der rechtsnationalen ungarischen Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban vorerst auf Eis gelegt. Diese Entscheidung traf der EVP-Vorstand am Mittwochabend in Brüssel. 190 von 194 Delegierten stimmten für einen entsprechenden Vorschlag, nur drei dagegen.

Die Zukunft der Fidesz in der EVP hängt nun davon ab, ob Orban und dessen Mitstreiter das Vertrauen der anderen Parteien in dem EVP-Bündnis zurückgewinnen können. Ein Beobachter-Gremium mit dem ehemaligen EU-Ratschef Herman Van Rompuy an der Spitze soll das in den kommenden Monaten untersuchen und bewerten. Von dem Bericht des Belgiers wird abhängen, ob der Fidesz seine Mitgliedsrechte wieder vollständig aufnehmen kann – und wenn ja, wann. Für diese Lösung hatte sich auch Manfred Weber, Fraktionschef der EVP und Spitzenkandidat für die Europawahl, stark gemacht.

Ausschluss bleibt weiter möglich

Ein Ausschluss des ungarischen Fidesz aus der EVP bleibt für Weber dennoch weiter eine Option. Das „ist nicht vom Tisch, das ist auf dem Tisch“, sagte der CSU-Vizechef. Es werde viel Zeit nötig sein, um wieder Vertrauen zwischen der EVP und der Fidesz-Partei von Ungarns Regierungschef Viktor Orban aufzubauen, so Weber.

Die EVP ist eine Wertegemeinschaft. Und als solche ist sie heute auch aufgetreten.

Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender

Hintergrund der Debatte war die in jüngster Vergangenheit auch innerhalb der EVP immer lauter gewordene Kritik an Orbans Weg zu einer „illiberalen Demokratie“ sowie aktuell eine Plakatkampagne gegen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der ebenfalls der EVP angehört. In einer stundenlangen Sitzung befand nun fast die gesamte EVP-Spitze, dass Orban einlenken müsse.

Orban stimmt zu

Ungarns Ministerpräsident begrüßte letztendlich den Beschluss. „Die EVP hat eine gute Entscheidung getroffen, weil sie die Einheit bewahrt hat“, sagte er. Zugleich erklärte Orban, dass die Fidesz-Partei aus freien Stücken die Mitarbeit in allen EVP-Gremien ruhen lasse, solange ein von der EVP eingesetzter Weisenrat die Lage in Ungarn überprüfe.

Auf diese Formulierung hatte sich zuvor die EVP-Spitze geeinigt. Im ursprünglichen Entwurf hatte es noch geheißen, Fidesz werde ohne eigene Mitsprache suspendiert, aber freiwillig auf seine Stimmrechte verzichten und nicht an Parteiveranstaltungen teilnehmen.

Neben Van Rompuy sollen nun der frühere österreichische Kanzler Wolfgang Schüssel sowie der deutsche Ex-EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering die Entwicklung des Fidesz unter die Lupe nehmen. Sie sollen beispielsweise prüfen, ob der Fidesz den Rechtsstaat respektiere und die EVP-Werte vertrete.

Lob für Manfred Weber

Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder zeigte sich zufrieden mit der gefundenen Regelung. „Es ist gut, dass jetzt Klarheit herrscht“, erklärte Söder am Mittwochabend. Manfred Weber habe eine „gute Lösung“ erreicht. „Die EVP ist eine Wertegemeinschaft. Und als solche ist sie heute auch aufgetreten“, sagte Söder und mahnte: „Nun gilt es den Blick auf die bevorstehende Europawahl zu richten und sich mit ganzer Kraft auch anderen Themen in Europa zu widmen.“

CSU-Generalsekretär Markus Blume, der bei den Beratungen und der anschließenden Abstimmung in Brüssel mit dabei war, sagte, es sei ein „schweres Stück Arbeit“ gewesen. Der Kompromiss sei Webers Verdienst.

AKK betont Gemeinsamkeit mit der CSU

Auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer begrüßte die vorläufige Suspendierung der Fidesz-Partei. „Dieses Einfrieren der Mitgliedschaft gibt Fidesz die Chance, die nach wie vor bestehenden Zweifel, ob die Partei das Verständnis für die gemeinsamen Werte der EVP teilt und auf dieser Grundlage eine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist, vollkommen auszuräumen“, erklärte Kramp-Karrenbauer. Gleichzeitig werde sichergestellt, „dass Fidesz bis zu dieser Klärung auf den politischen Kurs der EVP keinen Einfluss nehmen kann“, erklärte die CDU-Chefin.

Die EVP habe in sehr offener und demokratischer Debatte einen gemeinsam tragbaren Kompromiss erarbeitet. Nun konzentriere man sich geschlossen auf die Europawahl am 26. Mai, um auch in der kommenden Legislaturperiode wieder die stärkste politische Kraft in Europa zu werden. „Ich bin außerdem sehr froh, dass es uns gemeinsam gelungen ist, zu jedem Zeitpunkt dieses Verfahrens in sehr enger Abstimmung zwischen der CDU und der CSU sowie dem gemeinsamen Spitzenkandidaten Manfred Weber zu bleiben“, betonte Kramp-Karrenbauer weiter. Gemeinsam gehe man jetzt auch den Wahlkampf an, beginnend mit der Vorstellung des ersten gemeinsamen Europawahlprogramms von CDU und CSU am kommenden Montag.

(dpa/BK)