Die bayerische Delegation um Markus Söder stellte in Brüssel einen Maibaum auf. (Foto: Picture Alliance/Sven Hoppe/dpa)
Europa

Bayern lehnt höhere EU-Beiträge ab

Ministerpräsident Markus Söder ist dagegen, dass Deutschland als größter Zahler noch mehr Geld nach Brüssel überweist. Zudem fordert Bayerns Kabinett, dass Kindergeldzahlungen für im Ausland lebende Kinder gekürzt werden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lehnt die von der EU-Kommission vorgeschlagene Erhöhung der deutschen Beiträge ab. „Es reicht nicht nur, dass Deutschland mehr zahlt und weniger bekommt. Wir wollen über einen besseren Verteilungsschlüssel reden“, sagte Söder am Mittwoch in Brüssel. „Deutschland ist bislang größter Zahler. Deswegen muss auch wieder etwas zurückkommen ins eigene Land. Wir können nicht im Alleingang den Ausfall der Briten finanzieren.“

EU-Kommission will 1,3 Billionen

Die EU-Kommission plant im nächsten Jahrzehnt mit deutlich höheren Ausgaben für Europa und fordert deshalb zusätzliche Milliarden aus Berlin – obwohl Europa wegen des Brexits schrumpft. Die Brüsseler Behörde legte am Mittwoch einen Haushaltsrahmen von knapp 1,3 Billionen Euro für die Jahre 2021 bis 2027 vor. Deutschland soll bis zu zwölf Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr überweisen.

Bayern ist proeuropäisch, aber wir wollen unsere Identität und Selbstständigkeit stärken.

Markus Söder

Das bayerische Kabinett war am Mittwoch nach Brüssel gereist. Zum Auftakt des Besuchs eröffnete Ministerpräsident Söder am Mittwochabend in der bayerischen Vertretung unweit von EU-Kommission und Parlament ein großes Fest mit rund 400 Gästen aus Politik und öffentlichen Institutionen. Einen Tag nach den Maifeierlichkeiten im Freistaat stellten zu Beginn des Festes oberbayerische Trachtler einen weiß-blau-geringelten und mit den europäischen Sternen sowie dem Wappen des Freistaats verzierten Maibaum auf. Die knapp 19 Meter lange Fichte wurde eigens für das Fest aus dem Landkreis Ebersberg nach Brüssel gefahren. „Mit dem Aufstellen des Maibaums wollen wir bayerisches Brauchtum und Gastlichkeit präsentieren“, sagte Söder, der 2008 als Europaminister erstmals einen Maibaum in Brüssel aufstellen ließ.

In Europa gebe es viele Traditionen. „Wir Bayern sind stolz auf unsere Brauchtümer und unsere kulturelle Prägung und wollen das auch zeigen“sagte Söder. Er appellierte zugleich an die EU, sich nicht zu sehr in die Angelegenheiten der europäischen Regionen einmischen zu wollen. „Dann kommen wir gut zusammen.“

Kürzungen beim Kindergeld für EU-Ausländer

Der heutige Donnerstag stand für Söder und sein Kabinett im Zeichen europäischer Politik. So stimmte das Kabinett für eine Bundesratsinitiative, wonach die Höhe des ausgezahlten Kindergeldes für Kinder im europäischen Ausland entsprechend den jeweiligen Lebenshaltungskosten angepasst werden soll.

Kindergeld wird natürlich weiter gezahlt, aber immer nach dem jeweiligen Lebensstandard in dem Wohnsitzland.

Markus Söder

Die Bundesregierung plant schon länger für bestimmte EU-Ausländer Kindergeldkürzungen. Die EU-Kommission lehnte dies aber bislang ab. Laut Bundesregierung wurden 2017 rund 343 Millionen Euro Kindergeld ins Ausland überwiesen. 2010 waren es noch rund 35 Millionen Euro. „Wir wollen ein klares Signal setzen. Wir stellen fest, dass sich die Kindergeldzahlungen massiv erhöht haben, aber nicht für die Kinder die in Deutschland sind, sondern für die, die im EU-Ausland leben“, sagte Söder am Rande der Kabinettssitzung. „Wir wollen das deutsche Recht ändern, dem Österreichischen anpassen, nach dem eines ganz klar ist, Kindergeld wird natürlich weiter gezahlt, aber immer nach dem jeweiligen Lebensstandard in dem Wohnsitzland“, betonte Bayerns Ministerpräsident.

Das Kindergeld steht auch in Deutschland wohnenden Ausländern zu, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis oder einen bestimmten Aufenthaltstitel besitzen. EU-Ausländer haben für die Dauer ihres Arbeitsaufenthalts in Deutschland Anspruch auf Kindergeld – selbst wenn der Nachwuchs in einem anderen Land lebt.

Fördermittel als Thema

Bei Gesprächen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem deutschen Kommissar Günther Oettinger ging es um Themen wie die Flüchtlingsfrage, den Schutz der Außengrenzen und die Stabilität des Euro. Europa sei ein Kontinent der Freiheit, sagte Söder, aber er müsse auch Schutz und Sicherheit bieten. „Dazu gehört auch die Frage der Stabilität des Euro. Eine Schuldenumverteilung in Europa muss ganz klar ausgeschlossen werden. Genauso wäre eine verordnete Abschaffung des Bargeldes ein Eingriff in die Freiheit der Bürger.“

Rückläufige EU-Förderungen für Bauern in Bayern, wie sie Brüssel plant, könnten zumindest teilweise durch den Freistaat aufgefangen werden, sagte Söder. „Wir wollen dafür sorgen, dass es auf jeden Fall so bleibt, dass entsprechende Zahlungen bleiben, möglicherweise durch Ergänzungen, die wir dann vornehmen werden“, so der Ministerpräsident. „Für uns ist es wichtig, dass die bayerischen Bauern weiterhin ihre wirtschaftliche Entwicklung machen können“, betonte Söder, der die generell in der Diskussion befindlichen Kürzungen kritisierte und Gespräche mit dem Bund und der EU ankündigte. Ziel müsse es sein, so viele Fördergelder wie möglich zu erhalten.

Oettinger äußerte Verständnis für die bayerische Position, betonte aber, dass auch Bayern von den Haushaltsplänen profitieren könne, etwa im Bereich der Forschung und bei der Digitalisierung. Zudem stellte er beim europäischen Grenzschutz einen deutlichen Personalaufbau auf bis zu 10.000 Mitarbeiter in Aussicht.

Zeichen der Eigenständigkeit

Ministerpräsident Söder wertete die Fahrt seines Kabinetts nach Brüssel als Zeichen für die bayerische Eigenständigkeit. „Die Reise ist ein Signal. Bayern ist proeuropäisch, aber wir wollen unsere Identität und Selbstständigkeit stärken“, sagte Söder, der die Abläufe zwischen Europäischer Kommission und dem EU-Parlament noch aus seiner Amtszeit als Europaminister gut kennt. In Brüssel werde über viele politische Fragen entschieden, die auch für Bayern von Bedeutung seien.

(dpa)