Die Mutter-Heimat-Statue in Kiew, hier angestrahlt beim Eurovision Song Contest 2017, erinnert an den Sieg über Nazi-Deutschland 1945. (Bild: Imago/Ukrainian News/Kudymets Maksym)
Ukraine

Kiew von seiner schönsten Seite

Bayerische Vermittlung in Kiew: Nach seinem Besuch bei Präsident Wladimir Putin fliegt Ministerpräsident Horst Seehofer zu Gesprächen mit Präsident Petro Poroschenko in die Ukraine. Die Kämpfe in der Ostukraine intensivieren sich wieder.

Kurz nach Bundeskanzlerin Angela Merkel wird auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Petro Poroschenko zusammentreffen. Am Mittwoch fliegt Seehofer zu politischen Gesprächen nach Kiew. Dabei wird es in erster Linie um die schwierige Lage in der Ostukraine gehen. Dort bekämpfen sich seit mehr als drei Jahren Regierungseinheiten und von Moskau unterstützte Separatisten. Erst am Samstag hatten sich Poroschenko und Merkel im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg bei Berlin getroffen.

Von Putin zu Poroschenko

Poroschenko hatte Seehofer am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang des Jahres nach Kiew eingeladen − zunächst war eine Reise im April angedacht. „Er hat gesagt, ich kann nicht nur Putin besuchen, sondern soll auch bei ihm in Kiew vorbeischauen”, sagte Seehofer. Der Mai sei die schönste Jahreszeit, Poroschenko habe Kiew von seiner „schönsten Seite” angekündigt. Begleitet wird Seehofer − wie kürzlich auf seiner China-Reise − von Landtagspräsidentin und CSU-Vize Barbara Stamm.

Präsident Poroschenko hat gesagt, ich kann nicht nur Putin besuchen, sondern soll auch bei ihm in Kiew vorbeischauen.

Ministerpräsident Horst Seehofer

Mitte März hatte Seehofer bereits den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau getroffen und dabei auch über die Ukraine-Krise gesprochen. Danach hatte er erklärt, dass neben Russland auch die Ukraine eine Bringschuld für eine friedliche Lösung des Konfliktes habe. Nur durch die Erfüllung des Minsker Friedensabkommens könnten die EU-Sanktionen gegenüber Russland überwunden werden.

Irgendwann muss sich ja was tun.

Horst Seehofer

Seit seinem Besuch in Moskau im März habe sich die Lage leider nicht verbessert. Trotzdem dürfe man nicht aufhören, das Gespräch zur Lösung zu suchen, sagte Seehofer. „Irgendwann muss sich ja was tun.” So schwer die Situation auch sei, die Politik dürfe nicht aufhören zu vermitteln, zu sprechen und Brücken zu bauen, beschreibt der CSU-Chef sein Verständnis von Außenpolitik. Auch innenpolitisch sei die Lage für Poroschenko derzeit sehr schwierig, sagte Seehofer.

Brüchiger Waffenstillstand

Zuvor hatte Merkel Präsident Petro Poroschenko zu dessen elften Besuch in Deutschland im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg bei Berlin empfangen und ihm weitere Unterstützung für Frieden in seinem Land zugesagt. „Wir sehen leider nach einer gewissen Beruhigung über die Osterzeit doch wieder ein Ansteigen der Waffenstillstandsverletzungen”, so Merkel in Meseberg. „Die Sicherheit ist die Voraussetzung für weitere politische Fortschritte.”

Wir sehen leider wieder ein Ansteigen der Waffenstillstandsverletzungen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel

Merkel kündigte an, zügig neue Gespräche zwischen Russland, der Ukraine, Frankreich und Deutschland über eine Beilegung des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine einleiten zu wollen. Der neue französische Präsident Emmanuel Macron habe ihr seine Bereitschaft zugesagt, den Prozess in diesem Normandie-Format fortzuführen. „Wir werden sehr schnell Möglichkeiten suchen, dass die Präsidenten und die Bundeskanzlerin miteinander Kontakt aufnehmen können.”

Krieg in der Ostukraine: 10.000 Tote

Poroschenko machte deutlich, dass die im weißrussischen Minsk getroffenen Friedensvereinbarungen für ihn unverzichtbar seien. Er betonte, „dass ich derzeit keine andere Alternative sehe.” Merkel sagte: „Nach wie vor sind die Schicksale der betroffenen Menschen außerordentlich schwierig.”

Im Osten der Ex-Sowjetrepublik Ukraine kämpfen Regierungstruppen seit 2014 gegen prorussische Separatisten, die mit verdeckter Militärhilfe aus Russland agieren. Seit 2014 sind in der Ostukraine etwa 10.000 Menschen getötet worden.

Poroschenko pochte in Meseberg darauf, „dass die schweren Waffen aus der Ukraine herausgeführt werden”. Es gehe um die Souveränität und die Integrität seines Landes. Er zeigte sich dankbar für die Unterstützung der EU-Staaten bei der Annäherung der Ukraine an die EU. Poroschenko betonte, dass die Ukrainer künftig visafrei in die EU reisen dürfen. „Das ist eine historische Entscheidung für die Ukraine.” Für die Annäherung an Europa hatten die Demonstranten im Winter 2013/14 auf dem Maidan in Kiew ausgeharrt.

Bayerisch-ukrainische Zusammenarbeit

Auf dem Kiewer Programm von Ministerpräsident Seehofer  Programm stehen auch Gespräche mit dem ukrainischen Ministerpräsident Wladimir Groisman und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko an. Ziel der Reise ist es außerdem, die Zusammenarbeit zwischen Bayern und der Ukraine zu intensivieren.

Es geht um die Souveränität und die Integrität meines Landes.

Staatspräsident Petro Poroschenko

Die Zusammenarbeit des Freistaats Bayern mit der Ukraine reicht bis ins Jahr 1990 zurück. Sie soll jetzt neu belebt und verstärkt auf die aktuelle Situation und die Belange der Ukraine abgestimmt werden. Im vergangenen Februar hatte Europaministerin Beate Merk die zehnte Sitzung der Ständigen Bayerisch-Ukrainischen Arbeitskommission eröffnet − die erste Sitzung nach sechsjähriger Pause.  Es wurden Projekte in den Bereichen Wirtschaft, Landwirtschaft, Inneres und Justiz sowie Gesundheit vereinbart. Ziel der Reise von Ministerpräsident Seehofer ist es auch, die wiederaufgenommene institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Bayern und der Ukraine weiter zu intensivieren. Die nächste gemeinsame Sitzung der Ständigen Bayerisch-Ukrainischen Arbeitskommission soll Ende 2018 in Bayern stattfinden.

Auf der Rangliste der Ziele der bayerischen Exportwirtschaft findet sich die Ukraine auf Platz 47. Im vergangenen Jahr exportierten bayerische Unternehmen Güter im Wert von 417 Millionen Euro in die Ukraine. Da ist Luft nach oben: Im Jahr 2012 hat Bayern Waren im Wert von 626 Millionen Euro in die Ukraine ausgeführt. Umgekehrt fanden im vergangenen Jahr Waren im Wert von 236 Millionen Euro (2012: 172 Millionen Euro) ihren Weg aus der Ukraine nach Bayern. Wichtigste bayerische Exportgüter in die Ukraine waren Maschinen, chemische Erzeugnisse, Fahrzeuge, elektrotechnische Erzeugnisse, ernährungswirtschaftliche Produkte und Eisen- und Metallwaren. (dpa)