Ankara gibt nach
Eine Bundestagsdelegation kann nun doch Anfang Oktober die 250 Bundeswehrsoldaten auf der türkischen Nato-Basis Incirlik besuchen. Ankara ist mit den Erklärungen der Bundesregierung zur Armenien-Resolution zufrieden. Bei seinem ersten Besuch in der Türkei seit dem Putschversuch hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Ankara der Solidarität des Bündnisses versichert.
Türkei

Ankara gibt nach

Eine Bundestagsdelegation kann nun doch Anfang Oktober die 250 Bundeswehrsoldaten auf der türkischen Nato-Basis Incirlik besuchen. Ankara ist mit den Erklärungen der Bundesregierung zur Armenien-Resolution zufrieden. Bei seinem ersten Besuch in der Türkei seit dem Putschversuch hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Ankara der Solidarität des Bündnisses versichert.

Erstmals seit dem Putschversuch in der Türkei ist Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu einem Besuch in dem Bündnisland eingetroffen. Stoltenberg kam am Donnerstagabend nach seiner Ankunft in der Hauptstadt Ankara mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zusammen, wie die Nato mitteilte.

Nato-Solidarität für die Türkei

Während des zweitägigen Besuchs in Ankara sind außerdem Treffen mit Ministerpräsident Binali Yildirim und Verteidigungsminister Fikri Isik vorgesehen. Das türkische Außenministerium hatte mitgeteilt, Themen seien unter anderem die „Bedrohung” durch die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen, den die Türkei für den Putschversuch vom 15. Juli verantwortlich macht, sowie die Entwicklungen in der Region. Außerdem stehe ein Besuch des von Putschisten bombardierten Parlaments auf dem Programm.

Stoltenberg hatte den Umsturzversuch verurteilt und dem „geschätzten Nato-Verbündeten” Türkei die Solidarität des Militärbündnisses zugesichert. Erdogan hatte dem Westen nach dem Putschversuch mangelnde Solidarität vorgeworfen. Die Kritik richtete sich besonders an die Adresse der EU. Gut fünf Wochen lang kam nach dem Putschversuch kein Außenminister eines EU-Staates in die Türkei. Zeitgleich mit Stoltenberg sind am Freitag die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Erweiterungskommissar Johannes Hahn zu Gesprächen in Ankara. Beim EU-Türkei-Dialog wollen sie mit Außenminister Mevlüt Cavusoglu und EU-Minister Ömer Celik über die Beziehungen mit dem Beitrittskandidaten beraten.

Ankara hebt Incirlik-Besuchsverbot auf

Unterdessen haben Deutschland und die Türkei ihren wochenlangen Streit um den Besuch von Bundestagsabgeordneten auf dem Nato-Stützpunkt Incirlik bei der Bundeswehr beigelegt. Das türkische Außenministerium gab dem Verteidigungsausschuss des Bundestags am Donnerstag grünes Licht. Damit kann der Besuch in der Nato-Basis Incirlik nun − wie zuletzt geplant − Anfang Oktober stattfinden.

Auf die Türkei ist Deutschland auch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise angewiesen.

Der Konflikt hatte die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara massiv belastet. Viele andere Streitpunkte sind aber immer noch nicht ausgeräumt. Die Bundesregierung hofft nun darauf, dass sich das Verhältnis zu dem wichtigen Partnerland insgesamt wieder bessert. Auf die Türkei ist Deutschland auch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise angewiesen. Die Türkei hatte den Besuch über Wochen hinweg blockiert. Grund dafür war Ankaras Verärgerung über eine Armenien-Resolution des Bundestags Anfang Juni. Darin hatte das Parlament die Massaker an den Armeniern 1915/16 erstmals als „Völkermord” bezeichnet. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs wehrt sich massiv gegen solche Einstufungen.

„Türkische Bedingungen erfüllt”

Nachdem die Bundesregierung die Resolution als rechtlich nicht verbindlich erklärte, hob die türkische Seite das Besuchsverbot nun jedoch auf. Auf der Basis Incirlik im Osten des Landes − nur etwa hundert Kilometer entfernt von der Grenze zu Syrien − sind aktuell rund 250 deutsche Soldaten stationiert. Sie unterstützen die Luftangriffe auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mit Aufklärungsflügen und Luftbetankung.

Sie haben verstanden, dass sie die Türkei nicht behandeln können, wie sie wollen.

Außenminister Mevlüt Cavusoglu

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu begründete die Aufhebung des Verbots damit, dass die Bundesregierung türkische Bedingungen erfüllt habe. In ihrer Erklärung zur Völkermord-Resolution habe sie hervorgehoben, „warum diese Entscheidung in der Umsetzung keine Verbindlichkeit hat”. Wörtlich sagte Cavusoglu: „Sie haben verstanden, dass sie die Türkei nicht behandeln können, wie sie wollen.”

50 Millionen Euro Investitionen für Incirlik

In Berlin wurde die Besuchserlaubnis mit Erleichterung aufgenommen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte: „Mit dieser Entscheidung der türkischen Regierung sind wir ein Stück weiter.” Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte: „Es ist ein gutes Zeichen, dass die zuständigen Abgeordneten des Bundestages planmäßig zur Truppe reisen können.”

Es ist ein gutes Zeichen, dass die zuständigen Abgeordneten des Bundestages planmäßig zur Truppe reisen können.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen

Erst vor Kurzem gab es ein Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Präsident Recep Tayyip Erdogan. Zudem gab von der Leyen bekannt, die Bundeswehr werde mehr als 50 Millionen Euro zusätzlich in Incirlik investieren.

Parlamentsarmee

Die Bundeswehr ist eine „Parlamentsarmee”. Jeder Auslandseinsatz muss vom Bundestag beschlossen werden. In kaum einem anderen Land hat das Parlament so viel Mitbestimmungsrechte in militärischen Fragen wie in Deutschland. Verteidigungspolitiker verschiedener Parteien hatten einen Abzug der Soldaten gefordert, falls Ankara an dem Verbot festhalten sollte. Das deutsche Verteidigungsministerium hatte für diesen Fall andere Standorte wie Jordanien oder Zypern geprüft.

(dpa/BK/H.M.)