Das Ozonloch (dunkelblauer Kreis) über der Antarktis vom 2. Oktober 2015, dargestellt in einer Computergrafik. Es war zu diesem Zeitpunkt so groß wie seit neun Jahren nicht mehr. (Bild: DLR CC-BY 3.0)
Umwelt

Das Ozonloch wird kleiner

Das Ozonloch über der Antarktis scheint sich langsam zu schließen. Rund drei Jahrzehnte nach dem Verbot der ozonzerstörenden Chemikalien gebe es Hinweise darauf, dass ein Regenerationsprozess eingesetzt hat und sich die Ozonschicht stabilisiert, berichten Forscher aus Großbritannien und den USA im Fachblatt Science.

„Wir können jetzt sicher sein, dass die Entscheidungen, die wir getroffen haben, den Planeten auf den Weg der Heilung gebracht haben“, sagte Susan Solomon, die Hauptautorin der Studie. Das Team um Solomon, die am Massachusetts Institute of Technology forscht, hatte die jährliche mittlere Dicke der Ozonschicht und die Größe des Ozonlochs über der Antarktis im Monat September zwischen 2000 und 2015 ermittelt.

Das Ozonloch öffnet sich jedes Jahr im Frühling auf der Südhalbkugel. Dann sorgt die nach dem langen Polarwinter einsetzende Sonneneinstrahlung dafür, dass die ozonschädigenden Stoffe, die sich im Winter angereichert haben, ihre Wirkung entfalten können. Das Gesamtozon über der Antarktis geht dann um typischerweise 60 Prozent zurück. Im Oktober erreicht das Ozonloch jeweils seine größte Ausdehnung.

Um die Fläche Indiens geschrumpft

Die Forscher analysierten nun Ozon-Daten und Satelliten-Messungen von Schwefeldioxid, das bei Vulkanausbrüchen frei wird und den Ozonabbau beschleunigen kann. Außerdem berücksichtigten sie verschiedene meteorologische Daten wie Temperatur und Wind. Die September-Messwerte verglichen sie dann mit solchen aus Simulationsmodellen, die die Entwicklung der Ozonwerte unter verschiedenen Bedingungen vorausberechneten. Sie fanden heraus, dass das September-Ozonloch zwischen den Jahren 2000 und 2015 um mehr als vier Millionen Quadratkilometer geschrumpft ist. Das ist eine Fläche größer als Indien.

Jetzt sehen wir tatsächlich, dass der Planet sich erholt.

Susan Solomon

Der Tag, an dem eine bestimmte Größe des Ozonlochs überschritten wird, verschiebe sich Jahr für Jahr weiter nach hinten, schreiben die Forscher. Sie konnten außerdem zeigen, dass die Abnahme des Ozonlochs zu mehr als 50 Prozent auf den Rückgang der verursachenden Chemikalien in der Ozonschicht zurückzuführen sei. „Die Wissenschaft war hilfreich dabei, den Weg zu weisen. Diplomaten und Länder und die Industrie waren unglaublich gut darin, einen Weg aus der Verwendung dieser Moleküle festzulegen und jetzt sehen wir tatsächlich, dass der Planet sich erholt. Das ist eine wundervolle Sache“, so Solomon weiter.

Aber warum untersuchten die Forscher eigentlich die Septemberwerte und legten ihren Fokus nicht auf Oktober, wenn das Ozonloch sein größtes Ausmaß erreicht? Die Oktoberdaten seien anfälliger für Schwankungen, etwa durch kleine Veränderungen der Meteorologie, sagt Solomon. „Das ist eine schöne Studie, die die Entwicklung belegt, die man auch erwartet hat“, sagt der Physiker Jens-Uwe Grooß vom Institut für Energie- und Klimaforschung am Forschungszentrum Jülich, der nicht an der Studie beteiligt war. „Ein Clou daran ist, dass die Wissenschaftler sich die Entwicklung des Ozonlochs im September – und nicht wie bisher im Oktober – angeschaut haben. Und dort sieht man sowohl in den Messdaten als auch in den Modellen Jahr für Jahr einen Anstieg des Ozons. Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis man diese Entwicklung dann auch im Oktober sieht.“

Rekordausdehnung noch im Oktober 2015

Noch im vergangenen Jahr zeigten sich Experten irritiert wegen der damals festgestellten immensen Ausdehnung des Ozonlochs. Das Ozonloch über der Antarktis erstreckte sich damals über 26 Millionen Quadratkilometer, eine Fläche, größer als der nordamerikanische Kontinent. Nur im Jahr 2006 war es mit 27 Millionen Quadratkilometern noch größer. Das gemessene Rekordhoch sei jedoch auch auf den Ausbruch des Vulkans Calbuco in Chile zurückzuführen, fanden die Forscher nun bei ihrer Untersuchung heraus. Ein weiterer wesentlicher Punkt der neuen Studie ist demnach laut Grooß, dass die Forscher gezeigt haben, dass auch vulkanische Aerosole den Ozon-Abbau beschleunigen: „Das ist eigentlich auch bekannt, aber bei der Analyse des Ozonlochs von 2015 bisher einfach noch nicht untersucht worden.“

Seit 1995 werden am Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum des DLR zur Beobachtung des Ozonlochs Messungen des Global Ozone Monitoring Experiments (GOME und GOME-2) ausgewertet. Obwohl GOME an Bord des ESA Satelliten ERS-2 nur als Experiment konzipiert wurde, vermisst es seit 1995 kontinuierlich und erfolgreich die Ozonverteilung vom Weltall aus. Die Messgeräte befinden sich auf den Satelliten MetOp-A und MetOp-B der Europäischen Organisation zur Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT). Die Beobachtung der Atmosphärenzusammensetzung wird mittels der EU Copernicus-Satellitenmissionen Sentinel-5P, -4 und -5 in den nächsten Dekaden fortgesetzt.

Geschichte des Ozonlochs

Die Ozonschicht umhüllt die Erde wie ein Schutzschild und hält lebensfeindliche ultraviolette Sonnenstrahlen ab. Erste Hinweise auf ein Loch in der schützenden Ozonschicht in der Stratosphäre über der Antarktis – also in etwa 10 bis 50 Kilometer Höhe – fanden Wissenschaftler Anfang der 1980er Jahre. 1985 berichteten sie im Fachblatt Nature davon und rüttelten mit diesem Bericht die Fachwelt auf. Schnell war klar, dass vor allem Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW), die weltweit als Treibgase, Kühlmittel oder zur Herstellung von Schaumstoffen verwendet wurden, für die Zerstörung des Ozons verantwortlich sind.

Nach Schätzung der Experten könnten dadurch außerdem jährlich im Durchschnitt zwei Millionen Fälle von Hautkrebs verhindert worden sein.

UN-Bericht

Bereits zwei Jahre nach Veröffentlichung des Berichts beschlossen fast 200 Staaten im Montreal-Protokoll langfristig ein Verbot der Substanzen. Susan Solomon lieferte mit ihren Arbeiten maßgebliche wissenschaftliche Grundlagen für das Übereinkommen. Ohne dieses Protokoll hätten sich die Stoffe dem UN-Bericht zufolge bis 2050 verzehnfachen können. Nach Schätzung der Experten könnten dadurch außerdem jährlich im Durchschnitt zwei Millionen Fälle von Hautkrebs verhindert worden sein. Mit einer vollständigen Schließung des Ozonlochs rechnen Experten aufgrund der langen Lebensdauer der ozonschädigenden Substanzen erst etwa Mitte des 21. Jahrhunderts.

Auch Treibhausgase sind gefährlich

Zugleich appellierten die Vereinten Nationen aber an die internationale Staatengemeinschaft, weiter konsequent der Klimaerwärmung entgegenzuwirken. Der Erfolge beim Schutz der Ozonschicht solle die Länder auch darin bestärken, das Klima besser zu schützen, sagte Achim Steiner, der Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms. Der schnelle Anstieg einiger anderer Treibhausgase wie Kohlendioxid könne die positive Entwicklung untergraben. Veränderungen klimarelevanter Spurengase, allen voran Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffmonoxid (N2O), werden laut dem DLR ab Mitte dieses Jahrhunderts einen deutlichen Einfluss auf die Ozonschicht haben. Es wird vorhergesagt, dass ansteigende Konzentrationen von CO2 und CH4 die globale Ozonschicht verstärken werden, wohingegen ansteigende N2O Konzentrationen zu einer Ozonabnahme führen.

Insgesamt führten diese Effekte außerhalb der tropischen Regionen ab Mitte des Jahrhunderts zu einer dickeren Ozonschicht. „In den Tropen hingegen reduziert sich die Dicke der Ozonschicht in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts. Denn dort erwarten die Wissenschaftler zusätzlich zu den chemischen Prozessen veränderte vertikale Luftströmungen durch den Klimawandel, die deutlichen Einfluss auf die Ozonverteilung haben“, so das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR vor zwei Jahren.

(avd/dpa/DLR)