Bereits Franz Josef Strauß war das deutsch-israelische Verhältnis ein wichtiges Anliegen - wenn auch auf eher unkonventionelle Weise. Bild: Fotolia / Deva Mikael
Israel-Politik

Freundschaft der mutigen Tat

Die Geschichte der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und dem Staate Israel begann schon Ende 1957 in Rott am Inn. In seinen Erinnerungen berichtet Franz Josef Strauß, damals Verteidigungsminister, von seiner denkwürdigen ersten Begegnung mit Shimon Peres, der 50 Jahre später Israels Staatspräsident wurde. Der Bayernkurier dokumentiert in Auszügen.

„Ende 1957 erreichte mich auf verschlungenen Wegen die Nachricht, daß mich eine israelische Delegation besuchen wolle. Ich sagte sofort zu. … Geleitet wurde die Delegation vom Generalsekretär des israelischen Verteidigungsministeriums. Sein Name: Shimon Peres. …

Peres und seine Begleiter waren am späten Nachmittag in Rott angekommen, blieben zum Abendessen – meine Frau hatte gekocht -, und anschließend saßen wir bis tief in die Nacht hinein zusammen. Winterlich war die Stimmung nur draußen; Peres und ich hatten keinerlei Anlaufschwierigkeiten, um in ein offenes, menschliches Gespräch zu kommen. Von Anfang an bestand eine Vertrauensgrundlage, die sich als tragfähig durch die Jahrzehnte erwiesen hat. Auch die Tatsache, daß ich hinsichtlich deutscher Waffenlieferungen an jene arabischen Staaten, die Faktoren der Stabilität im Nahen und Mittleren Osten sind, eine Meinung habe, die zu vertreten mehr Mut verlangt als das bequeme Heulen mit linken Wölfen, hat nichts an unserer Einstellung zueinander geändert, die nach wie vor von Wertschätzung und gegenseitigem Respekt gekennzeichnet ist. Dazu trägt auch bei, daß man in Israel sehr wohl zwischen Freundschaft des billigen Wortes und Freundschaft der mutigen Tat zu unterscheiden weiß.

Um eine solche Tat ging es bei dem Besuch von Peres und seiner Begleitung damals in Rott am Inn – noch lange vor jener denkwürdigen Begegnung David Ben Gurions mit Konrad Adenauer am 14. März 1960 in New York. Israel habe den Feldzug im Sinai geführt und gewonnen, sei aber noch immer in höchster Gefahr. Deshalb, so meine Gesprächspartner, brauche der jüdische Staat militärisches Gerät und Waffen. Die Bitte, die sie vorzutragen hatten: die Bundesrepublik Deutschland solle helfen! Eine vorbereitete Liste enthielt das von Israel Gewünschte: Transportflugzeuge, Hubschrauber, Artillerie, Panzerabwehrraketen.

Peres und seine Begleiter fanden bei mir, in voller Kenntnis der für die deutsche Seite damit verbundenen Schwierigkeiten, ein offenes Ohr. Die Bundeswehr war zwar noch in der Aufbauphase und besaß selbst nur bescheidene Vorräte an Waffen und Gerat, aber ich war bereit, von dem wenigen zu geben, weil ich es als meine Pflicht ansah, Israel in einer schwierigen und bedrohlichen Situation zu helfen. Erleichtert durch meine Zusage, verabschiedeten sich die Israelis zu später Stunde. Als Gastgeschenk hatten sie mir ein antikes Glas vom Berge Karmel und ein Fotoalbum mit Frontaufnahmen aus dem Sinai-Krieg mitgebracht.

Wir haben die Israel zugesagten Geräte und Waffen heimlich aus den Depots der Bundeswehr geholt und hernach als Ablenkungsmanöver bei der Polizei in einigen Fällen Diebstahlsanzeige erstattet.

Franz Josef Strauß

Meine in Rott bekundete Bereitschaft zur Hilfe für Israel wurde in Bonn in die Tat umgesetzt. Ich informierte Adenauer, der einverstanden war. Eingeweiht wurden Heinrich von Brentano, Heinrich Krone und Fritz Erler, auch ein Vertreter der FDP. Sie alle stimmten zu, die Verantwortung für diese Hilfsaktion aber blieb bei mir. So hatte ich wenig Rückendeckung für ein Vorgehen, das in allem dem Haushaltsrecht zuwiderlief. Wir haben die Israel zugesagten Geräte und Waffen heimlich aus den Depots der Bundeswehr geholt und hernach als Ablenkungsmanöver bei der Polizei in einigen Fällen Diebstahlsanzeige erstattet. Hubschrauber und Flugzeuge wurden ohne Hoheitszeichen nach Frankreich geflogen und von Marseille aus nach Israel verschifft. … Insgesamt haben wir Israel damals Lieferungen im Wert von 300 Millionen Mark – heutiger Wert [1989, Anm d. BK] 1,2 Milliarden – zukommen lassen, ohne Bezahlung dafür zu verlangen.“

Franz Josef Strauß, Die Erinnerungen, Siedler Verlag, Berlin 1989, S. 341-345.