Mekka ist die berühmteste Stadt Saudi-Arabiens. Dort findet man das zentrale Heiligtum des Islams, die Kaaba. (Bild: Fotolia/ayazad)
Saudi-Arabien

Vom Chaos umzingelt

Thronfolge in unruhiger Zeit: Der langjährige König Abdullah von Saudi-Arabien ist tot, ihm folgt sein Halbbruder, König Salman. In der Region greifen Instabilität und Chaos um sich und auch im Inneren des wahabitischen Königreichs wächst der Druck – durch die Jugend, durch Radikale und durch die schiitische Minderheit.

Islamgelehrte in Irans heiliger Stadt Qom sehen mit dem Tod des saudi-arabischen Königs Abdullah schon die Wiederkehr des Mahdi kommen – und das Ende der Welt. Das berichtet die in Washington ansässige und auf Englisch, Arabisch, Persisch und Türkisch erscheinende Internet­zeitung Al Monitor. Die Mullahs in Qom berufen sich auf eine Weissagung des Propheten Mohammed. Danach wird auf den Tod eines Königs mit Namen Abdullah im Hedschas – eine Region im Westen Saudi-Arabiens mit den Städten Mekka und Medina – erst das Chaos kommen und dann der Mahdi.

Inzwischen hat Abdullahs Nachfolger, König Salman, den Thron bestiegen. Der Mahdi ist noch nicht in Sicht. Mittelöstliches Chaos schon. Saudi-Arabien ist davon umzingelt. In der chaotischen Nachbar-Stammesregion Jemen haben schiitische Houthi-Rebellen die Macht ergriffen − unterstützt vom Iran. Auch in Irak, Syrien, Libanon, und im benachbarten Bahrein kämpfen saudische Verbündete gegen iranisch-unterstützte Milizen. Teheran schreitet voran beim Kampf um die Vormacht in der Region. Riad ist in Syrien gescheitert.

Im Norden bedrohen mit dem Islamischen Staat sunnitische Gotteskrieger das Königreich. Riad hat sie einst selber ins Leben gerufen und groß gemacht hat – gegen die Schiiten und Teheran. Anfang Januar starben drei saudische Grenzer bei einem Selbstmordangriff aus dem Irak – alle vier Täter hatten saudische Pässe.

Wir repräsentieren den wahren Islam: Salafismus, Auspeitschungen, Enthauptungen

Trotzdem ist die Außenpolitik für das neue Regime in Riad vielleicht noch der leichteste Teil, pointiert The Economist. Abdullahs auch schon 79-jähriger Halbbruder und Nachfolger Salman gilt als dement. Als Salmans Nachfolger hatte Abdullah schon den nächsten Halbbruder Muqrin benannt. Problem: Abdullah hat damit dem neuen König vorgegriffen, und Muqra ist nur Sohn einer jemenitischen Sklavin und Nebenfrau von Staatsgründer Abdel-Aziz-ibn Saud (17 Ehefrauen und mindestens 44 Söhne). Mit dem 55-jährigen Muhammed bin Nayef al-Saud ist jetzt zum ersten Mal ein Kandidat aus der viele hundert Prinzen großen Enkelgeneration zum stellvertretenden Kronprinzen befördert worden. Ob das hält, muss sich zeigen.

Unterdessen steigt im Königreich der Druck. Seit 1950 hat sich Saudi-Arabiens Bevölkerung von 3,1 auf heute 30 Millionen fast verzehnfacht. 15 Prozent Schiiten leben genau dort, wo Saudi-Arabiens Öl ist, und schauen nach Teheran. 26 Prozent der Saudis sind jünger als 25 Jahre. Riad muss für sie vier Millionen Arbeitsplätze schaffen. Bei tiefen Ölpreisen ist der Haushalt im Defizit. Riad muss an die Reserven.

In Zeiten zunehmender Radikalisierung geht für Saudi-Arabien auch vom Islamischen Staat wachsende innere Gefahr aus. Wahabitische Prediger haben jahrzehntelang das Kalifat propagiert. Jetzt bestreitet der selbsternannte „Kalif“ in Mossul Riads religiöse Legitimität und Machtgrundlage. Nicht ohne Erfolg: 2500 Saudis spielen im Islamischen Staat eine führende Rolle. „Wir repräsentieren den wahren Islam“, predigen die Saudis und demonstrieren es – mit salafistisch-wahabitischer Rigorosität, Auspeitschungen und öffentlichen Enthauptungen. Von Reformen ist Riad weiter entfernt denn je.