Bundesinnenminister Horst Seehofer. (Foto: Marko Priske/BK)
Migration

Seehofer verteidigt Flüchtlingsabkommen

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat die Kritik an der Einigung zur Verteilung von Bootsmigranten in Europa zurückgewiesen: Es handle sich dabei um eine befristete Maßnahme für nur wenige Hundert Menschen pro Jahr.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat die von ihm auf Malta erzielte Einigung zur Verteilung von Bootsflüchtlingen in Europa gegen Kritik von Abgeordneten verteidigt. Er sagte in einer nicht öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Bundestages nach Angaben von Ausschussmitgliedern, die vereinbarte Maßnahme sei befristet. Dennoch könne sie, falls sie sich in der Praxis bewähren sollte, eine Grundlage bilden für eine „gemeinsame europäische Asylpolitik, die wir dringend brauchen“.

Es bleibt bei Humanität und Ordnung, und zur Ordnung gehört die Begrenzung der Zuwanderung.

Horst Seehofer, Bundesinnenminister

„Ich sehe den großen Ertrag jetzt in dieser Initiative von Malta, dass wir damit eine Grundlage legen für eine gemeinsame europäische Migrationspolitik, die wir dringend brauchen“, sagte Seehofer im Anschluss an die Sitzung. Ähnliche Hoffnungen äußerten auch Mitglieder des Ausschusses. Kritiker hatten dem Bundesinnenminister zuvor vorgeworfen, er schaffe neue Anreize für Migranten, auf irregulären Wegen nach Europa zu kommen.

Übergangslösung für das Mittelmeer

Seehofer hielt seinen Kritikern entgegen, es gehe bei der geplanten Verteilung nur um wenige Hundert Menschen pro Jahr. An seiner Politik ändere sich überhaupt nichts, betonte er. „Es bleibt bei Humanität und Ordnung, und zur Ordnung gehört die Begrenzung der Zuwanderung.“  Sollten wieder mehr Bootsmigranten kommen, könne Deutschland jederzeit aus dem Abkommen aussteigen. Außerdem arbeite sein Ministerium an Plänen für ein neues System zur Verteilung von Asylbewerbern in Europa, als Ersatz für das sogenannte Dublin-Verfahren. Dieses sieht vor, dass ein Ausländer im Regelfall da Asyl beantragen muss, wo er zuerst registriert wurde.

Der Bundesinnenminister hatte sich am Montag mit seinen Kollegen aus Frankreich, Italien und Malta auf eine Übergangslösung verständigt. Danach sollen aus Seenot gerettete Asylbewerber, die an Land gebracht werden, innerhalb von vier Wochen auf die am Mechanismus teilnehmenden EU-Staaten verteilt werden. Seehofer zufolge will Deutschland jeden vierten Migranten aufnehmen, der auf der Route von Nordafrika nach Südeuropa gerettet wird. Kroatien, Finnland, Irland, Litauen, Luxemburg und Portugal wollen sich ebenfalls an der Verteilung beteiligen.

Befristet auf sechs Monate

In der Vereinbarung heißt es: „Dieser als Pilotprojekt gedachte Mechanismus soll für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten gelten und kann verlängert werden – vorbehaltlich der Zustimmung der betroffenen Parteien oder gekündigt werden im Fall von Missbrauch durch Dritte.“ Mit den „Dritten“, von denen hier die Rede ist, sind wohl Schlepperbanden in Nordafrika gemeint.

In dem Papier heißt es weiter: „Sollte die Zahl der umverteilten Personen innerhalb dieser sechs Monate substanziell ansteigen, werden die beteiligten Mitgliedstaaten unverzüglich zu Beratungen zusammenkommen. Während der Beratungen könnte der gesamte Mechanismus ausgesetzt werden.“

Vorschriften für Rettungsschiffe

Medienberichten zufolge bezieht sich die Regelung nur auf Bootsflüchtlinge, die auf hoher See gerettet werden. Migranten, die über das Meer bis nach Europa kommen, sollen ausgenommen sein. Eigene Rettungsschiffe von EU-Staaten sollen nicht eingesetzt werden.

Stattdessen sollen die Küstenwachen Nordafrikas gestärkt werden. Die privaten Rettungsschiffe werden laut Berichten verpflichtet, den Anweisungen der Maritimen Rettungs- und Koordinierungszentren zu folgen. Sie dürfen ihre Ortungsgeräte nicht abschalten und auch keine Kommunikationsversuche unternehmen, die das Auslaufen von Migranten-Booten erleichtern könnten. Und sie dürfen die Einsätze der nordafrikanischen Küstenwachen nicht behindern.

Gespräche in der Türkei

In der kommenden Woche reist Seehofer zusammen mit Frankreichs Innenminister Christophe Castaner und dem EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos in die Türkei und nach Griechenland. Dabei soll es erstens darum gehen, dafür zu sorgen, dass der EU-Türkei-Deal zur Rücknahme von Flüchtlingen von den griechischen Inseln besser funktioniert. Zweitens will man Griechenland bei der Bewältigung der Asylprüfungen Unterstützung anbieten.

(dpa/BK)