Nur Wohnungsbau hilft gegen Wohnungsmangel. (Bild: imago images/Sven Simon)
Wohnungsbau

Bauen, bauen, bauen

Bundesinnenminister Horst Seehofer wirbt dafür, Wohnungsbau mit allen Mitteln zu fördern − und für eine mutige Politik zugunsten strukturschwacher Regionen. Denn Wohnungen gibt es genug − nur nicht immer dort, wo die Menschen sind.

„Es gibt in Deutschland mehr leere Wohnungen, als wir brauchen.“ Das sagt Horst Seehofer, Bundesminister für Inneres, Bauen und Heimat, im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Nur leider seien die vielen leerstehenden Wohnungen nicht dort, wo die Menschen lebten. Sondern abseits der Städte, auf dem Land, in sogenannten strukturschwachen Regionen. Seehofers Schlussfolgerung: „Was wir jetzt brauchen, ist eine mutige Strukturpolitik für strukturschwächere Regionen.“

Mutige Strukturpolitik

Vor einem Jahr hat die Bundesregierung genau dazu die ressortübergreifende Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ eingesetzt. Sie soll Handlungsempfehlungen darüber vorlegen, wie unterschiedlicher regionaler Entwicklung und dem demographischen Wandel in Deutschland zu begegnen ist. Anfang Juli wird die Kommission aus ihren sechs Arbeitsgruppen erste Ergebnisse vorstellen.

Es gibt in Deutschland mehr Wohnungen, die leer stehen, als wir neue Wohnungen bauen wollen.

Hors Seehofer, Bundesminister für Inneres, Bauen und Heimat

In einer der Kommissionsempfehlungen wird es um die „Gründung und Verlegung“ von Dientstleistungsbetrieben und Behörden „in Regionen mit besonderem Handlungsbedarf“ gehen, deutet Seehofer an – wie es Bayern schon vorgemacht hat. Dabei ginge es jetzt um langfristige Weichenstellungen, erläutert der Minister: Wenn von den 80.000 Mitarbeitern im Geschäftsbereich seines riesigen Ministeriums „in zehn Jahren 10 Prozent durch Neugründungen von Behörden oder den Ausbau von Standorten in einer strukturschwachen Region arbeiten, wäre ich schon zufrieden“.

Unternehmen werben

Entscheidender Faktor jeder Strukturpolitik ist jedoch das Verhalten der Wirtschaft. Die Politik, so Seehofer, müsse bei den Unternehmen für Ansiedlungen und Investitionen in strukturschwachen Regionen werben. Soll heißen: Betriebe sollten ihren Firmensitz eben nicht in der verkehrsgeplagten Großstadt mit Wohnungsmangel inklusive bauen, sondern auf dem Land. Das kann zu Erfolg führen, weiß der Minister aus eigener Erfahrung: „Siemens hat während meiner Amtszeit als bayerischer Ministerpräsident  in Unterfranken 2000 Arbeitsplätze geschaffen.“

Es gibt zur Strukturpolitik im ländlichen Raum keine Alternative

Horst Seehofer

Strukturpolitik funktioniert, man muss sie nur wollen. Das zeige das Beispiel seiner Arbeit in Bayern, so Seehofer: „Wir werden in fünf, maximal zehn Jahren eine komplett andere Arbeitswelt haben als heute. Es gibt zur Strukturpolitik für den ländlichen Raum keine Alternative.“

Deutschland wächst

Grund für heutige Wohnungsnot seien unter anderem falsche Expertenprognosen, sagt der Bauminister. Vor nicht allzu langer Zeit hätten die Fachleute von Deutschland nur als einem schrumpfenden Land gesprochen. Bald würde es darum mehr Wohnungen geben, als gebraucht würden.

Doch das Gegenteil sei eingetreten. Statt 80 Millionen Menschen lebten jetzt 83  Millionen Menschen in Deutschland. „So viele wie nie zuvor.“ Die Nachfrage nach Wohnraum sei nicht geschrumpft, sondern gestiegen. Seehofer: „Und deshalb ist das jetzt auch zu Recht eines unserer wichtigsten politischen Themen.“

Bauen, bauen, bauen

Bei dem sich viel tut. Derzeit gebe es einen Überhang von 700.000 Baugenehmigungen, die noch nicht realisiert seien, sagt Seehofer: „Die Bauwirtschaft brummt.“ Aber man dürfe nicht nur immer auf die Großstädte schauen. Seehofer: „Es ist doch so: Es gibt in Deutschland mehr Wohnungen, die leer stehen, als wir neue Wohnungen bauen wollen.“

Die wichtigste Antwort auf eine Knappheit in einem Markt ist immer, dass man die Knappheit beseitigt.

Horst Seehofer

Sehr entschieden wendet sich Seehofer gegen sozialistische Vorschläge, private Immobilienunternehmer zu enteignen oder Mietpreise zu deckeln. Enteignungen, könnten kein Mittel gegen Wohnungsnot sein, so der Minister. Und zum Thema Mietpreisdeckel: „Auch dafür gilt: Die wichtigste Antwort auf eine Knappheit in einem Markt ist immer, dass man die Knappheit beseitigt.“ Wozu eine Mietpreisbremse eben nichts beitragen kann. Das wichtigste sei darum: „Bauen, Bauen, Bauen. Und das geschieht ja auch derzeit überall.“

Riesenerfolg Baukindergeld

Als „Riesenerfolg“ wertet Seehofer die Wirkung des Baukindergeldes, das seine CSU 2018 in der Großen Koalition durchgesetzt hat: Zehn Jahre lang erhalten Familien eine Förderung für den Immobilienerwerb von 1200 Euro pro Jahr und Kind. Bayern legt noch einmal 300 Euro drauf. Seit seiner Einführung vor knapp einem Jahr gab es schon über 100.000 Anträge für die neue Förderung. Seehofer: „Und ländliche Regionen profitieren.”

Ländliche Regionen profitieren.

Horst Seehofer

Als weitere baufördernde Maßnahmen pocht Seehofer bei der Grunderwerbssteuer auf einen Freibetrag für Familien. „Wir brauchen diesen Freibetrag für Familien für die erste selbstgenutzte Immobilie.“ Bei den oft hohen Maklerkosten plädiert Seehofer dafür, diese zur Hälfte zwischen Käufer und Verkäufer aufzuteilen. Zu beiden Themen soll noch in dieser Legislaturperiode eine Entscheidung fallen. (H.M.)