Spitzen-Ware aus Bayern: Arbeiter des Fassadenbau-Unternehmens "Josef Gartner" aus Gundelfingen installieren die neue Turmspitze auf dem Lakhta-Center in Petersburg. (Foto: Josef Gartner GmbH)
Industrie

Ganz oben wird die Luft dünn

Die Exportnation Deutschland schafft 2017 erneut Ausfuhren auf Rekordniveau. Aber die Importe wachsen noch stärker, so dass der Außenhandelsüberschuss bröckelt. Die deutschen Einfuhren kurbeln den Arbeitsmarkt in der EU an, wie eine Studie belegt.

Die deutsche Volkswirtschaft läuft auf hohen Touren, Unternehmen prosperieren, die Verbraucher konsumieren kräftig. Die gute Lage am Weltmarkt kurbelt sowohl die Ausfuhren der Exportnation an, als auch ihre Einfuhren. Im Jahr 2017 verkauften deutsche Unternehmen Waren und Dienstleistungen im Rekordwert von 1.279 Milliarden Euro ins Ausland, während von dort Güter für 1.034 Milliarden Euro in die Bundesrepublik geliefert wurden.

Handelsüberschuss sinkt

Der von anderen europäischen Staaten häufig kritisierte Handelsüberschuss Deutschlands unterliegt bei diesen Höchstwerten allerdings womöglich einer Trendwende: Wie das Statistische Bundesamt vorrechnet, ging nämlich der deutsche Exportüberschuss im vergangenen Jahr erstmals seit acht Jahren leicht zurück – auf 245 Milliarden Euro, also um 1,6 Prozent gegenüber 2016. Dass die Importe stärker gestiegen sind (+ 8,3 Prozent) als die Exporte (+6,3 Prozent) liegt Wirtschaftsexperten zufolge vor allem daran, dass deutsche Verbraucher im vergangenen Jahr verstärkt ausländische Produkte gekauft haben.

Am stärksten sind Ein- wie Ausfuhren aus/nach Europa. So exportierte Deutschland für 750 Milliarden Euro in EU-Länder, und bezog dort Güter im Wert von 683 Milliarden – das entspricht 58 Prozent aller Ausfuhren, und sogar 66 Prozent aller Einfuhren. Letztere Tatsache bringt EU-Staaten laut einer neuen Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) in „hohem Umfang Wertschöpfung und Arbeitsplätze“.

Deutschland ist die Wirtschaftslokomotive in Europa. Die EU profitiert davon.

Bertram Brossardt, Verbandschef

Die deutsche Nachfrage nach Importgütern schafft demnach in den anderen EU-Staaten insgesamt 4,9 Millionen Arbeitsplätze. Ein großer Teil davon geht laut Studie auf die Nachfrage der Industrie zurück, nämlich 3,4 Millionen Jobs. In Tschechien hängen mehr als neun Prozent aller Beschäftigten von der deutschen Importnachfrage ab, in der Slowakei acht, in Österreich und Slowenien je rund sechs Prozent.

Bayern verzeichnet sogar ein Handelsdefizit

Der Freistaat Bayern hat eine ausgeglichene Handelsbilanz mit der EU, 2017 verzeichnete die VBW sogar ein leichtes Defizit. Ursache sei die große Menge an Vorleistungsimporten des Freistaats aus mittel- und osteuropäischen Staaten.

Die größte Abhängigkeit von Deutschland weist Tschechien auf, das mehr als 30 Prozent seiner gesamten Güterexporte nach Deutschland absetzt. In Österreich, Luxemburg, Ungarn und Polen lag der Anteil bei über 25 Prozent. Der Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes, Bertram Brossardt, erklärt Kritik an hohen deutschen Handelsüberschüssen daher für „absurd“. Deutschland sei „die Wirtschaftslokomotive in Europa“. Die gesamte EU profitiere davon.