Fahne im Wind: Gewerkschaftler auf dem Weg zum Streik. (Foto: dpa/D. Reinhardt)
Tarifstreit

„Unnötige Eskalation“

Bei den großen Automobil-Herstellern in Bayern und Baden-Württemberg legte die IG Metall per Arbeitskampf die Produktion lahm. Der Industrie-Verband vbm beziffert den Schaden für Audi, BMW und Co. mit 18 Millionen Euro pro Streik-Tag.

Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie ist die dritte Runde der ganztägigen Warnstreiks beendet. Zum Höhepunkt der 24-Stunden-Ausstände hatte die IG Metall vor allem die Autoindustrie ausgewählt. Bei BMW in München legten rund 7000 Beschäftige ihre Arbeit nieder, wie Gewerkschaftsmitglied Horst Lischka sagte: „Das ganze Stammwerk steht still.“ Beim größten deutschen BMW-Werk in Dingolfing stand die Produktion ab 5 Uhr morgens still. 13.700 Beschäftigte beteiligten sich nach Angaben der IG Metall an dem Warnstreik. „1600 Autos können heute nicht gebaut werden“, sagte er. Das sei die Tagesproduktion des Werks.

300.000 Gewerkschaftler im Streik

Bei Audi in Ingolstadt und Münchmünster sollte ebenfalls 24 Stunden lang kein Auto vom Band rollen, wie Bayerns IG-Metall-Bezirksleiter Jürgen Wechsler am Donnerstag angekündigt hatte. Bereits an diesem Tag hatten rund 23.000 Beschäftigte der Branche in Bayern die Arbeit ruhen lassen. Mit den ganztägigen Aktionen bei den Autoherstellern steuerte die IG Metall auf den Höhepunkt ihrer Ausstände zu, rund 300.000 Teilnehmer bei Aktionen unter anderem bei BMW, Audi, Daimler und Porsche wurden erwartet. An den beiden Tagen zuvor hatten bereits rund 200.000 Beschäftigte die Arbeit liegen lassen.

Das ganze Stammwerk steht still.

Horst Lischka, BMW-Gewerkschaftler

Die IG Metall verlangt bundesweit sechs Prozent mehr Geld und das Recht für die bundesweit rund 3,9 Millionen Beschäftigten, die Wochenarbeitszeit zeitweise auf 28 Stunden abzusenken. Schichtarbeiter, Eltern kleiner Kinder und pflegende Familienangehörige sollen dabei einen Teillohnausgleich erhalten, den die Arbeitgeber bislang strikt ablehnen und für rechtswidrig halten. Vergangenes Wochenende hatten die Vertreter der IG Metall Baden-Württemberg und des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall die fünfte Verhandlungsrunde im laufenden Tarifkonflikt ergebnislos abgebrochen. Die IG Metall entschied daraufhin, 24-stündige Warnstreiks in bundesweit rund 275 Betrieben mit 500.000 Beschäftigten zu organisieren.

„Unverantwortliches Verhalten“

Die Kosten des bereits am Mittwoch durchgezogenen Tagesstreiks der IG Metall beziffert der Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (vbm) auf 18 Millionen Euro. „Bei der unnötigen Eskalation der Tarifverhandlungen durch die Tagesstreiks scheint der IG Metall der Schaden für die Unternehmen und für die Volkswirtschaft anscheinend nicht wichtig zu sein“, kommentiert vbm-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt und ergänzte: „Die IG Metall übersieht bei ihrer Forderung, dass nicht alle Betriebe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit haben, überzogene Entgeltforderungen zu erfüllen.“ Es sei unverantwortlich von der IG Metall, keine Rücksicht auf die Heterogenität der Branche zu nehmen.

Wir fordern die IG Metall daher auf, die Tagesstreiks zu beenden und an den Verhandlungstisch zurück zu kommen.

Bertram Brossardt, vbm-Chef

Nach einer Schätzung des vbm würden 20 Prozent der Betriebe der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, wenn die Entgeltforderungen der IG Metall in Höhe von sechs Prozent Realität würden. Damit würde den Unternehmen die Kraft für Innovationen genommen und auch die Arbeitsplätze könnten nicht dauerhaft gesichert werden, machte der vbm Hauptgeschäftsführer deutlich. Das könne nicht im Interesse der IG Metall sein.

Neben den Personalkosten, die einen Anteil von rund 36 Prozent an den Gesamtkosten ausmachen, gibt es laut Branchenverband noch weitere Kostensteigerungen, die die Unternehmen schultern müssten. Insbesondere die Verknappung zentraler Rohstoffe und deren immer teurere Beschaffung sowie die steigenden Energiekosten seien eine zusätzliche Belastung für die Betriebe. „Zum Wohle der Unternehmen, der Belegschaften und des Standorts Bayern brauchen wir einen verkraftbaren Abschluss, und keinen, der die Gewinne der Unternehmen aufzehrt“, unterstrich Brossardt.