Brun-Hagen Hennerkes ist Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Familienunternehmen. (Foto: Thomas Klink)
Wirtschaft

Darum beneidet uns die ganze Welt

Gastbeitrag Aus dem BAYERNKURIER-Magazin: Familienunternehmen stellen die meisten Arbeitsplätze, bilden einen Großteil der Fachkräfte aus und erbringen die Hälfte der deutschen Wirtschaftsleistung. Wer sie weiter belasten will, gefährdet die Stabilität unserer Wirtschaft, warnt der Vorsitzende der Stiftung Familienunternehmen, Brun-Hagen Hennerkes.

Die deutschen Familienunternehmen zeichnen sich durch ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, ihre Innovationskraft sowie durch Fleiß, Risikobereitschaft und durch soziales Verantwortungsbewusstsein ihrer Eigentümer aus. Damit sichern sie nicht nur die Basis unseres Wohlstands, sondern stellen auch die Grundlage einer ordnungspolitisch ausgerichteten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung dar. Für unsere Familienunternehmen gilt die Erkenntnis des griechischen Philosophen Protagoras: „Antropos metron hapanton – der Mensch ist das Maß aller Dinge“.

Was aber ist ein Familienunternehmen? Größe und Rechtsform sind unerheblich. Wichtigstes Merkmal ist vielmehr, dass sich die Mehrheit der Anteile in der Hand eines Einzelnen beziehungsweise im Eigentum einer oder mehrerer miteinander verbundener Familien befindet. Zu diesem quantitativen Kriterium tritt jedoch noch ein weiteres Merkmal hinzu, nämlich die enge Beziehung zwischen den Eigentümern, dem Unternehmen und dessen Mitarbeitern. Diese Beziehung hat eine Unternehmenskultur hervorgebracht, um die Deutschland in der ganzen Welt auch heute noch beneidet wird.

Eine Frage der Unternehmenskultur

Mit dieser Kultur sind unternehmerische Tugenden wie Einfallsreichtum, Beharrlichkeit, Skepsis gegenüber Althergebrachtem, Werteorientierung, Solidität und Bescheidenheit verbunden. Diese Tugenden tragen wesentlich dazu bei, dass im Familienunternehmen die Motivation der Mitarbeiter, ihre Identifikation mit den Unternehmenszielen und ihre Bereitschaft, die Unternehmenskultur mitzutragen, weitaus größer sind als in den anonymen börsennotierten Großkonzernen.

In Deutschland gibt es etwa drei Millionen Unternehmen. Davon sind

  • circa 91 Prozent Familienunternehmen;
  • diese beschäftigen 56 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer;
  • sie stellen rund 80 Prozent aller bei uns vorhandenen Ausbildungsplätze;
  • sie erbringen 42 Prozent des gesamten deutschen Ertragsteueraufkommens;
  • ihr Anteil an der wirtschaftlichen Wertschöpfung unseres Landes beläuft sich auf knapp 50 Prozent.

Die verbleibende Wertschöpfung entfällt auf eine Vielzahl verschiedenartiger Leistungsträger in der Wirtschaft – so beispielsweise auf die kommunalen und kirchlichen Betriebe, Genossenschaften, die Stiftungsunternehmen und auf die inländischen Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne.

Strategie für Generationen

In der Typologie der Familienunternehmen unterscheidet man drei Grundformen. Die erste ist der Typ des Gründungsunternehmen, die zweite ist der mittelgroße, ausschließlich regional tätige Betrieb. Die dritte Grundform bilden die größeren und großen Familienunternehmen. Diese werden in den Medien häufig als „Königsklasse“ bezeichnet. Von den 500 umsatz- bzw. ertragsstärksten deutschen Familienunternehmen haben allein 91 ihren Sitz in Bayern.

Ein besonders herausgehobenes Merkmal der deutschen Familienunternehmen liegt darin, dass Eigentum und Kontrolle stets in der Hand der Familie liegen. Der Unternehmensführung verbleibt die Herrschaft über das operative Geschäft. Die Einheit von Eigentum, Kontrolle und Haftung zeigt sich darin, dass das wirtschaftliche und soziale Schicksal der Inhaberfamilie eng mit dem des Unternehmens selbst verknüpft ist. Geht es dem Unternehmen gut, dann geht es auch den Eigentümern gut, gerät das Unternehmen unter Druck, so geschieht dies gleichermaßen mit den Eigentümern – betrieblich wie privat.

Das Rückgrat der Wirtschaft

Im Gegensatz zu den anonymen Dax-Unternehmen investieren die Familienunternehmen ausschließlich eigenes Geld. Ihre strategische Ausrichtung ist unter dem Einfluss der Generationenfolge stets auf nachhaltige Wertschöpfung ausgerichtet. Das ist der Grund dafür, dass die großen Familienunternehmen Krisen nachgewiesener Maßen in der Vergangenheit besser standgehalten haben als andere Wirtschaftsteilnehmer.

Die Familienunternehmen bilden das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft. Vor diesem Hintergrund würde eine Verschärfung der Erbschaft- und Schenkungsteuer für Betriebsvermögen ein klassisches Eigentor darstellen. Gleiches gilt für die von den Grünen erhobene Forderung nach einer Vermögensteuer. Wer solchen Substanzsteuern leichtfertig das Wort redet, riskiert die Stabilität gerade der Unternehmen, von denen unsere Gesellschaft wirtschaftlich am stärksten profitiert. Im Rahmen der Diskussion um die bevorstehende Erbschaftsteuer-Reform hat die CSU positive Impulse gesetzt und dadurch die Interessen der Unternehmer gestärkt.

Es ist bedauerlich, dass die Reformarbeiten an dieser Steuer bisher schon einen so langen Aufenthalt in der Reparaturwerkstatt der Gesetzgeber erfordert haben.