Die CSU fordert in einem Positionspapier eine umfassende Reform der Europäischen Union. (Bild: Imago/Eibner)
Parteivorstand

CSU fordert umfangreiche EU-Reform

Die CSU fordert eine grundlegende Reform der Europäischen Union. In einem sechsseitigen Papier, das der Parteivorstand auf seiner Sitzung verabschiedet hat, machen die Christsozialen deutlich, worin ihrer Auffassung nach die Aufgaben der EU bestehen sollten: Konzentration auf das Wesentliche statt Klein-Klein - und einen endgültigen Stopp der Beitrittsgespräche mit der Türkei.

Die CSU fordert eine grundlegende Reform der Europäischen Union. „Jetzt fordern wir nach 60 Jahren europäischer Einigung einen Systemcheck, welche Aufgaben zwingend auf EU-Ebene und welche sinnvoller auf Bundes- und Länderebene angesiedelt werden“, heißt es in einem sechsseitigen Papier zur künftigen Europapolitik der Christsozialen, das bei der Sitzung des Parteivorstands in München beschlossen wurde

CSU fordert „endgültiges Aus“ für Türkei-Beitritt

Neben einem endgültigen Aus für jegliche Beitrittsgespräche mit der Türkei müsse es dem Papier zufolge auch eine europaweite Verteilung von Flüchtlingen mit festen Obergrenzen geben. Letzteres dürfte auch Thema bei der anstehenden Klausur mit der CDU auf dem Programm stehen. Am kommenden Sonntag und Montag treffen sich die Unions-Spitzen zu einer gemeinsamen Sitzung in der CSU-Landesleitung.

Weber: „2017 ist Schlüsseljahr für EU“

„Für uns ist 2017 das Schlüsseljahr, ob Europa eine gute Zukunft hat“, sagte der stellvertretende CSU-Chef und Europaparlamentarier Manfred Weber am Rande der Vorstandssitzung. Der Niederbayer, der auch Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europaparlament ist, hatte das Papier maßgeblich mitgeschrieben. Demnach müsse sich die EU vom Klein-Klein verabschieden, erwachsen werden und mehr Verantwortung übernehmen. Pünktlich zum Auftakt des Bundestagswahljahres soll das CSU-Papier mit dem Titel „Zehn Punkte für ein bürgerliches Europa“ eine deutliche Abgrenzung zum designierten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz darstellen.

Stabilität und Haftungsprinzip müssen Leitmotive bei der Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion sein.

Manfred Weber, EVP-Fraktionschef

Stabilität und Haftungsprinzip müssten für die CSU Leitmotive bei der Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion sein. Dazu gehöre sowohl das Ende der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank als auch eine klare Absage an die Vergemeinschaftung wirtschaftliche Risiken und Verluste unter den EU-Mitgliedsstaaten.

Aber auch europakritischen und -feindlichen Aussagen von Populisten wie US-Präsident Donald Trump und diversen rechts- und linkspopulistischen Parteien in Europa soll damit eine klare Antwort gegeben werden. „Europa muss für seine Bürger wieder etwas Begehrenswertes werden – eine Gemeinschaft, die die Menschen und die Völker zusammenführt“, heißt es im Papier.

Dialog statt „Bashing“

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte zudem, möglichst schnell mit den USA in den Dialog zu treten. Europa schaffe es nicht alleine mehr Verantwortung in der Sicherheit zu übernehmen und sei in diesem Punkt auf Amerika angewiesen. Um Verständnis für den Kurswechsel unter Donald Trump zu bekommen, diskutiert die CSU derzeit, wie Vertreter aus Politik und Wirtschaft mit Partnern in den USA ins Gespräch kommen. Geplant sind unter anderem Delegationsreisen.

Europa muss mehr Verantwortung in der Sicherheit übernehmen. Das schaffen wir nicht ohne die Unterstützung der USA.

Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär

Schuldenunion verhindern

Anders als etwa die SPD und ihr Kanzlerkandidat wolle die CSU klar definierte Grenzen für Europa, etwa bei der Aufnahme von Migranten, und einen Stopp der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, sagte Weber. Eine Aufweichung der Euro-Stabilitätskriterien lehne die CSU dabei kategorisch ab. „Eine Transfer- und Schuldenunion, wie sie SPD und Linke in Kauf nehmen, muss verhindert werden.“

Eine Transfer- und Schuldenunion, wie sie SPD und Linke in Kauf nehmen, muss verhindert werden.

CSU-Papier zur Europapolitik

Wie für Bayern und ganz Deutschland fordert die CSU auch in Europa eine deutliche Verschärfung der Sicherheitspolitik: „Europa muss einen europaweiten Informationsaustausch, eine systematische Dateneingabe durch alle EU-Mitgliedstaaten, den Aufbau einer europaweiten Gefährderdatei, eine durchdachte Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene sowie ein Ein- und Ausreiseregister verwirklichen.“ Internetunternehmen wie Facebook und Google sollen notfalls gezwungen werden, besser mit den Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten.

CSU hält an Schengen fest

„Wir halten an der Schengen-Idee fest“, stellen die Christsozialen in ihrem Papier klar. „Bis aber der Schutz der EU-Außengrenzen ausreichend funktioniert, ist weiterhin die Kontrolle der deutschen Binnengrenzen erforderlich.“ Europaweit müssten auch zentrale Verkehrswege intensiver überwacht werden. Staaten, die ihre Verpflichtungen aus den Schengen-Regeln nicht erfüllten, müssten den Schengen-Raum temporär verlassen.

Einsatz für europäische Armee

Als Reaktion auf die neue US-Politik unter Trump verlangt die CSU von allen EU-Mitgliedstaaten mehr Anstrengungen für eine unabhängige Außen- und Verteidigungspolitik. „In Zukunft muss Europa selbstbewusster auftreten, neue sicherheitspolitische Fähigkeiten entwickeln und mehr Verantwortung übernehmen. Hierzu muss Europa seine Rüstungsbeschaffungen bündeln und ein gemeinsames Hauptquartier in enger Kooperation mit der NATO etablieren.“ Ziel sei eine europäischen Armee. Zentrale Aufgabe sei dabei der Erhalt der Rüstungsindustrie in Europa, um Fähigkeiten wie die Drohnentechnologie zu entwickeln.

(dos/dpa)