Sonnenblumen im Burggarten: die wiedereröffnete Cadolzburg westlich von Nürnberg. (Foto: Imago/imagebroker)
Renovierung

Duft von Rosen und Pasteten

In Mittelfranken öffnet die Cadolzburg ihre Tore für das wissbegierige Publikum - als Erlebnis-Gemäuer, in dem die Gerüche des Mittelalters aufleben. "So wird Geschichte lebendig und interessant", lobt Heimatminister Markus Söder.

Das Mittelalter fühlen, schmecken, hören und riechen sollen Besucher der wieder aufgebauten Cadolzburg in Mittelfranken. Die während des Zweiten Weltkriegs fast vollständig ausgebrannte Hohenzollernburg öffnet am 24. Juni nach Jahrzehnten der Sanierung ihre Pforten als Erlebnisburg. Erstmals in einem bayerischen Museum kommen dabei Duftstoffe zum Einsatz, wie sie auch in englischen und schottischen Burganlagen verwendet werden, um die Gerüche des Mittelalters nachzuahmen. „In der Burgküche ist deutlich mittelalterlicher Bratengeruch zu riechen und der Duft von Pastete“, sagt Kurator Sebastian Karnatz von der Bayerischen Schlösserverwaltung. In Workshops wird die mittelalterliche Kost auch zubereitet.

Klangparcours bis zum Abort

Im Eingangsraum der Burg riecht es nach Rosen. Der Blumenduft sei früher verwendet worden, um schlechte Gerüche auf Burganlagen zu übertünchen. Die Schlösserverwaltung ließ die Düfte von einer Spezialfirma entwickeln. „Es gab mehrere Riechgänge, bis wir den Geruch von Mittelalter gefunden hatten“, schildert Karnatz. Schüler eines Nürnberger Gymnasiums entwarfen für die Ausstellung „HerrschaftsZeiten! Erlebnis Cadolzburg“ einen Klangparcours. Wer den Deckel der alten Burgtoilette öffnet, hört ein lautes Platschen. „Sein Geschäft musste man seinerzeit frei nach unten verrichten. Das menschliche Bedürfnis gehört auch zum Geschichtserlebnis“, sagte Karnatz.

Erstmals in einem deutschen Museum wird es auf der Cadolzburg eine wissenschaftlich begleitete „Virtual-Reality-Experience“ geben. Besucher können mittels einer Datenbrille an einem spätmittelalterlichen Ritterturnier teilnehmen und wählen, ob sie den Kampf aus Sicht eines Reiters oder eines Zuschauers auf der Tribüne erleben wollen. „So wird Geschichte lebendig und interessant, besonders für Familien. Das ist einzigartig in Deutschland“, betont Heimatminister Markus Söder, der die mittelfränkische Erlebnisburg nahe Nürnberg schon eine Woche vor Toresöffnung für den regulären Publikumsbetrieb mit einem Festakt offiziell eröffnet hat.​

Im Wandel der Geschichte

Die Cadolzburg hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Im 15. Jahrhundert war sie eine der wichtigsten Herrschaftssitze des späten Mittelalters. Später diente die Burg als evangelisches Landjugendheim. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde sie als Führerschule der Hitlerjugend genutzt. „Hier wurde tatsächlich der NS-Kader ausgebildet“, betont Karnatz. Auch das wird in einem Ausstellungsbereich thematisiert.

Das ist einzigartig in Deutschland.

Markus Söder, Heimatminister

Bei einem Schusswechsel zwischen deutschen und amerikanischen Soldaten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs geriet das Dach der Burg in Brand. Das Feuer blieb unbemerkt und breitete sich über alle Gebäudeteile aus. Im Jahr 1979 wurde mit dem Wiederaufbau der Außenmauern begonnen. 2013 begannen die Planungen für die Sanierung der Innenräume, wodurch eine museale Nutzung überhaupt erst möglich wurde. Der Freistaat hat bis heute knapp 37 Millionen Euro in die Burg investiert.

(dpa)