Die Flüchtlingskrise könnte den Bund dazu bringen, neue Schulden aufzunehmen. (Bild: Fotolia)
Asylpolitik

Wackelt die schwarze Null?

Bringt die Asylkrise die finanzielle Stabilität der letzten Jahre ins Wanken? Einem Medienbericht zufolge könnte der Bund schon bald gezwungen sein, neue Schulden zu machen, um die Kosten des Flüchtlingsandrangs zu decken. Von bis zu neun Milliarden Euro Zusatzkosten ist die Rede - und sogar diese Zahl könnte zu klein sein, wie man an den Beispielen Schweden und Frankreich sieht.

Wegen der Kosten der Flüchtlingskrise könnte der Bund nach einem Medienbericht gezwungen sein, im kommenden Jahr wieder neue Schulden aufzunehmen.

Ein Puffer von neun Milliarden Euro, um den ausgeglichenen Haushalt auch 2016 zu halten, werde nicht ausreichen- das berichtet zumindest das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

Finanzministerium dementiert

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums wies die Angaben umgehend als „rein spekulativ“ zurück. Dem Spiegel zufolge rechnen Fachleute im Finanzministerium allerdings trotzdem mit Flüchtlingskosten deutlich über zehn Milliarden Euro. Sie halten demnach unter anderem ein milliardenschweres Wohnungsbauprogramm für unausweichlich.

Sind zehn Milliarden zu wenig?

Diese neuesten Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium darf man für optimistisch halten. Das zeigt der Blick nach Schweden, wo die Einwanderungsbehörde eben neue Zahlen und neuen Kostenberechnungen vorgelegt hat. Für dieses Jahr rechnet man in Stockholm jetzt mit der schockierenden Zahl von 190.000 Migranten – Schweden hat knapp 10 Millionen Einwohner. Für 2016 werden noch einmal 170.000 erwartet. Ebenso schockierend sind die Kosten der Bewältigung des Migrantenstroms: Für das nächste Jahr veranschlagt die Einwanderungsbehörde 6,3 Milliarden Euro – bei, wie gesagt, 170.000 erwarteten Migranten. Von 2017 bis 2017 rechnet die Behörde sogar mit jährlichen Kosten von 7,4 Milliarden Euro.

Die schwedischen Zahlen laden zum Vergleich ein. Deutsche Stellen rechnen für 2015 inzwischen mit bis zu 1,5 Millionen Migranten – fast neun Mal so viel wie Schweden im nächsten Jahr erwartet. Wenn man davon ausgeht, dass die Unterbringung und Versorgung der Migranten in Deutschland nicht billiger ist als in Schweden, wird man für Deutschland auch die schwedischen Kosten mit dem Faktor neun multiplizieren müssen: Das macht dann nicht zehn, sondern gut 55 Milliarden Euro – nur in einem Jahr.

Nachdenklich macht auch eine Zahl aus Frankreich, die dieser Tage in allen französischen Zeitungen stand: In den vergangenen zehn Jahren wurden in den französischen Vorstädten, die zum Großteil von Migranten bewohnt werden, 151.000 Wohneinheiten abgerissen, 136.000 neu aufgebaut und 320.000 saniert. Dazu kamen Infrastrukturmaßnahmen und städtebauliche Verschönerungen. Kostenpunkt: 48 Milliarden Euro. Zur Erinnerung: Allein diesem Jahr kommen 1,5 Millionen neue Asylbewerber nach Deutschland, die Wohnraum brauchen, der zum größten Teil erst noch hergestellt werden muss. Und der Strom von Ankommenden reißt nicht ab.

Kommunen: Flüchtlingsintegration kostet drei Milliarden pro Jahr

Die Integration der Flüchtlinge in die Gesellschaft wird nach Schätzungen des Deutschen Städtetags absehbar bis zu drei Milliarden Euro jährlich kosten. Zu dieser Zahl kommen die Kommunen dem neuen Gemeindefinanzbericht zufolge. Der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Stephan Articus, forderte Bund und Länder auf, sich stärker an den Integrationskosten zu beteiligen. Nur so könne die Integration gelingen. Für die Gesamtkosten der Flüchtlingskrise für Länder und Kommunen wurden zwei Szenarien durchgerechnet. Im günstigen Fall sind es (je nach Flüchtlingszahlen) im nächsten Jahr 7 Milliarden Euro – im teuersten Fall bis zu 16 Milliarden Euro.

 

(HM/dos)