Einigkeit und Recht und Freiheit
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow kommt nicht klar mit Einigkeit und Recht und Freiheit. Und will darum Deutschlands Nationalhymne umtexten. Was Ramelow nicht weiß: Das Deutschlandlied ist 1841 gedichtet worden als Lied für die Freiheit.
Deutschlandlied

Einigkeit und Recht und Freiheit

Kommentar Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow kommt nicht klar mit Einigkeit und Recht und Freiheit. Und will darum Deutschlands Nationalhymne umtexten. Was Ramelow nicht weiß: Das Deutschlandlied ist 1841 gedichtet worden als Lied für die Freiheit.

Konrad Adenauer wollte 1952 das Deutschlandlied als Nationalhymne. Er hat damit der jungen Bundesrepublik ein besonders schönes Geschenk gemacht: Eine Hymne mit einer Melodie von Joseph Haydn! Wer sich daran vergreift, der kann nicht bei Verstand sein. Jedenfalls nicht bei musikalischem.

Ramelow will neuen Text

Das immerhin hat Thüringens Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow jetzt halbwegs eingesehen. Denn noch im Jahr 2005 wollte er das Deutschlandlied gleich völlig ersetzen durch die sogenannte Kinderhymne von Bertold Brecht – bewusst als Anti-Deutschland-Lied gedichtet nach einer Melodie des DDR-Hymnenkomponisten Hans Eisler.

Die Melodie will Ramelow den Deutschen jetzt immerhin lassen. Aber mit „Einigkeit und Recht und Freiheit“ kommt er nicht klar. Er müsse dabei immer ausgerechnet an das Nazi-Regime denken. Weil angeblich viele Leute im östlichen Teil der Republik nicht mitsingen, will er jetzt für das Deutschlandlied einen neuen Text finden, mit dem sich „alle identifizieren können“.

Von Fallerslebens Lied für die Freiheit

An Ramelows Argumentation ist alles verquer und alles falsch. Denn mit den Nazis hat das Deutschlandlied gleich gar nichts zu tun. Jedenfalls nicht mehr als etwa Berlin, das die ja auch als Hauptstadt missbrauchten. Die Nazis sangen zwar gerne die erste Strophe, aber Staatshymne war das Deutschlandlied im Dritten Reich nie. Mit Recht und Freiheit hatten die Nazis es ohnehin nicht so. Wie auch die SED, die rechtlichen Vorgänger der Linkspartei.

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben dichtete es 1841 für die Vormärzbewegung. Die wandte sich ab 1830 gegen die monarchische Restauration in Deutschland. Mit „Deutschland über alles …“ dachte von Fallersleben überhaupt nicht an Deutschlands Nachbarländer, sondern an die 34 Fürstentümer und 4 Hansestädte des Deutschen Bundes. Über sie wollte der Vormärz die Nation stellen, mit einem Parlament und einer liberalen Verfassung. Die die Fürsten den Menschen damals eben verweigerten. Staatliche Einheit sollte für die ganze Nation zu Recht und Freiheit führen. So dachte sich das jedenfalls von Fallersleben. Er wurde dafür aus Preußen vertrieben und verlor seine Breslauer Professur.

Kurt Schumacher fand es gut

Kein schlechter historischer Rahmen für die Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland, sollte man meinen. Und kein schlechter Dichter. Jedenfalls kein schlechterer als Bertold Brecht, der 1931 auch einmal ein „Lob der Partei“ dichtete – jener damaligen Partei in Moskau.

Was wohl 1952 auch Konrad Adenauer dazu bewogen hat sich für von Fallerslebens Deutschlandlied und dessen dritte Strophe stark zu machen: „Einigkeit und Recht und Freiheit.“ Der damalige West-Berliner SPD-Oberbürgermeister Ernst Reuter fand das übrigens gut. Ebenso SPD-Chef Kurt Schumacher, dem es an linker Gesinnung gewiss nie mangelte.

Ramelow und das kaiserliche Wien

Was uns zu Bodo Ramelow zurückführt und zu einer amüsanten Beobachtung: Mit seinem Umdichtungsvorschlag befindet sich Thüringens halbkommunistischer Ministerpräsident in bester kaiserlich-österreichischer Tradition. Denn Haydn hatte seine Melodie 1797 auf den Text der Kaiserhymne komponiert: „Gott erhalte Franz den Kaiser.“ Danach ist sie ein gutes Dutzend Mal umgedichtet worden.

Da finden sich bestimmt ein paar Zeilen, die Ramelow zusagen. Vielleicht jene aus einer Version für Kaiser Ferdinand I.:

„Alles wechselt im Getriebe
Viel bewegter Erdenwelt …“

Nur die Nationalhymne bleibt.