Ein überhasteter Ausstieg aus dem Kohlestrom führt zu sozialen Verwerfungen in Deutschland: Braunkohlekraftwerk Niederaussem (NRW). (Foto: imago/ Blickwinkel/ S.Ziese)
Klimaschutz

Sie wollen eine andere Republik

Gastbeitrag Klimaschutz ist derzeit das Deckmäntelchen unter dem die Linken die Menschen nach ihrem Gusto umerziehen wollen. Das ist falsch, betont der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein. Nur freiheitliche und marktwirtschaftliche Ansätze führen zum Ziel.

Es ist ein lange geübter Reflex der politischen Linken, das Bewährte in Frage zu stellen, wann immer sich dazu eine günstige Gelegenheit bietet – um dann die eigenen Vorstellungen einer anderen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung umzusetzen. Dafür bedarf es lediglich eines aktuell passenden Deckmäntelchens – im Moment ist das sicherlich das medial massiv befeuerte Thema Klimaschutz. Und schon steht die Forderung nach einer „sozial-ökologischen Gesellschaftstransformation“. Ich sage es klar: diesem Ansinnen dürfen wir nicht auf den Leim gehen. Denn wenn es auch vordergründig um Klimaschutz gehen mag, steckt dahinter doch nichts anderes als der Entwurf einer anderen Republik.

Es wäre ein historischer Fehler, der Sozialen Marktwirtschaft und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufgrund eines vermeintlichen Primats des Klimaschutzes die Grundlage zu entziehen.

Georg Nüßlein, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

Mein Leitbild ist ein freiheitlicher und marktwirtschaftlich organisierter Klimaschutz, der sozial flankiert ist. Nur ein solcher Ansatz ist kompatibel mit der Sozialen Marktwirtschaft. Und nur ein solcher Weg zum Klimaschutz entspricht auch der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in unserem Land. Es wäre ein historischer Fehler, diesen Prinzipien aufgrund eines vermeintlichen Primats des Klimaschutzes die Grundlage zu entziehen.

Klimaschutz, obrigkeitsstaatlich verordnet?

Der Plan der politischen Linken ist klar, das zeigt der Entwurf des Bundesumweltministeriums für ein „Bundes-Klimaschutzgesetz“ ganz deutlich: Klimaschutz ist dort nichts, was sich auf Märkten und im Wettbewerb, im Ringen um die besten Produkte oder gar um die kosteneffizientesten Lösungen erreichen lässt. Klimaschutz ist für sie vor allem etwas, was durch Regierungsbeschlüsse und an den Schreibtischen der Ministerialbürokratie verordnet wird. Ein solcher Ansatz ist aber von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Zumindest dann, wenn Klimaschutz bezahlbar bleiben und den sozialen Frieden in unserem Land nicht unterminieren soll.

Der politische Entscheidungsspielraum würde gegen null tendieren. Anstatt im Parlament werden die Entscheidungen in Klimaräten getroffen.

Georg Nüßlein

Das „Primat des Klimaschutzes“ ist in dieser Denkweise auch etwas zutiefst Undemokratisches: Der politische Entscheidungsspielraum würde dann gegen null tendieren. Anstatt im Parlament werden die Entscheidungen in „Klimaräten“ getroffen. Maßgeblicher Orientierungspunkt sind nur noch die Emissionen – und sicherlich nicht die möglichen sozialen oder wirtschaftlichen Auswirkungen. Bei Zielverfehlungen wird der Haushalt der einzelnen Ressorts automatisch gekürzt, so zumindest sehen es die Pläne der Bundesumweltministerin vor. Wozu braucht es hier überhaupt noch eine demokratische Legitimation?

Bedrohung für unser Gemeinwesen

Der Ruf nach einer „sozial-ökologischen Gesellschaftstransformation“ ist für mich deshalb weniger Verheißung, sondern vor allem Bedrohung all dessen, wie unser Staat, unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftssystem organisiert sind. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es ist eine ureigene Aufgabe der Politik, auf Herausforderungen zu reagieren und den erforderlichen Wandel aktiv zu gestalten. Dafür bedarf es aber keiner Transformation, keines grundlegenden Wechsels der guten Ordnung von Staat, Steuersystem, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Soziale Marktwirtschaft ist das deutsche Erfolgsmodell. Sie ist Grundlage unseres Wohlstands. Mit ihr ist unser Land auch bei großen Herausforderungen in der Lage, wirtschaftliche Leistungskraft und soziale Ausgleich gleichzeitig herzustellen.

Wir müssen darüber nachdenken, wie wir Klimaschutz wieder vom Kopf auf die Füße stellen und tatsächlich marktwirtschaftlich organisieren.

Georg Nüßlein

Die Herausforderungen beim Klimaschutz sind enorm – aber sie sind sehr wohl zu bewältigen, ohne am „ganz großen Rad“ drehen zu müssen. Zum Beispiel, in dem wir Überfälliges, das ganz ohne „Transformation“ machbar ist, endlich in die Tat umsetzen – wie die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung, die der SPD-Bundesfinanzminister beharrlich blockiert. Und wir können – ganz ohne grundlegende Umformung der Wirtschaftsordnung – ein faires Wettbewerbsfeld für alle Formen der alternativen Kraftstoffe und Antriebe eröffnen, um hier zu den erforderlichen Emissionseinsparungen zu kommen. Und wir müssen darüber nachdenken, wie wir mittelfristig Klimaschutz wieder vom Kopf auf die Füße stellen und tatsächlich marktwirtschaftlich organisieren. Denn dass die Möglichkeiten staatlicher Klima-Feinsteuerung an ihre Grenzen stoßen, zeigen nicht zuletzt die milliardenschweren Folgekosten des staatlich organisierten Ausstiegs aus der Kohleverstromung.

Bürger nicht höher belasten

Wie könnte ein solches marktwirtschaftliches Klimaschutzsystem als Alternative zum jetzigen ordnungsrechtlichen Vorgehen aussehen? Klar zu bevorzugen sind mindestens europäisch greifende Mengensteuerungssysteme wie der Europäische Emissionshandel (ETS), der um weitere Sektoren wie den Verkehr erweitert werden könnte. National denkbar wäre es, die Mineralölsteuer perspektivisch nur auf den fossilen Spritanteil zu beziehen, um alternativen Kraftstoffen Raum zu verschaffen. Ohne synthetische Treibstoffe ist Klimaschutz im Verkehrsbereich nicht vorstellbar, jedenfalls nicht im geforderten Umfang.

Die schlimmste aller möglichen gesellschaftlichen Transformationen durch eine falsche Klimaschutzpolitik wären nämlich neue soziale Verwerfungen durch nicht mehr zu bändigende Kosten eines falschen Klimaschutzdirigismus.

Georg Nüßlein

Egal, welchen Weg man wählt: Entscheidend ist nicht, ob die CO2-Bepreisung – wie von der Bundesumweltministerin gefordert – aufkommensneutral erfolgt. Es kommt darauf an, dass sie belastungsneutral ausgestaltet wird. Ersteres ist nämlich die Sicht des Staates, letzteres die des einzelnen Bürgers, um den es der CSU geht. Wenn man dann noch die Bedingung formuliert, dass mit Blick auf die ländlichen Räume die individuelle Mobilität unbedingt erhalten werden muss, versteht man die Komplexität der Operation – auch oder gerade ohne grün-sozialistischen Transformationsanspruch.

Neue Wege gegen linkes Aussteigertum

Und wir müssen Denkverbote aufgeben: CO2-Kreislaufwirtschaft, Anrechenbarkeit von Projekten im Ausland auf die Klimabilanz, Wasserstoffstrategie unter Einbeziehung der Wüsten – diese Dinge müssen diskutabel sein. Der Gegenseite geht es dagegen nur um die nationale Statistik, Aussteigertum und Volkswirtschaftspläne. Uns wird es ganz im Geist der Sozialen Marktwirtschaft nicht nur um Kosteneffizienz gehen müssen – sondern auch um die sozialen Auswirkungen. Die schlimmste aller möglichen „gesellschaftlichen Transformationen“ durch eine falsche Klimaschutzpolitik wären nämlich neue soziale Verwerfungen durch nicht mehr zu bändigende Kosten eines falschen Klimaschutzdirigismus. Dem gilt es unter allen Umständen einen Riegel vorzuschieben.