Ein wichtiger Gutachter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hält die deutsche Pkw-Maut für rechtens. Ausländische Fahrzeughalter würden nicht diskriminiert, erklärte Generalanwalt Nils Wahl in Luxemburg (Rechtssache C-591/17). Er empfahl den EuGH-Richtern daher, die Klage Österreichs gegen die Pläne der Bundesregierung abzulehnen. Das Gutachten ist allerdings nicht verbindlich, ein Urteil in der Sache dürfte in den kommenden Monaten fallen. Der Gerichtshof folgt den Schlussanträgen der Generalanwälte jedoch in vielen Fällen.
Die Maut ist europarechtskonform.
Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) reagierte erleichtert auf die positive Einschätzung des EU-Generalanwalts. Dieser bestätige klar die Rechtsauffassung, dass es keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gebe, sagte Scheuer am Mittwoch. „Die Maut ist europarechtskonform.“
Die Nutzer bezahlen
Die Einschätzung des Gutachters sei ein nächster wichtiger Schritt, um das Maut-System zum Laufen zu bringen. Die Nutzerfinanzierung durch alle, die die Straßen nutzten, sei richtig und schaffe Gerechtigkeit, so Scheuer.
Die Maut-Maulerei der Österreicher muss jetzt endlich ein Ende haben.
Alexander Dobrindt
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht nach der positiven Einschätzung des EU-Generalanwalts zur Rechtmäßigkeit der Pkw-Maut keinen Anlass mehr für Widerstand aus Österreich. „Die Maut-Maulerei der Österreicher muss jetzt endlich ein Ende haben“, sagte Dobrindt am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Der angestrebte Systemwechsel von der Steuer- zur Nutzerfinanzierung nach dem Prinzip „Wer nutzt, der zahlt, aber keiner zahlt doppelt“ werde vom Generalanwalt voll bestätigt. Dobrindt hatte das Mautmodell als Bundesverkehrsminister durchgesetzt.
Erfreut zeigte sich auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Die anhaltende Kritik einzelner Mitgliedstaaten an der deutschen Maut sei nicht berechtigt. „Unser Maussystem ist gerecht und sinnvoll“, sagte Ferber.
Start im Jahr 2020
Die Pkw-Maut auf deutschen Straßen soll im Oktober 2020 starten. Sie ist ein zentrales Projekt der CSU aus dem Wahlkampf 2013 und soll auf Bundesstraßen und Autobahnen fällig werden. Inländische Autofahrer sollen im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine Senkung der Kfz-Steuer komplett entlastet werden – auch deshalb, weil sie durch ihre Steuern schon für die Infrastruktur bezahlt haben. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Die CSU hat stets argumentiert, die Maut sei ein wichtiger Baustein guter Verkehrspolitik. Durch die Einnahmen ließe sich ein Investitionshochlauf im Verkehrsressort erreichen.
Generalanwalt sieht keine Diskriminierung
In der Klage Österreichs handelt sich um einen der seltenen Fälle, in denen in der Europäischen Union ein Mitgliedstaat gegen einen anderen vorgeht. Die EU-Kommission hatte 2016 nach langem Ringen ihre Bedenken gegen die deutsche Maut fallen gelassen. Österreich zog daraufhin vor Gericht. Das Land wird bei seiner Klage von den Niederlanden unterstützt.
Der Gutachter argumentierte nun, die Klage Österreichs beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis des Begriffs Diskriminierung. Zwar seien Halter inländischer Fahrzeuge hauptsächlich deutsche Staatsbürger, während Fahrer ausländischer Fahrzeuge überwiegend Staatsangehörige eines anderen EU-Staates seien. Letztere seien jedoch niemals verpflichtet, deutsche Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen. Zudem könnten sie sich – im Gegensatz zu deutschen Haltern – für eine günstigere Vignette mit kürzerer Dauer entscheiden und somit weniger zahlen.
Österreich hatte hingegen argumentiert, die sogenannte Infrastrukturabgabe diskriminiere ausländische Fahrer verbotenerweise, weil inländische Autobesitzer über die Kfz-Steuer voll für die Maut entlastet werden.