Durch reine Symbolpolitik verbessert sich für Menschen mit Behinderung nichts. (Foto: S. Saam)
Inklusion

Nennt das Kind beim Namen!

Symbolpolitik und Begriffsbeschönigungen helfen Menschen mit Behinderung nicht. Sie bauen weder die Barrieren in den Köpfen ab, noch sorgen sie für den Abbau baulicher Barrieren, schreibt Benedikt Lika zum Antrag der FDP im Bundestag.

Am 26. April debattierte der Deutsche Bundestag über den Antrag der FDP, den Schwerbehindertenausweis in Teilhabeausweis umzubenennen. Das klingt im ersten Moment zwar ganz nett, zeigt aber bei genauerer Betrachtung, dass der Antrag komplett substanzlos ist. Der FDP geht es lediglich um die symbolische Umbenennung, die solitär gestellt weder für den Abbau von Barrieren in den Köpfen noch für den Abbau baulicher Barrieren sorgt.

„Politisch korrekt“

Der Antrag befeuert lediglich eine vermeintliche „political correctnes“, ich würde eher gar von einer zwanghaften Vermeidung des Wortes (Schwer-)Behinderung sprechen, und hat keinerlei positive Relevanz für gelingende Inklusion. Im Gegenteil! Sprache prägt und zeigt, wessen Geistes Kind eine Gesellschaft ist. Behinderung muss als solche artikuliert werden dürfen, umweltbedingte Einschränkungen müssen offen angesprochen werden und die Gesellschaft muss weiterhin für die Belange von Menschen mit Behinderung sensibilisiert werden – ohne Begriffsbeschönigung. Das gelingt allerdings nicht, wenn ich schon im allgemeinen Sprachgebrauch den Begriff Behinderung vermeide.

Der Antrag macht deutlich, dass von der FDP nicht viel Substanzielles in der Behindertenpolitik zu erwarten ist.

#TeilhabestattAusweis

Schon kurz nach der Debatte im Bundestag gab es aus dem Forum der Menschen mit Behinderung in der CSU heraus erste Überlegungen, wie wir unseren Unmut über diese Scheindebatte zum Ausdruck bringen können. Sabine Saam hatte schließlich die, in meinen Augen klasse Idee, die sozialen Medien zu nutzen und Fotos von sich und dem Ausweis zu verbreiten. Nach einer kurzen digitalen Brainstorming-Runde waren die passenden Hashtags #nichtmeinantrag #teilhabestattausweis und #teilhabestattteilhabeausweis gefunden und die ersten Postings auf Facebook, Twitter und Instagram veröffentlicht.

Ich hoffe, dass die Aktion viral geht, und dass viele bei der Aktion mitmachen. Denn zwei Dinge müssen klar sein. Es geht nichts, ohne uns! Und Symbolpolitik, wie der Antrag der FDP, braucht es in der Inklusion nicht, das gab es zur Genüge. Wir haben dringlichere Aufgaben für ein Gelingen der Inklusion, die im Bundestag – auch oder gerade – nach dem Bundesteilhabegesetz angegangen werden müssen!