Polizisten nehmen im März im niedersächsischen Northeim den mutmaßlichen Salafisten Sascha L. fest. (Foto: Imago/Hubert Jelinek)
Sicherheit

Rechts, links, religiös – radikal

Der Verfassungsschutzbericht 2016 dokumentiert die Zunahme gewaltbereiter Extremisten: auf 12.100 Rechtsradikale, 10.100 Islamisten und 8500 Linksradikale. Hans-Georg Maaßen, Präsident der Behörde, warnt vor weiteren Terroranschlägen in Deutschland.

An den extremen Rändern der Gesellschaft wächst nach Erkenntnissen des Bundesamt für Verfassungsschutz die Zahl der Radikalen. In ihrem Bericht zum Jahr 2016 zählt die Behörde 12.100 gewaltbereite Rechte und 8500 ebenso gewaltbereite Linke – und darüber hinaus 9.700 gefährliche Islamisten. In allen drei Milieus nehmen die Zahlen zu. Noch im Vorjahr hatte der Verfassungsschutz 11.800 Rechtsextreme gezählt (2014: 10.500), 7.700 Linksradikale (2014: 7.600) und 8300 gewaltbereite Salafisten (2014: 7.000).

Salafisten: Weitere Anschläge befürchtet

Mit Bezug auf das islamistische Täter-Potenzial erklärte Verfassungssschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen bei der Vorstellung seines neuen Jahresberichts: „Wir müssen davon ausgehen, dass mit weiteren Anschlägen durch Einzeltäter oder durch Terrorkommandos auch in Deutschland gerechnet werden muss.“ Zuvor schon hatte der Hamburger Verfassungsschutz-Chef, Torsten Voß, vor linksradikalen Ausschreitungen beim bevorstehenden G20-Gipfel in der Hansestadt gewarnt. Doch das Hauptaugenmerk der Sicherheitsbehörden liegt aktuell bei muslimischen Extremistengruppen.

Nach Einschätzung von Maaßen ist Bewegung in die Szene in Deutschland gekommen. Einerseits sei bei gewaltorientierten Gruppierungen wie Milli-Görüs ein Refomrprozess zu beobachten. Dagegen sei bei anderen „ein weiterer Anstieg des zunehmend gewaltorientierten beziehungsweise dschihadistischen Salafismuspotenzials festzustellen“. Mit 680 liege die Zahl der behördlich festgestellten so genannten Gefährder so hoch wie nie zuvor. Noch einmal listet der Verfassungsschutzbericht die fünf großen Terroranschläge von 2016 auf: Von der Messerattacke eines Marokkaners am Hauptbahnhof in Hannover im Februar auf einen Bundespolizisten über den Sprengstoffanschlag auf eine Essener Sikh-Gemeinde im April, den Axt-Angriff eines minderjährigen Flüchtlings in einem Würzburger Regionalzug im Juli und dem Sprengstoff-Anschlag in Ansbach kurz darauf bis hin zu Anis Amris Lastwagen-Todesfahrt auf dem Berliner Christkindlmarkt am Breitscheidplatz.

Wir müssen davon ausgehen, dass mit weiteren Anschlägen durch Einzeltäter oder durch Terrorkommandos auch in Deutschland gerechnet werden muss.

Hans-Georg Maaßen, Präsident Verfassungsschutz

Die Zahl der Delikte aus den politisch extremen Milieus entwickelt sich freilich gegenläufig. So verzeichnete die Behörde 2016 aus dem rechten Spektrum 1.190 Gewalttaten, also rund 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Während linken Extremisten 1.201 Gewalttaten zugerechnet werden, rund 25 Prozent weniger als noch 2015.

Hacker-Angriffe aus Russland erwartet

Darüberhinaus warnt der Verfassungsschutz vor einer Zunahme von Hacker-Angriffen aus Russland und China. Daraus sei deutlich der Versuch abzulesen, „Politik und Bundesverwaltung strategisch auszuspionieren“. Besonders häufig würden das Bundeskanzleramt, Auswärtiges Amt und seine Botschaften weltweit, sowie Finanz- und Wirtschaftsministerium attackiert.

Auch die Bewegung der so genannten „Reichsbürger“, die den deutschen Staat grundsätzlich nicht anerkennen, bereitet dem Amt Sorgen. Ihre Zahl schätzt die Behörde auf circa 10.000 bundesweit. Der Verfassungsschutz fordert, das Polizeibehörden leichter Auskünfte aus dem nationalen Waffenregister erhalten sollten. Denn wie im Fall des Reichsbürgers, der im fränkischen Georgensgmünd einen SEK-Beamten erschossen hatte, seien viele der Radikalen Waffenbesitzer mit bislang offizieller Genehmigung.