Der Landrat von Deggendorf und Präsident des Landkreistages: Christian Bernreiter. (Foto: Imago/Sven Simon)
Flüchtlingskrise

Bayerns Weg hilft den Kommunen

Gastbeitrag Aus dem aktuellen BAYERNKURIER-Magazin: In der Flüchtlingskrise hat Ministerpräsident Horst Seehofer früh die richtigen Schlüsse gezogen. Seine Politik ermöglicht es den Städten und Gemeinden, die Lasten der Zuwanderung zu bewältigen. Eine Bilanz von Christian Bernreiter.

Es ist inzwischen ein festes Ritual der bundesdeutschen Politik. Wenn Bayern sagt, was es will – und das auch entschieden vertritt -, dann geht ein Raunen durch den Rest der Republik. „Schwierige Beziehung“ war noch eine zurückhaltende Bezeichnung für den Umgang zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Horst Seehofer. Der Parteichef wurde medial als Spaltpilz für Deutschlands Politik bezeichnet, die Koalition schon vor dem Aus gewähnt. Heute wissen wir: Horst Seehofer hat Bayerns Interessen Eins zu Eins vertreten – und er hat es mit Erfolg getan. Die Kostenübernahme des Bundes für die Unterbringung der anerkannten Flüchtlinge und die Fünf-Milliarden-Entlastung für die Kommunen sind ein Erfolg für Bayern.

Obergrenze ist nötig

Denken wir zurück: Es ist noch kein ganzes Jahr her, dass die Flüchtlingswelle nach Deutschland ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. Zehntausende am Münchner Bahnhof, jeden Tag Tausende an den grünen Grenzen Bayerns. Wo sonst als im Freistaat Bayern mit seiner soliden Verwaltung, tatkräftig Handelnden in Politik und Gesellschaft und vor allem mit vielen Ehrenamtlichen hätte dieser Ansturm der Flüchtlinge organisatorisch so bewältigt werden können?

Doch bei allem Respekt für die erbrachten Leistungen, die Dimension des Flüchtlingszustroms drohte die Menschen zu überfordern. So war es notwendig und klug, dass der bayerische Ministerpräsident zu einem Zeitpunkt, an dem der Rest des demokratischen Parteienspektrums die Chancen, nicht aber die Risiken der enormen Zuwanderungswelle sah, eine Obergrenze forderte. Damit formulierte Horst Seehofer eine Erkenntnis, die Praktiker in der Kommunalpolitik, im Bildungsbereich und auf dem Arbeitsmarkt klar teilen:

Integration kann nur gelingen, wenn nicht mehr gefordert wird als wir stemmen können. Und wir nehmen uns ohnehin schon viel vor.

Christian Bernreiter, Landrat von Deggendorf

Noch ein 2015, mit noch einmal so vielen Menschen, die zu uns kommen, das geht nicht. Das weiß heute die SPD genauso wie die Bundeskanzlerin. Horst Seehofer zog die richtigen Schlüsse, bevor sich die Anträge beim BAMF in ungeahntem Ausmaß stapelten, bevor der grenzüberschreitende Verkehr massiv eingeschränkt werden musste und bevor wir uns jetzt fieberhaft Konzepte zurechtlegen, wie wir dem Wohnungsproblem Herr werden können.

Bund finanziert die Unterkunft

Inzwischen wurden weitere wichtige Weichen gestellt. Seit Mitte Juni liegt dank der bayerischen Verhandlungsstärke eine Regelung auf dem Tisch, die etwas Druck von den Kommunen nimmt. Die Unterbringungskosten für anerkannte Flüchtlinge, die Hartz IV bekommen, werden für drei Jahre komplett vom Bund übernommen. In diesem Jahr werden 400 Millionen Euro nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt, 2017 sind es bereits 900 Millionen Euro – nach tatsächlichen Kosten. Auf dieser Basis werden 2018 weitere 1,3 Milliarden Euro verteilt. Das ist nur fair. Diejenigen, welche die Kosten tragen, müssen die Erstattung bekommen, und zwar spitz abgerechnet. Der Ministerpräsident hat für die Anliegen der Kommunen in dieser Sache energisch gekämpft. Wäre ihm dieser Verhandlungserfolg nicht gelungen, will ich mir nicht vorstellen, wie die Haushalte der Landkreise, Städte und Gemeinden in einigen Jahren ausgesehen hätten – inklusive dramatischer Folgen für andere Bereiche, wie z.B. Infrastruktur (Straßen, Schulen usw.). Die Regelung, mit der nicht nur die bayerischen Kommunen zufrieden sein können, muss natürlich so weitergeführt werden, sollten auch nach 2018 noch Unterbringungskosten für anerkannte Asylbewerber zu leisten sein.

Gelungen ist auch eine Einigung zur Entlastung der Kommunen im Rahmen der Eingliederungshilfe um fünf Milliarden Euro. Das war dringend notwendig, denn die Kosten für Leistungen an Menschen mit Behinderungen, zum Beispiel in Behindertenwerkstätten, zur Integration in den Arbeitsmarkt oder für die Lebenshilfe, sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Sie werden auch weiter deutlich steigen. In Bayern tragen diese Kosten die Bezirke und damit auch die Landkreise, Städte und Gemeinden. Damit ist Horst Seehofer nach der schrittweisen Übernahme der vollständigen Kosten für die Grundsicherung für Senioren in der vergangenen Legislaturperiode des Bundestages der zweite große Entlastungsschritt für die deutschen Kommunen gelungen.

Bayern ist solidarisch

Schon im Koalitionsvertrag ist diese Entlastung um fünf Milliarden Euro auf Drängen der CSU aufgenommen worden. Daran hat niemand gerüttelt. Strittig war bis zuletzt aber der Weg, wie und wo diese Entlastung bei den Kommunen ankommen sollte. Horst Seehofer hat mit Ausdauer und Hartnäckigkeit eine für Bayerns Kommunen tragfähige Lösung erreicht. Während die SPD und große Städte mit ihrem Vorschlag, die fünf Milliarden Euro als Bundeserstattung für die Kosten der Unterkunft aller Hartz IV – Empfänger zu verteilen, Bayerns Kommunen um lediglich circa. 330 Millionen Euro entlastet hätten, bringt der jetzt gefundene Kompromiss (eine Milliarde Euro Umsatzsteueranteil der Länder, 2,4 Milliarden Euro Umsatzsteueranteil der Gemeinden, 1,6 Milliarden Euro Kosten der Unterkunft) eine Entlastung um circa 645 Millionen Euro. Das ist immer noch weniger als wenn die Kosten der Eingliederungshilfe zum Maßstab genommen worden wären – dann hätten circa 732 Millionen Euro nach Bayern fließen müssen. Aus Gründen der Solidarität mit den Kommunen in den anderen Bundesländern ist das aber vertretbar. Zumal: Bayern und damit Ministerpräsident Horst Seehofer steht bei solchen Verhandlungen meist allein auf weiter Flur. Umso wichtiger ist es, dass diese Dauerbaustelle geschlossen werden konnte.

Mehr Entlastung ist nötig

Wir haben viel, ja Enormes, für Bayern – und damit für unsere Bürgerinnen und Bürger – in den vergangenen Monaten erreicht. Horst Seehofers starke Stimme wird aber auch in Zukunft nötig sein: Schließlich laufen uns die Kosten der Eingliederungshilfe davon – schon 2020 werden die Kommunen wieder draufzahlen. Umso wichtiger ist es, dass die errungenen fünf Milliarden Euro dynamisiert werden. Die Mehrkosten, die durch das neue Bundesteilhabegesetz entstehen, gehen auf die Rechnung des Bundes – das haben uns die Verantwortlichen im Bund zugesagt. Bayern wird sie daran zu erinnern wissen.

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Christian Bernreiter

ist Landrat von Deggendorf und Präsident des Bayerischen Landkreistages. Er verlangt, dass der Bund die Kommunen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise unterstützt.