Furth bei Landshut ist die nachhaltigste Gemeinde Deutschlands. Jede dritte Familie hat Solarstrom. Bild: BK
Energiewende

Damit die Wertschöpfung in der Region bleibt

Erfolgreiche Energiepolitik braucht den langen Atem. Die rund 3500 Einwohner der bald völlig energieautarken Gemeinde Furth bei Landshut wissen das und praktizieren dies schon seit rund 20 Jahren - parteiübergreifend und erfolgreich.

Den Anstoß zu der örtlichen Energiewende hat Mitte der 1990-er Jahre der damalige grüne Bürgermeister Dieter Gewies gegeben. Seitdem bauen Gemeinderat und Bevölkerung ihren Ort gemeinsam ökologisch um – parteiübergreifend. Ihr Ziel ist es, Furth in absehbarer Zukunft vollständig mit erneuerbarer Energie zu versorgen.

„Gegenwärtig“, erklärt Josef Fürst von der CSU-Mehrheitsfraktion im Gemeinderat, „haben wir schon vier Fünftel davon erreicht, und zwar beim Strom wie bei Wärme.“ Die eingängigste Erklärung für diesen Erfolg ist wahrscheinlich die partei- und bürgerübergreifende Übereinstimmung.

Fokus auf Sonne und Biomasse

Seit der Kommunalwahl im März sitzen ausschließlich CSU, Freie Wähler und SPD im Gemeinderat, aber alle gehen den eingeschlagenen Weg weiter. „Wir haben uns von Anfang auf Sonnenenergie und auf Biomasse fokussiert, weil sich erneuerbare Energie aus Wasser und Wind bei uns praktisch nicht gewinnen lassen, sagt Josef Fürst. „Zunächst verstärkt auf die thermische Solarenergie, bald darauf auf Photovoltaik.“

Heute ist es in Furth eher schwierig, ein Privathaus ohne Solarmodule zu finden. Jede dritte Familie betreibt eine Solarstrom-Anlage auf dem Dach. Landwirte, Gewerbetreibende, Banken und Schulen ziehen ebenso mit. Fast alle Betriebe betreiben Holzheizungen. Auf gemeindlichen Gebäuden sind sie zu hundert Prozent installiert. Die Spitzenleistung aller Anlagen zusammen beträgt 5000 Kilowatt, der gesamte Jahresertrag an elektrischer Energie beläuft sich auf 4000 Megawattstunden.

Die zweite große Säule

Wärme und Strom liefert das Hackschnitzelheizwerk, das in Form einer GmbH & Co. KG organisiert ist. Etwa 40 Landwirte, die Waldbauernvereinigung, die Gemeinde und der Landkreis betreiben sie gemeinsam. „Zusammen mit einer kürzlich installierten Holzvergasungsanlage“, ergänzt der neue Bürgermeister Andreas Horsche (FW), „bildet das Hackschnitzelheizwerk die zweite große Säule im Energiekonzept von Furth.“

Seine jährliche Gesamtleistung von etwa 3000 Megawattstunden versorgt die gesamte Ortsmitte mit Wärme: das Rathaus, die Grundschule und das Gymnasium, den Kindergarten und den Hort, das Altenheim, das Haus für Betreutes Wohnen, verschiedene Gewerbebetriebe und Läden und sogar noch rund 40 Wohnungen. Die restliche Energie fließt als Strom ins Netz.

Weil ortsnahes Energieholz allmählich knapp wird, sorgt die Gemeinde vor: Sie bittet Gartenbesitzer, ihre Gehölzschnitte zu Hackschnitzeln verarbeiten zu lassen und hat die gemeindeeigene Hochwasserschutzfläche mit einigen tausend Weiden, Erlen und Eschen bepflanzt.

Energie wird auch eingespart

Doch die günstigste Energie ist diejenige, die erst gar nicht verbraucht wird, sagt Bürgermeister Horsche. „Wir rüsten unsere über 230 öffentlichen Lampen mit LED-Leuchten um. So sparen wir pro Brennstelle rund drei Viertel an Energie. Zusätzlich finanziert die Gemeinde einen Energieberater, der unsere Bürger bei Neubauten oder bei Fragen der Dämmung berät.“

Dieses Miteinander von Gemeinde und Bürgern hat in Furth Tradition. Bis vor wenigen Jahren fand alljährlich ein Solartag statt, an dem Interessierte Vorträge hören und Ausstellungen mit der neuesten Technik besuchen konnten. Hausbesitzer haben ihre Keller und Dächer zugänglich gemacht. Mit einem Wort: Für einen Tag verwandelte sich Furth in ein einziges Energiezentrum.

Wertschöpfung in der Region

Man kann also verstehen, warum zum Beispiel die Solar GmbH, ein Anbieter für Solarstromanlagen, bereits vor 15 Jahren in Furth ansässig geworden ist. Helmut Eich­stetter ist Unternehmer und sitzt ebenfalls für die CSU im Gemeinderat. Wie seine Kollegen steht er hinter der ökologischen Ausrichtung, möchte die Ökonomie aber nicht übersehen. „Jeder Euro, den wir in die hiesige Energieerzeugung stecken, fließt nicht in die Exportländer von Öl und Gas. Die Wertschöpfung bleibt also in der Region.“ Dieses Modell gilt im Kleinen auch für den gemeinedeeigenen Dorfladen. An diesem Nachmittag verkauft Angelika Scheuchl. „Obst, Gemüse, Honig, Senf, Käse, alle frischen Waren, die Sie hier sehen, stammen aus der näheren Umgebung.“

Furth ist längst über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt, über 30000 Interessierte haben den Ort schon besucht, um sich über die energetisch autochthone Gemeinde zu informieren. Ende November stand die Gemeinde zum dritten Mal in der Kategorie Gemeinden und Kleinstädte im Wettbewerb um den deutschen Nachhaltigkeitspreis. Furth wurde dabei als „Deutschlands nachhaltigste Gemeinde“ ausgezeichnet.

Jetzt kehrt Bürgermeister Andreas Horsche nach einem dritten und zweiten Platz als Sieger von Düsseldorf nach Niederbayern zurück. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass dieser Besucherstrom mit Sicherheit noch zunehmen wird.