Um kurz nach zehn Uhr Ortszeit erschütterte eine Explosion die Altstadt. Foto: imago/ZUMA Press
Selbstmordanschlag

Deutsche Opfer nach Anschlag in Istanbul

Bei einem Selbstmordanschlag in der Nähe der weltberühmten Hagia Sophia im Istanbuler Altstadtviertel Sultanahmet sind mindestens zehn Menschen getötet und weitere 15 verletzt worden. Nach Angaben eines Regierungsvertreters seien viele Deutsche unter den Toten. Der Platz in der Altstadt ist vor allem bei Touristen bliebt.

Zehn Tote und 15 Verletzte hat es am Montag bei einem Anschlag in Istanbul gegeben. Gegen 10.15 Uhr Ortszeit (9.15 MEZ) war vom Platz zwischen der Hagia Sophia und der Blauen Moschee eine starke Explosion zu hören. Unter den Opfern sind nach Angaben aus der Türkei auch acht Deutsche. Weitere neun Deutsche sind unter den 15 Verletzten. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan machte ein bisschen zu schnell einen „Selbstmordattentäter syrischer Herkunft“ für die Tat verantwortlich. Der 1988 geborene Angreifer sprengte sich offenbar mitten in einer deutschen Reisegruppe in die Luft. Insgesamt zählte die Gruppe laut dem Reisebüro 33 Menschen. Dies spricht dafür, dass dies nun der befürchtete Anschlag auf Deutschland war, wenn auch nicht auf deutschem Territorium. Deutsche sind die größte Urlaubergruppe in der Türkei.

Die Terroristen sind Feinde aller freien Menschen.

Angela Merkel

Nach dem Terroranschlag mit acht deutschen Todesopfern in Istanbul reist Bundesinnenminister Thomas de Maizière an diesem Mittwoch in die Türkei. Der Minister wolle in Istanbul seinen türkischen Amtskollegen treffen und sich ein Bild von der Lage machen, sagt eine Ministeriumssprecherin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Anschlag als „mörderischen Akt“: „Die Terroristen sind Feinde aller freien Menschen, ja, sie sind Feinde aller Menschlichkeit“, sagte sie am Dienstagabend in Berlin. Die Kanzlerin betonte: „Genau diese Freiheit und unsere Entschlossenheit, gemeinsam mit unseren internationalen Partnern, gegen diese Terroristen vorzugehen, werden sich aber durchsetzen.“

Attentäter möglicherweise aus den Reihen des IS

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sowie Erdogan sprachen Merkel ihr Beileid und Bedauern aus.

Die Zeitung „Hürriyet“ berichtete, unter den Verletzten seien neun Deutsche. Sie würden in insgesamt vier Krankenhäusern behandelt. Zwei weitere Verletzte stammten aus Peru. Nach der Explosion empfahl das Auswärtige Amt deutschen Urlaubern „dringend“, alle Menschenansammlungen in Istanbul zu meiden. Erdogan machte keine spezifische Terrorgruppe für die Tat verantwortlich. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. Ein Angreifer aus Syrien könnte aber auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als Urheber hindeuten.

Deutschland im Fadenkreuz des Terrorismus

Europaministerin Beate Merk, die am Dienstag in die Türkei reist, verurteilt den Terroranschlag in Istanbul und fordert weiter ein entschlossenes Vorgehen gegen jegliche Art von Terrorismus: „Dieser Terrorakt hat zum Ziel, die Türkei zu destabilisieren und die Bevölkerung zu verunsichern. Gleichzeitig richtet er sich gegen die gesamte westliche Welt, da der Anschlagsort an einem beliebten Touristenziel bewusst gewählt wurde und zahlreiche Ausländer zu den Opfern und Verletzten zählen.“

Weiter sagte die Ministerin:

Dass auch Deutsche betroffen sind, macht einmal mehr deutlich, dass auch Deutschland im Fadenkreuz des Terrorismus ist. Wir brauchen weiter ein entschlossenes Vorgehen gegen jegliche Art von Terrorismus im engen internationalen Schulterschluss. Das werde ich auch bei meinen Gesprächen morgen in Ankara deutlich machen. Meine Gedanken sind heute bei den Opfern. Den Angehörigen spreche ich mein tiefes Mitgefühl aus.

Beate Merk, Europaministerin

Regierung verhängt Nachrichtensperre

Zu der Detonation kam es in der Umgebung der Hagia Sophia und der Blauen Moschee. Die beiden weltberühmten Gebäude gehören zu den beliebtesten Touristenattraktionen der Türkei. Nach dem Anschlag verhängte die Regierung eine Nachrichtensperre. Zur Begründung teilte die Medienaufsicht RTÜK mit, ein solcher Schritt sei laut Gesetz möglich, wenn er der „nationalen Sicherheit“ diene.

Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hat als Reaktion ein Dringlichkeitstreffen mit dem türkischen Innenminister und den Chefs der Sicherheitsbehörden einberufen.

Eine Reporterin der Nachrichtenagentur dpa wurde von Polizisten daran gehindert, in der Umgebung des Anschlagsortes Fotos zu machen. Sie berichtete vor Ort von zahlreichen Polizisten sowie Rettungskräften. Auch Bombenentschärfer seien im Einsatz, sagte sie. Der IS hat im abgelaufenen Jahr mehrere Anschläge in der Türkei verübt, sich dabei aber vornehmlich auf kurdische Ziele konzentriert. Touristen waren allerdings bislang kein Anschlagsziel des IS.

Augenzeugen sahen „Feuerball“ aufsteigen

Im Südosten des Landes läuft außerdem eine Offensive der türkischen Streitkräfte gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die damit gedroht hat, den Konflikt auch in den Westen der Türkei zu tragen. Die PKK greift aber in der Regel staatliche Einrichtungen an und ist bemüht, ihr Verhältnis zu westlichen Ländern zu verbessern.

Eine Reporterin von CNN Türk berichtete von schockierten Touristen, die nach der Explosion auf dem Pflaster gesessen hätten. Augenzeugen hätten gesagt, sie hätten einen Feuerball aufsteigen gesehen. Zu der Detonation sei es an dem ägyptischen Obelisken gekommen, der in der Nähe der Hagia Sophia, der Blauen Moschee und des Deutschen Brunnens steht. Die Explosion war noch in einigen Kilometern Entfernung zu hören.

Quelle: dpa