Glaubenskonflikt: Es herrscht Krieg in Syrien und im Irak. (Foto: Fotolia)
Papst Franziskus

Warnung vor dem Dritten Weltkrieg

In Sarajevo spricht Papst Franziskus über Krieg und Frieden. "Es ist eine Art Dritter Weltkrieg, der geführt wird", sagt er mit Blick auf aktuelle Konflikte. Und glaubt, dass diese geschürt werden. Schon vor einem Jahr hatte das katholische Kirchenoberhaupt davon gesprochen, dass sich die Welt bereits in einem Dritten Weltkrieg befinde.

Papst Franziskus sieht angesichts vieler bewaffneter Konflikte eine Art neuen Weltkrieg heraufziehen. Bei einem Besuch in Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina, rief das Oberhaupt der katholischen Kirche zugleich zur Versöhnung der Religionen auf. Sarajevo war vor 20 Jahren Schauplatz eines Krieges zwischen hauptsächlich muslimischen Bosniern, orthodoxen Serben und katholischen Kroaten.

Mit Blick auf die aktuellen Konflikte sagte der Papst: „Es ist eine Art dritter Weltkrieg, der stückweise geführt wird, und im Bereich der globalen Kommunikation nimmt man ein Klima des Krieges wahr.“ Einige Menschen wollten dieses Klima absichtlich schüren und suchten den Zusammenstoß verschiedener Kulturen, fügte der 78-Jährige bei einer Messe vor etwa 65.000 Menschen im Olympiastadion von Sarajevo hinzu. Andere würden mit Kriegen spekulieren, um Waffen zu verkaufen.

Krieg bedeute zerstörte Häuser, zerbrochene Leben, sagte der Papst bei der Messe im Olympiastadion. „Ihr kennt das zu gut, weil Ihr es gerade hier erlebt habt … Heute erhebt sich noch einmal aus dieser Stadt der Schrei des Volkes Gottes und aller Männer und Frauen guten Willens: nie wieder Krieg!“

Den Begriff „dritter Weltkrieg“ hat der Papst schon mehrmals benutzt. In einer Predigt bei der Gedenkfeier zum hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs am 13. September 2014 hatte er bereits davon gesprochen, dass die Welt sich möglicherweise bereits in einem Dritten Weltkrieg befinde. Damals attackierte er die „Geschäftemacher des Krieges“ und sagte, Krieg sei „Wahnsinn“.

Franziskus‘ Anti-Kriegs-Predigt im Wortlaut

Diese wohl wichtigste Antikriegspredigt lautet in der offiziellen Übersetzung des Vatikans:

Nachdem ich die Schönheit der Landschaft dieser ganzen Gegend betrachtet habe, wo Männer und Frauen arbeiten und so ihre Familie voranbringen, wo die Kinder spielen und die Alten träumen…, kann ich nun hier an diesem Ort nur sagen: Der Krieg ist ein Wahnsinn.

Während Gott seine Schöpfung weiterführt und wir Menschen berufen sind, an seinem Werk mitzuarbeiten, schafft der Krieg Zerstörung. Er zerstört auch das Schönste, was Gott erschaffen hat: den Menschen. Der Krieg bringt alles in tiefste Verwirrung, auch die Bande unter Brüdern. Der Krieg ist wahnsinnig, sein Entwicklungsplan ist die Zerstörung: der Wille, sich zu entwickeln durch die Zerstörung!

Habgier, Intoleranz, Machstreben – das sind Motive, welche die Kriegsentscheidung vorantreiben, und diese Motive werden häufig durch eine Ideologie gerechtfertigt; zuerst aber ist da die Leidenschaft, der verkehrte Antrieb. Die Ideologie ist eine Rechtfertigung, und wenn keine Ideologie vorhanden ist, dann gibt es die Antwort des Kain: „Was geht mich das an?“, »Bin ich der Hüter meines Bruders?« (Gen 4,9). Der Krieg schaut niemandem ins Gesicht: Alte, Kinder, Mütter, Väter… „Was geht mich das an?“

Über dem Eingang dieses Friedhofs schwebt das höhnische Motto des Krieges: „Was geht mich das an?“ Alle diese Menschen, deren Gebeine hier ruhen, hatten ihre Pläne, ihre Träume…, doch Ihr Leben ist zerschlagen worden. Die Menschheit hat gesagt: „Was geht mich das an?“

Auch heute, nach dem zweiten Scheitern eines weiteren Weltkriegs kann man vielleicht von einem dritten Krieg reden, der „in Abschnitten“ ausgefochten wird, mit Verbrechen, Massakern, Zerstörungen…

Papst Franziskus am 13. September 2014

 

Hier ( in der Militärischen Gedenkstätte Redipuglia, in der Franziskus des Ersten Weltkriegs gedachte, Anm. d. Verf.) gibt es viele Opfer. Heute gedenken wir ihrer. Unter Tränen und voller Schmerz. Und von hier aus gedenken wir aller Opfer aller Kriege.

Auch heute gibt es viele Opfer… Wie ist das nur möglich? Es ist möglich, weil es auch heute hinter den Kulissen Interessen, geopolitische Pläne, Geldgier und Machthunger gibt, und es gibt die Waffenindustrie, die anscheinend so wichtig ist!

Und diese Terrorplaner, diese Organisatoren der Konfrontation wie auch die Waffenhändler haben in ihr Herz geschrieben: „Was geht mich das an?“

Den Weisen ist es eigen, ihre Fehler einzugestehen, sich über sie zu grämen, sie zu bereuen, um Verzeihung zu bitten und zu weinen.

Mit jenem „Was geht mich das an?„, das die Geschäftemacher des Krieges im Herzen haben, verdienen sie vielleicht viel, aber ihr verdorbenes Herz hat die Fähigkeit zu weinen verloren. Jenes „Was geht mich das an?“ verhindert das Weinen. Kain hat nicht geweint. Der Schatten Kains liegt heute über uns, hier auf diesem Friedhof. Hier ist er zu sehen. Er ist sichtbar in der Geschichte, die von 1914 bis in unsere Tage reicht. Und er ist sichtbar auch in unseren Tagen.

Mit dem Herzen eines Sohnes, eines Bruders, eines Vaters erbitte ich von euch allen und für uns alle die Umkehr des Herzens: von jenem „Was geht mich das an?“ überzugehen zum Weinen – um all die Gefallenen des „unnötigen Blutbads“, um alle Opfer des Kriegswahnsinns zu allen Zeiten. Die Menschheit hat es nötig zu weinen, und dies ist die Stunde der Tränen.