Immer mehr Kinder in Bayern sind gegen Masern geimpft. (Foto: Picture Alliance/Julian Stratenschulte)
Gesundheit

Impfquote bei Masern steigt

Immer mehr Kinder in Bayern sind gegen Masern geimpft. Bei einer Expertenanhörung im Bayerischen Landtag äußerten sich Experten gegenüber einer Impfpflicht kritisch. Sie setzen stattdessen auf mehr Aufklärung und gezielte Beratung.

Eine Impfung gegen Masern ist nach Ansicht von Experten sinnvoll und wichtig, eine allgemeine Impfpflicht wird dagegen kritisch gesehen. Das ist das Fazit einer Anhörung am Dienstag im Gesundheitsausschuss des bayerischen Landtags.

Impfpflicht als „letztmögliche Intervention“

Vor allem durch Aufklärung und gezielte Impfberatung könne viel erreicht werden, hieß es übereinstimmend. „Es ist mehr Impfberatung nötig, und die sollten wir auch ausreizen“, forderte Christian Bogdan, der Direktor des Mikrobiologischen Instituts vom Universitätsklinikum Erlangen. Eine allgemeine Impfpflicht bezeichnete beispielsweise Linda Senftenberg von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität aber als „letztmögliche Intervention“, wenn alle anderen Maßnahmen nicht erfolgreich seien.

Wir werden auch künftig nicht nachlassen, die Bevölkerung intensiv über Schutzimpfungen zu informieren.

Melanie Huml, bayerische Gesundheitsministerin

Eine Einführung der Impfpflicht könne außerdem den Widerstand in der Bevölkerung gegenüber Impfungen unnötigerweise erhöhen, warnte Cornelia Betsch von der Universität Erfurt. Denn: Der häufigste Grund, dass Menschen sich nicht impfen lassen, sei der, dass sie es einfach vergessen. Vor allem persönliche Lebensumstände wie etwa Umzüge oder Stress im Alltag könnten dazu führen, dass Impfungen nicht durchgeführt werden. Eine Erinnerung durch den Hausarzt oder durch die Krankenkasse könnte laut Mediziner in diesem Fall zu einer höheren Impfquote führen.

Immer mehr Kinder geimpft

Insgesamt sei man auf einem guten Weg, betonten die anwesenden Mediziner. Laut aktuellen Zahlen des bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat sich die Impfquoten in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert. Lagen sie 2014/15 bei Einschulkindern für die erste Masernimpfung bei 95,8 Prozent, waren es 2017/18 bereits 96,7 Prozent. Bei der zweiten Impfung stieg die Quote im selben Zeitraum von 91,2 Prozent auf 92,3 Prozent.

Ab einer Impfquote von 95 Prozent kann laut Experten davon ausgegangen werden, dass ein Gemeinschaftsschutz besteht und die Krankheit eliminiert werden kann. Viele ältere Menschen und chronisch Kranke hätten ein sehr schwaches Immunsystem und seien daher auf einen solchen „Herdenschutz“ angewiesen, erklärten die Mediziner.

Impfpass überprüfen lassen

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml wirbt weiter für die Impfungen. „Aktuelles WHO-Ziel für eine Masernelimination ist die 95-Prozent-Marke“, sagt Huml mit Blick auf die zweite Masernimpfung, die dieses Ziel noch knapp verfehlt. „Deshalb werden wir auch künftig nicht nachlassen, die Bevölkerung intensiv über Schutzimpfungen zu informieren.“

Huml rät auch Erwachsenen, ihren Impfschutz kontrollieren zu lassen. Es gebe bei jungen Erwachsenen große Impflücken in der baye­rischen Bevölkerung, so die Ministerin. Bei rund 53 Prozent der gemeldeten Masernfälle in den Jahren 2010 bis 2018 waren die Patienten 15 bis 45 Jahre alt. Alle nach 1970 geborenen Erwachsenen sollten ihren Impfausweis überprüfen lassen. „Denn nur wer in der Kindheit zweimal oder im Erwachsenenalter einmal gegen Masern geimpft ist, besitzt einen vollständigen Schutz“, so Huml.

Berlin plant weitgehende Impfpflicht

In Berlin läuft aktuell ein Gesetzgebungsverfahren, das zwar keine allgemeine, aber ein relativ weitgehende Impfpflicht vorsieht: Demnach sollen Eltern ab März 2020 vor der Aufnahme ihrer Kinder in eine Kita oder Schule nachweisen müssen, dass diese geimpft sind. Die Impfpflicht soll auch für Tagesmütter und für das Personal in Kitas, Schulen, in der Medizin und in Gemeinschaftseinrichtungen wie Flüchtlingsunterkünften gelten. Die Länder fordern allerdings Änderungen.

Freiwilligkeit ist besser als Zwang.

Bernhard Seidenath

„Die Anhörung hat gezeigt: Eine Impfpflicht ist nicht der richtige Weg! Die vom Bundesgesetzgeber geplante Impfnachweispflicht hat dagegen durchaus Sympathien erhalten“, erklärte auch Bernhard Seidenath, der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Fraktion. „Alle waren sich dagegen einig: Durch Aufklärung und individualisierte Impfberatung können wir am meisten erreichen.“ Seidenath weiter: „Freiwilligkeit ist besser als Zwang. Eine Impfpflicht würde die zweifelnden Menschen nur weiter abschrecken.“ Die CSU-Fraktion wolle ein Modellprojekt für eine Impfberatung in Apotheken auf den Weg bringen und die Chancen der Digitalisierung besser nutzen. „Unabhängig von der Frage Impfpflicht: Impfen ist die beste Präventionsmaßnahme. Deshalb muss es uns gelingen, die Menschen davon besser zu überzeugen.“

(dpa/BK)