Droht hier das erste bayerische Fahrverbot? Autos auf der chronisch verschmutzten Landshuter Allee am Mittleren Ring in München. (Foto: Imago/Sven Simon)
Fahrverbote

Glaubwürdigkeit nachrüsten

Verkehrsminister Andreas Scheuer fordert von den Autoherstellern eine neues Update: Sie sollen verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Deutsche Kommunen sollen helfen, indem sie digitale Systeme zukaufen, die der Bund mit Millionen bezuschusst.

Angesichts nahender Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten im neuen Jahr fordert Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer mehr Anstrengungen von den Autoherstellern. „2019 muss nicht nur die Diskussion um die Hardware-Nachrüstungen zum Ergebnis führen, sondern es muss auch das Jahr der Vertrauens-Nachrüstung für die deutschen Hersteller sein“, sagte der Minister. Die Autobauer sollten selbstkritisch nachdenken, was sie verbessern könnten. Sie müssten Vertrauen und Image bei den Kunden zurückgewinnen.

Die deutschen Hersteller haben verdammt viel gutzumachen.

Andreas Scheuer, Verkehrsminister

Scheuer nahm auch die Kommunen in die Pflicht. Gerichte haben für mehrere Großstädte Fahrverbote angeordnet, weil Schadstoff-Grenzwerte bei den Stickoxiden nicht eingehalten werden. Als Hauptursache dafür gelten Diesel-Abgase.

Fahrverbote treten in Kraft

In Stuttgart sind Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 4 oder schlechter vom 1. Januar 2019 an aus dem gesamten Stadtgebiet verbannt, Autos mit örtlichen Kennzeichen vom 1. April an. Für Berlin hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass von Sommer 2019 an mindestens elf Abschnitte stark befahrener Straßen für Diesel mit den Normen bis Euro 5 zu sperren sind. Für Essen ordnete ein Gericht vom 1. Juli an eine Fahrverbotszone an, zu der erstmals auch eine stark befahrene Autobahn, die A44, gehört.

Scheuer glaubt, Einschränkungen auf innerstädtischen Verkehrswegen seien zu vermeiden. „Wir sind gegen Fahrverbote und bieten Förderungen, Hilfen und Unterstützung für die betroffenen Kommunen an“, sagte er. „Dieses Thema ist für die Zukunftsfähigkeit der urbanen Mobilität existenziell, weil durch diese Diskussion so viel Druck aufgekommen ist.“ Er erwarte von den Kommunen, dass die Maßnahmen 2019 umgesetzt und neue, digitale Systeme beschafft würden.

Die Systeme für bessere Mobilität und saubere Luft müssen jetzt zum Fliegen kommen.

Andreas Scheuer

Die Autohersteller hatten die Umrüstung von Millionen Diesel-Autos mit neuer Abgas-Software versprochen. Bis Jahresende sollen eigentlich 5,3 Millionen Wagen damit für den Kampf gegen Fahrverbote nachgebessert werden – nach Angaben von Mitte Dezember sind aber bisher nur 3,75 Millionen Fahrzeuge fertig umgerüstet, wie das Verkehrsministerium mitteilt. „Ich bin verärgert, dass man etwas zugesagt hat, was man nicht eingehalten hat“, sagte Scheuer. „In der Politik würde man sagen: Versprechen gebrochen. Das führt nicht zu einem Vertrauenszugewinn.“ Sein Ministerium habe früh genug angefangen, Fristen zu setzen.

„Die Hersteller hängen mit genehmigungsfähigen Anträgen und der Umsetzung hinterher“, so Scheuer. „Sie müssen zum Teil zu ihren Anträgen noch technische Unterlagen liefern. Die Zusagen für die Gesamtzahl der 6,3 Millionen Fahrzeuge müssen sie nun möglichst schnell einhalten. Ansonsten verspielen sie erneut Vertrauen.“ Der Branchenverband VDA hatte auf erheblichen Aufwand verwiesen.

Bessere Prämien

Regierung und Autobranche setzen auf Software-Updates als ein zentrales Instrument, um den Schadstoff-Ausstoß in Städten relativ schnell zu senken. Zu einem Maßnahmen-Paket gehören auch Hardware-Nachrüstungen bei Pkw. Es sind aber noch verschiedene Vorarbeiten nötig, bis diese umgesetzt werden. Dies kann noch Monate dauern. Auch sind nicht bei allen Modellen Nachrüstungen technisch machbar. Um die Finanzierung der Umbauten am Motor hatte es ein langes Ringen gegeben. BMW ist nach wie vor gegen die Nachrüstungen.

Zum Maßnahmen-Paket für eine bessere Luft zählen auch höhere Kaufanreize der Hersteller. Sie wollen mit sogenannten Umtauschprämien erreichen, dass Kunden ihren alten Diesel gegen einen neuen in Zahlung geben. In der Politik und der Branche gibt es große Zweifel, ob diese Prämien wirklich wirken.

(dpa/BK)