Will Europa neu beleben: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: Imago/ZUMA press)
Inland

„Dinge, die Europa besser lösen kann“

Gegen die verbreitete Europa-Skepsis will Finanzminister Wolfgang Schäuble nach dem Brexit-Votum frische Initiativen setzen: Gemeinsame Rüstungsprojekte der Europäer, bessere Flüchtlingspolitik und den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit im Süden den Kontinents. Notfalls müssten junge Europäer, die in ihrer Heimat keinen Ausbildungsplatz finden, nach Deutschland kommen.

Eine Neuorientierung Europas hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gefordert. Nach dem Brexit-Votum auf der britischen Insel nimmt er „eine tiefe Skepsis vieler Menschen überall in Europa“ wahr. Diese Vorbehalte müsse die Politik ernst nehmen, sagte Schäuble in eine Interview der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Den Austritt Großbritanniens will er „als Warnruf, als Weckruf“ annehmen. „Wir müssen den Menschen besser erklären, dass wir natürlich an den nationalen Bindungen festhalten. Aber dass es eben Dinge gibt, die nur Europa besser lösen kann.“

Als Beispiele nannte er die Flüchtlingsprobleme oder die Lösung der Jugendarbeitslosigkeit speziell im Süden des Kontinents. „Die Probleme des Migrationsdrucks aus dem Nahen und Mittleren Osten und aus Afrika kann kein europäisches Land alleine lösen“, erklärte Schäuble. Und gestand dabei auch Schwierigkeiten ein, mit allen EU-Partnern eine gemeinsame Lösung zu finden und Flüchtlinge gleichmäßig über den gesamte Europäische Union zu verteilen: „Der Lissabon-Vertrag ist manchmal schwerfällig.“ Weil er bei wichtigen Entscheidungen die Einstimmigkeit aller EU-Länder erfordere.

Neue Initiativen für ein gemeinsames Europa

Mit neuen Rüstungskooperationen will er dabei ein Zeichen setzen. Gemeinsam Waffensysteme bauen, zusammen den Frieden sichern – angesichts der Probleme in der Ukraine und der Bedrohung durch islamistischen Terror sei hier verstärkte Zusammenarbeit europäischer Länder wichtig. Gerade weil einige mit klammen Kassen, Rüstungsprojekte für sich alleine nur schwer finanzieren könnten. Und wenn der Lissabon-Vertrag mit dem Einstimmigkeits-Prinzip Grenzen schaffe – „dann lass uns mit ein paar Ländern anfangen“, sagte Schäuble. „Wenn der Langsamste das Tempo bestimmt, dann müssen einige vorangehen.“

Wenn Europa sich als Friedensprojekt versteht, muss es auch den Frieden der Europäer schützen.

Wolfgang Schäuble, Finanzminister

Ähnliche Initiativen zum europäischen Gemeinwohl sieht der Finanzminister im Bereich Jugendarbeitslosigkeit. Wenn junge Menschen aus den südlichen Ländern zu Hause keine Ausbildung bekommen, so lädt Schäuble sie ausdrücklich nach Deutschland ein. „Wir machen in Europa große Ankündigungen. Aber wir schaffen es nicht, ein paar Zehntausend aus Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit auszubilden.“