Ein Auto aus dem 3D-Drucker: Neue Technologien verändern die Industrie rasant. (Foto: Imago/LA DailyNews/ZumaPress)
Wirtschaft

Überholspur in die Zukunft

Gastbeitrag Aus dem BAYERNKURIER-Magazin: Robotik, Automatisierung, künstliche Intelligenz, Big Data - nur wenn der Industriestandort Deutschland seine Innovationskraft behält, kann er im weltweiten Wettbewerb bestehen, schreibt der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Stefinger.

Innovationen, die Umsetzung von Neuerungen für Wirtschaft und Gesellschaft, sind eine zentrale Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherung von Wohlstand und Wachstum. Das gilt in besonderem Maße für eine hochentwickelte Industrienation wie die Bundesrepublik Deutschland. An der Spitze der Innovationstreiber stehen die digitalen Technologien, die eine gewaltige Dynamik entfalten. Internet der Dinge/Industrie 4.0 (siehe Bayernkurier 1/2016), Robotik, Automatisierung, künstliche Intelligenz, Big Data, gepaart mit neuen Hightech-Feldern wie Nano-, Bio- und Quantentechnologie, Bionik oder Additive Fertigung eröffnen nie dagewesene Möglichkeiten für den Standort Deutschland.

Innovationsspitzenreiter Deutschland

Dass Deutschland dank der unionsgeführten Bundesregierung auf dem richtigen Kurs ist, belegen die maßgeblichen Innovationsindikatoren. So befinden sich die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) auf einem historischen Hoch. Nie zuvor haben Staat und Wirtschaft hierzulande so viel in FuE investiert: Gemäß dem aktuellen Bundesbericht Forschung und Innovation waren es im Jahr 2014 rund 83 Milliarden Euro. Zwei Drittel davon entfielen auf die Wirtschaft (57 Mrd. Euro). Der Anteil der FuE-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt ist auf 2,88 Prozent (2015) gestiegen und liegt damit sehr nahe am Drei-Prozent-Ziel, das die Europäische Union (EU) in ihrer Wachstumsstrategie Europa 2020 (2010) angepeilt hat. Der Freistaat Bayern liegt mit 3,56 Prozent deutlich darüber!

Im World Competitiveness Index des Weltwirtschaftsforums, der die Wettbewerbsfähigkeit von rund 140 Ländern vergleicht, belegt Deutschland aktuell Rang vier.

Auch im internationalen Vergleich schneidet Deutschland hervorragend ab: Der Innovationsindikator 2015 von BDI und acatech listet Deutschland auf Platz fünf, hinter der Schweiz, Singapur, Finnland und Belgien. Im World Competitiveness Index des Weltwirtschaftsforums, der die Wettbewerbsfähigkeit von rund 140 Ländern vergleicht, belegt Deutschland aktuell Rang vier. Ähnlich positiv ist die Bilanz, blickt man auf die Anzahl der weltweit zitierten Forschungspublikationen und Patentanmeldungen oder auf den Anteil Deutschlands am weltweiten Export von forschungsintensiven Gütern. Diese geballte Innovationskraft hat auch positive Effekte auf den Arbeitsmarkt: Mittlerweile sind in Deutschland über 600.000 Menschen im FuE-Bereich beschäftigt, das ist ein neuer Rekordwert.

Der Bund fördert Forschung

Die Grundlage für erfolgreiche FuE-Aktivitäten sind ausreichende Investitionsmittel. Hier haben wir die Weichen richtig gestellt. Unter der unionsgeführte Bundesregierung wurden die Ausgaben für Bildung und Forschung des Bundes mehr als verdoppelt: von 7,6 Milliarden Euro (2005) auf 16,4 Milliarden Euro (2016). Im kommenden Haushaltsjahr wird es nochmals einen Aufwuchs von ca. 1,2 Milliarden Euro auf insgesamt 17,6 Mrd. Euro geben. Das zeigt: Der Etat für Bildung und Forschung genießt bei uns eine hohe Priorität. Wir investieren massiv in die Zukunft! Wir haben aber nicht nur erheblich mehr Geld bereitgestellt, sondern das Geld wurde und wird an den richtigen Stellen verwendet. So haben wir zentrale Zukunftsfelder wie Digitalisierung, Energie, Mobilität, Umwelt, Gesundheit und neue Schlüsseltechnologien gestärkt und mit einer Vielzahl an Programmen wichtige Impulse gesetzt. Jüngstes Beispiel ist der vom Bundeskabinett beschlossene neue Aktionsplan Nanotechnologie 2020, mit dem wir die immensen Potenziale dieser Technologie – auch im medizinischen Bereich –, ausschöpfen wollen.

Unser Wissenschafts- und Bildungssystem ist leistungsfähiger als je zuvor. Einen gewichtigen Anteil daran hat der von Bund und Ländern initiierte Pakt für Forschung und Innovation III (2016-2020), der den großen außeruniversitären Forschungsorganisationen finanzielle Planungssicherheit verschafft. Sie stehen für absolute Spitzenforschung und verfügen über eine hohe internationale Strahlkraft.

Der Wettbewerbsdruck im Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung steigt enorm. Innovationen verbreiten sich rasant, Innovationszyklen werden kürzer, disruptive Technologien können zum „game changer“ werden. Nicht nur die großen Industrienationen drängen weiter nach vorne. Schwellenländer holen auf und werden ernstzunehmende Größen. Und auch kleine Länder sind in Sachen Innovation ganz groß. Das bedeutet für Deutschland: Das Fundament unseres Wohlstandes, die „klassischen“ Industriesparten, darunter die Automobilindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau, die Chemie- und Pharmaindustrie oder die Elektronindustrie, geraten unter Druck. Dies stellt die Akteure unseres Innovationssystems vor neue Herausforderungen.

Erfolgsfaktoren zur Steigerung der Innovationskraft

Innovationspolitik hat viele Facetten. Geld alleine ist kein Erfolgsgarant. Es müssen die richtigen strukturellen Rahmenbedingungen gesetzt werden, damit Ideen und Erfindungen zügig ihren Weg vom Labor in den Markt finden und Wertschöpfung generieren können. Als Union wollen wir sicherstellen, dass gute Ideen zu wirtschaftlichen Erfolgen werden. Zu innovationsfreundlichen Rahmenbedingungen tragen maßgeblich bei:

  • eine leistungsfähige Verkehrs- und IT-Infrastruktur,
  • eine klare Strategie, die die zentralen Zukunftsaufgaben und Technologiefelder in den Blick nimmt, konkrete Ziele und Prioritäten benennt sowie Wege zur Umsetzung aufzeigt,
  • die Stärkung naturwissenschaftlicher Kompetenzen und der digitalen Bildung,
  • die Anpassung der Hochschullehre und der Aus- und Weiterbildung,
  • eine effizientere Ausgestaltung der Forschungsförderung, darunter auch die Schaffung weiterer Anreize für Wagniskapital, und der Abbau bürokratischer Hürden,
  • die Verbesserung des Wissenstransfers und die Stärkung der anwendungsorientierten Forschung,
  • die Intensivierung der Vernetzung und Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene,
  • eine innovationsfreundliche Kultur, die es ermöglicht, die Chancen neuer Technologien auszuschöpfen.

Schlüsseltechnologien für globale Zukunftsmärkte

Schließlich wird es darauf ankommen, Schlüsseltechnologien klug und konsequent zu fördern. Eine solche Schlüsseltechnologie ist die Additive Fertigung, auch 3D-Druck genannt, bei der dreidimensionale Objekte aus einem oder mehreren Materialien mittels Schmelz- oder Härtungsverfahren hergestellt werden, teils in bionischer Leichtbauweise. Aus digitalen Daten werden per Knopfdruck Gegenstände. Das wird klassische Herstellungsmethoden und Liefer- und Wertschöpfungsketten tiefgreifend verändern und hat das Zeug, zum Gigamarkt zu werden. Die Investitionsoffensiven der USA und Chinas zeigen: Der globale Wettlauf hat längst begonnen! Ob Konsumgüter (Schuhe, Schmuck, Modeartikel etc.), Medizintechnik (Zahnkronen, Prothesen etc.), Flugzeugbau (Ersatzteile für Gasturbinen, Halterungen etc.) oder Automobilfertigung (Leichtbaukarosserien, Ersatzteile, etc.): das Potenzial dieser Technologie ist gewaltig, insbesondere auch für kleine und mittlere Betriebe. Prototypen lassen sich kostengünstig fertigen, Aufwendungen für Lagerhaltung einsparen. Industrielle Wertschöpfung kann wieder zurück nach Deutschland verlagert werden.

Maßanfertigung aus dem 3D-Drucker

Künftig wird es vermutlich für jedermann möglich sein, individuell designte Gegenstände im Baumarkt oder zu Hause auszudrucken. Noch haben deutsche Unternehmen, von denen sich einige zum Netzwerk „Light Alliance“ zusammengeschlossen haben, in technologischer Hinsicht international die Nase vorn. Damit das so bleibt, müssen wir nach Kräften die Förderung innovativer Geschäftsmodelle, die Optimierung von Fertigungsmethoden und des Ressourceneinsatzes vorantreiben, die Diffusion in die industrielle Serienfertigung beschleunigen, aber auch die Klärung rechtlicher Fragen forcieren. Der Bund, die EU und ein transnationales Konsortium mit deutscher Beteiligung haben bereits einige wichtige Förderprogramme dazu aufgelegt. Wenn wir bei diesem strategisch bedeutsamen Zukunftsfeld auf der Überholspur bleiben und eigene Technologieplattformen und Produktionslinien in Deutschland beziehungsweise im europäischen Verbund halten wollen, so müssen wir unsere strategische Innovationspolitik konsequent weiterentwickeln.