Der nächste Trend heißt Virtual Reality
Auf der weltweitweit wichtigsten Telekom-Messe in Barcelona geben der Handy-Hersteller Samsung und das soziale Netzwerk Facebook ihre Zusammenarbeit bekannt. Angebote rund um künstliche Welten sollen das nächste Milliardengeschäft werden. Immer mehr Smartphone-Produzenten suchen nach Geschäftsfeldern in neuen Branchen.
Mobilfunk

Der nächste Trend heißt Virtual Reality

Auf der weltweitweit wichtigsten Telekom-Messe in Barcelona geben der Handy-Hersteller Samsung und das soziale Netzwerk Facebook ihre Zusammenarbeit bekannt. Angebote rund um künstliche Welten sollen das nächste Milliardengeschäft werden. Immer mehr Smartphone-Produzenten suchen nach Geschäftsfeldern in neuen Branchen.

Der Mobile World Congress in Barcelona, das weltweit wichtigste Treffen der Telekom-Branche, begann am Wochenende mit einem Paukenschlag: „Bitte die Virtual-Reality-Brillen aufsetzen!“, hieß es bei der großen Samsung-Präsentation. Und während die Zuschauer in die virtuelle Welt abgetaucht waren, schlich als Überraschungsgast Facebook-Chef Mark Zuckerberg an ihnen vorbei zur Bühne. „Zwei Giganten tun sich zusammen, um die Nutzer um ein virtuelles Lagerfeuer zu scharen“, kündigte Zuckerberg eine aufsehenerregende Kooperation an: Samsung und Facebook wollen beim Thema virtuelle Realität gemeinsame Sache machen. Der 31-Jährige hatte einst zwei Milliarden Dollar auf die VR-Technik mit dem Kauf des Vorreiters Oculus gewettet. Und auch am Sonntagabend in Barcelona zeigte er sich überzeugt: „Virtuelle Realität ist die nächste Plattform“ – und werde mit der Zeit alle Lebensbereiche verändern.

Samsung setzt auf virtuelle Realität

Von Samsung wurden eigentlich neue Modelle seiner Flaggschiff-Smartphones erwartet. Die kamen auch – und wie gedacht bieten das Galaxy S7 und S7 Edge verbesserte Leistung und neue Funktionen. Das Samsung S7 Edge ist nun mit 5,5 Zoll etwas größer geworden. Wie das S7 verfügt es über ein AMOLED-Display, das Inhalte in HD-Qualität darstellt. Die Geräte sind wasserdicht und staubresistent.

Doch auf weitere Leistungssteigerungen der Computer-Telefone allein verlässt sich das Unternehmen nicht mehr – zu schnell wächst neue Konkurrenz etwa aus China heran, die mit günstigen, aber dennoch hochwertigen Smartphones den Markt erobert. Samsung setzt deshalb massiv auf den Trend virtuelle Realität. Sie soll dem Smartphone einen wachsenden Zusatznutzen und dem Anwender neue Erlebniswelten erschließen. Als Anreiz gibt Samsung Käufern, die vor dem Marktstart am 11. März eines der neuen Smartphones vorbestellt, eine Gear-VR-Brille dazu.

Samsung ist nicht allein mit seiner Begeisterung für die neuen Möglichkeiten, Nutzer komplett in neue Welten eintauchen zu lassen. Zuckerberg teilt die Euphorie über das Potenzial von VR-Anwendungen. Facebook habe schon früh in die Entwicklung dieser Technologie investiert, betonte er. Gerade nach der Geburt seiner Tochter sei ihm klar geworden, dass er später nicht nur Fotos oder Filme von ihr ansehen wolle, sondern auch ganz in die jeweilige Szene eintauchen möchte. Zuckerberg hob die Stärke von Samsung als Hardware-Hersteller hervor. In die Partnerschaft will Facebook im Gegenzug sein Software-Know-how einbringen. Mit Oculus arbeitete Samsung bereits bei der Gear VR zusammen.

VR-Markt soll drei Milliarden Dollar erreichen

Wie schon auf der Technik-Show CES in Las Vegas sind VR-Brillen in Barcelona an vielen Ständen zu sehen. Der Smartphone-Spezialist HTC, der in seinem bisherigen Kerngeschäft mit Mobiltelefonen unter Druck steht, kündigte den Marktstart seines High-Tech-Headsets Vive für April an. Mit 799 Dollar wird es sogar teurer als das Oculus-Modell Rift. Mit Sensoren ausgerüstete Brillen-Gehäuse zum Einstecken von Smartphones kosten zum Teil nur 20 Dollar. Auch LG, Samsungs kleinerer einheimischer Rivale, setzt auf virtuelle Realität. Am Sonntag stellte LG unter anderem eine neue VR-Brille vor. Sie soll ein Drittel weniger wiegen als die der Konkurrenz.

Der Markt für virtuelle Realität werde im laufenden Jahr um mehr als das Vierfache auf ein Volumen von drei Milliarden Dollar wachsen, sagte Samsung-Manager Martin Börner. Zahlreiche Brillen, etwa Sonys Playstation VR, die Oculus VR und die Vive von HTC kommen im Laufe der kommenden Monate auf den Markt. Lange haben die Entwickler an der neuen Technologie getüftelt, 2016 soll nun der Durchbruch kommen.

Zu den Trends in Barcelona gehört in diesem Jahr, dass die Smartphone-Anbieter inmitten eines schärferen Wettbewerbs neue Geschäfte in anderen Branchen suchen. So will Samsung seinen Bezahldienst bei vernetzten Autos etablieren. Und der chinesische Branchen-Dritte Huawei will mit einem Windows-Tablet klassische PC-Hersteller herausfordern. LG sorgte wenige Stunden vor Samsung für Aufsehen mit dem ersten konsequent modularen Smartphone G5.

Parkplatz-Reservierung via App

Gemeinsam mit der VW-Tochter Seat und SAP möchte Samsung die Parkplatz-Suche mit dem vernetzten Auto vereinfachen. Die Unternehmen stellen zur Mobilfunk-Messe Mobile World Congress in Barcelona ein System vor, bei dem man über eine App entsprechend ausgerüstete Parkplätze reservieren und auch bezahlen kann. Der deutsche Software-Anbieter SAP verarbeitet dabei die Daten in seiner Cloud und Samsung stellt seinen Bezahldienst zur Verfügung. Zunächst ist eine Testphase geplant, der Termin für einen Marktstart wird noch nicht genannt. Über die Plattform sollen auch weitere Dienste angeboten werden, zum Beispiel rund ums Tanken. Nach Ideen aus der Branche könnten Tankstellen Fahrer vernetzter Autos in der Nähe zum Beispiel mit Rabatt-Coupons anlocken.

Die Deutsche Telekom will das Firmenkunden-Geschäft der gesamten Branche grundlegend umkrempeln. Sie gründet dafür eine neue Firma, bei der Telekommunikations-Anbieter weltweit Dienste für ihre Unternehmenskunden beziehen können. Das soll unter anderem die Kosten deutlich senken. Die ersten Partner aus der Telekom-Branche sollen am Montag auf der Mobilfunk-Messe Mobile World Congress in Barcelona bekanntgegeben werden. Der Marktstart ist im ersten Halbjahr 2017 geplant.

Die neue Firma mit dem Namen Ngena ist „eine technische Plattform, die es ermöglicht, Telekommunkations-Dienstleistungen hochgradig automatisiert und damit günstig global zur Verfügung zu stellen“, sagt ihr Chef Marcus Hacke. Als ein Großhändler verkauft sie ihre Dienste an Telekom-Firmen, die daraus Produkte für Firmenkunden schnüren können. Telekom-Anbieter bräuchten etwa weniger eigene Infrastruktur, auch die Expansion in neue Märkte wird günstiger, weil man weniger eigene Netze oder Rechenzentren braucht.

Der Mobile World Congress in Barcelona läuft noch bis Donnerstag.

(Quelle: dpa)

Einige Eckpunkte zu der boomenden Mobilfunk-Industrie:

– Im vergangenen Jahr wurden insgesamt gut 1,4 Milliarden Smartphones verkauft. Das waren rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr.

– Das Wachstum kommt vor allem aus Schwellenländern wie Indien oder Indonesien, in denen meist günstige Geräte gefragt sind. Damit wächst die Rolle chinesischer Hersteller, die solche Smartphones anbieten.

– Samsung verkauft seit Jahren die meisten Smartphones, aktuell kommt rund jedes fünfte Computer-Telefon weltweit von den Südkoreanern.

– Apple mit seinem iPhone folgt dahinter mit etwa 18 Prozent Marktanteil. Da der US-Konzern aber auf günstige Modelle in seinem Angebot verzichtet, landet bei ihm der Großteil der Gewinne der Branche.

– In den USA und Westeuropa werden kaum noch einfache Handys verkauft, selbst in China haben Smartphones einen Marktanteil von über 80 Prozent beim aktuellen Absatz. In Indien oder Afrika machen Computer-Telefone dagegen erst rund die Hälfte der Verkäufe aus.

– Googles Android ist das dominierende Smartphone-Betriebssystem mit einem Marktanteil von gut 80 Prozent. Apples iOS füllt weitgehend den Rest aus, für andere Plattformen bleibt nur wenig Platz. So kam Microsofts Windows Phone zuletzt laut Analysten gerade einmal auf ein Prozent Marktanteil. Das hauseigene System des Smartphone-Pioniers Blackberry ist praktisch bedeutungslos geworden und könnte eingestellt werden. Das Firefox OS wurde bereits aufgegeben.