Sie waren sich bei ihrer gemeinsamen länderübergreifenden Kreisvorstandssitzung einig: die Mitglieder der CSU Main-Spessart und die der CDU Wertheim: (v.l.n.r.:) Bezirksrat Johannes Sitter, Bürgermeister Klaus Thoma, CDU-MdB Nina Warken, CDU-Stadtverbandsvorsitzender Michael Bannwarth, CSU-Kreisvorsitzender Thorsten Schwab, MdL, CSU-MdB Alexander Hoffmann und CSU-Bundeswahlkreisgeschäftsführer Herbert Hemmelmann. (Foto: Richard Krebs)
CSU Main-Spessart

„Mehr Seehofer!“

Die aktuelle Flüchtlingsproblematik war das Hauptthema einer gemeinsamen Sitzung des CSU-Kreisvorstandes Main-Spessart und des CDU-Stadtverbandes Wertheim. CSU-Kreisvorsitzender Thorsten Schwab, MdL, und CDU-Stadtverbandsvorsitzender Michael Bannwarth hatten dazu die örtlichen Politiker eingeladen.

Die Bundestagsabgeordneten Nina Warken von der CDU und Alexander Hoffmann von der CSU, Bezirksrat Johannes Sitter, die Bürgermeister Wolfgang Stein (Wertheim) und Klaus Thoma (Kreuzwertheim), Kreistagsfraktionsvorsitzender Walter Höfling und zahlreiche Kreisvorstandsmitglieder waren auf Einladung der CSU Main-Spessart und der CDU Wertheim nach Röttbach gekommen, um länderübergreifende Themen zu diskutieren. CSU-Kreisvorsitzender Thorsten Schwab hatte dafür seinen Parteifreunden von der CDU ein „befristetes Aufenthaltsrecht“ in Main-Spessart gewährt, wie er scherzhaft anmerkte. Angesichts der aktuellen Flüchtlingssituation standen allerdings Themen wie die Krankenhausversorgung in der Region oder die schulischen Angebote für bayerische Kinder in Baden-Württemberg im Hintergrund der Diskussion.

CDU-Bundestagsabgeordnete berichtete

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Warken, Mitglied im Innenausschuss, kam unmittelbar von einem Besuch des Erstaufnahmelagers vom Wertheimer Wartberg. Dieses ist momentan noch als Notaufnahmelager in der ehemaligen Polizeiakademie eingerichtet und sollte zum 15. Oktober Erstaufnahmelager werden. Ihr Eindruck von diesem Besuch: „Die Lage war heute entspannt, die Sprachkurse der ehrenamtlichen Helfer laufen. Allerdings merkt man sehr deutlich, dass alles noch sehr provisorisch ist. Eine erkennungsdienstliche Behandlung findet noch nicht statt; zudem ist zwar ärztliches Personal anwesend, verpflichtende Eingangsuntersuchungen oder Impfungen gibt es jedoch ebenfalls noch nicht.“ Klar sei, so Warken, dass sich sowohl die ehrenamtlichen als auch die hauptamtlichen Mitarbeiter an der Grenze der Belastbarkeit befänden. Weiter forderte Warken, dass es selbstverständlich sein müsse, dass sich die Migranten in Deutschland an Recht und Gesetz hielten und die Kultur des Gastlandes akzeptierten.

Herausforderung bedarf einer „großen Lösung“

Ihr CSU-Bundestagskollege Hoffmann machte deutlich, dass die Problemlage so vielschichtig und komplex sei, dass man nur mit einer „großen Lösung“ die Herausforderung werde stemmen können. Selbst wenn die Kanzlerin nun erklären würde, dass Deutschland der Herausforderung nicht gewachsen sei, würde sich dadurch das Problem nicht lösen.

Wenn wir Fluchtgründe beseitigen wollen, dann gehört dazu nicht nur Entwicklungshilfe in den Krisenländern, sondern erhebliche wirtschaftliche Investitionen vor Ort.

Alexander Hoffmann

Sicher habe Merkels Alleingang bezüglich der Durchreise in Ungarn Signale gesendet; aber durch die Entscheidung sei auch eine Eskalation der Situation vermieden worden, so Hoffmann. Die Herausforderung könne, so Hoffmann weiter, nur mit einem einheitlichen Europa gelöst werden. Dazu gehört für Hoffmann, innenpolitisch das eigene Asyl- und Sozialsystem nicht zu überlasten und außenpolitisch selbstverständlich über Verteilquoten in Europa zu reden. Aber man dürfe sich nichts vormachen, appellierte Hoffmann auch: „Wenn wir Fluchtgründe beseitigen wollen, dann gehört dazu nicht nur Entwicklungshilfe in den Krisenländern, sondern erhebliche wirtschaftliche Investitionen vor Ort und die Bereitschaft, die Menschen in den Krisenländern notfalls in entmilitarisierten Zonen zu sichern.“ Das im Bundestag eingebrachte Maßnahmenpaket sei dazu ein erster Schritt, allerdings verwässerten die ewigen Kompromisse mit der SPD und den Bundesländern den Kurs, so der MdB.

Gemeinsame Warnung vor weiterer Belastung

Zur Flüchtlingssituation in Wertheim selbst äußerten sich neben  Bürgermeister Wolfgang Stein der stellvertretende Main-Spessarter Kreisvorsitzende Thomas Schmitt sowie weitere CSU-Kreisvorstandsmitglieder. Sie stimmten auch darin überein, dass die veröffentlichte Meinung in Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen nicht das Stimmungsbild in der Bevölkerung widerspiegle. Denn zwar gebe es auf der einen Seite ein großes bürgerschaftliches Engagement und viel ehrenamtliche Tätigkeit, auf der anderen Seite seien aber auch viele Sorgen und Ängste, sowohl der Flüchtlinge als auch der Bevölkerung, vorhanden. Beiden Seiten gelte es gerecht zu werden. Insbesondere sei zwischenzeitlich, so die Kreisvorstandsmitglieder weiter, bei vielen Ehrenamtlichen und Hilfsorganisationen die Grenze des Zumutbaren erreicht oder überschritten. Eine weitere Belastung von Ehrenamt und Hilfsorganisationen sei nicht verantwortbar. Dringender Handlungs- und Regulierungsbedarf seitens der Bundesregierung sei daher erforderlich: Der unregulierte Zustrom müsse gebremst und kontrolliert werden. Daneben müssten Verwaltungsstrukturen und beschleunigte Verfahren nun schnellstmöglich aufgebaut und handlungsfähig werden, forderten die versammelten Politiker.

Wunsch nach „mehr Seehofer“ in Baden-Württemberg

Große Bedenken äußerten in diesem Zusammenhang die Wertheimer CDU-Vorstandsmitglieder angesichts der Landtagswahlen im kommenden Jahr. Sie befürchten, ähnlich wie in Österreich, einen Rechtsruck und ein unerwünschtes Erstarken von „Rattenfängern“. Sehr kritisch merkten sie auch an, dass die grün-rote Landesregierung die Migranten hauptsächlich in CDU-Regionen schicke. So seien in Wertheim fast doppelt so viele Flüchtlinge untergebracht wie in der grün regierten Landeshauptstadt Stuttgart. Infolgedessen lobten die CDU‘ler die bayerische Haltung und wünschten sich, dass „mehr Seehofer“ auch in ihrem Bundesland regiere.