Auf dem letzten CSU-Parteitag vertrat Thuy Tran den Nachwuchs der Partei. (Foto: CSU)
Porträt

Sofia im Pass, Hanoi im Aussehen und Germering im Herzen

Aus dem BAYERNKURIER-Magazin: Sie ist Kreisvorsitzende der Jungen Union in Fürstenfeldbruck und Stadträtin in ihrer Heimatgemeinde Germering. Die 25-jährige Thuy Tran begeistert mit ihrer außergewöhnlichen Vita und viel Leidenschaft nicht nur junge Menschen für die Politik.

Ihr Interesse an Politik hat Thuy Tran schon während ihrer Schulzeit am Max-Born-Gymnasium in Germering entdeckt. „Unser freiwilliger Politikkurs traf sich immer am Abend. Wir haben zusammengesessen und über aktuelle politische Themen diskutiert“, erzählt die junge Frau. „Zudem habe ich mich mit meiner Sozialkundelehrerin sehr gut verstanden, sie hat mich bestimmt auch beeinflusst.“ Bereits als Stufensprecherin hat sich Thuy in der Schule immer wieder eingebracht, später dann im Germeringer Jugendrat.

Geboren in Bulgarien, aufgewachsen in Bayern

Geboren wurde Thuy Tran in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, ihre Familie stammt aus dem südostasiatischen Vietnam, sie selbst ist in Bayern aufgewachsen. Ihre Eltern hatten sich in den 80er-Jahren im Rahmen einer Partnerschaft zwischen Bulgarien und Vietnam kennengelernt. 1992 – nach dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs – zog die Familie nach Deggendorf. „Dort habe ich auch die ersten zehn Jahre meines Lebens verbracht“, erzählt die heute 25-Jährige. Über sich selbst sagt sie: „Sofia im Pass, Hanoi im Aussehen und Germering im Herzen.“ Mit diesem Slogan warb sie auch für ihren Platz im Germeringer Stadtrat – mit Erfolg.

Obwohl Politik zu Hause kein großes Thema war, kam bei Thuy Tran nach dem Abitur 2010 der Wunsch auf, einer Partei beizutreten. Durch ihr Engagement im Jugendrat hatte sie bereits Kontakt zur örtlichen Gruppe der JU, die sie einlud, doch einfach mal zu einem Treffen vorbeizukommen. „Die Chemie hat sofort gepasst.“ „Meine Eltern stammen beide aus Vietnam“, erzählt sie weiter, „dort gibt es nur eine Partei, also ein ganz anderes System als hier, weswegen privat kaum über Politik gesprochen wird.“ Alle zwei Jahre besucht sie ihre Familie in Vietnam, im Rahmen eines Praktikums für das Goethe-Institut lebte sie für ein halbes Jahr in Hanoi. Heute studiert sie in München Wirtschaftswissenschaften.

Knappe Zeit für Freunde

Ihr Studium und ihre politische Arbeit unter einen Hut zu bringen, sei nicht immer ganz einfach und erfordere viel Organisationstalent. Besonders in Wahlkampfphasen, die die Jung-Politikerin aber ganz besonders liebt. „Dabei arbeiten alle zusammen an einem gemeinsamen Ziel, das ist klasse“. Zeitliche Abstriche muss Thuy Tran bei Freunden und Familie machen. Das ist zwar oft schade, aber kein ernsthaftes Problem. „Ich kommuniziere das offen und sage, warum ich nicht zu einem Geburtstag oder ähnlichem kommen kann. Damit stoße ich auch meist auf Verständnis“, erzählt sie. Im Schnitt nimmt sie als Kreisvorsitzende oder Stadträtin drei bis vier Termine in der Woche wahr. Von Fraktionssitzungen über Ausschüsse bis hin zu Einweihungen oder Terminen des Kreisverbandes.

Ihre Themen: Haushalt und Finanzen

Zu Thuy Trans Kernthemen gehören neben Jugendthemen in Germering auch Haushalt und Finanzen. „Das kommt vermutlich durch mein Studium“, schätzt sie. „Mir ist es wichtig, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt haben.“ Auch die Integration von Flüchtlingen vor Ort ist ihr ein Anliegen. Vor kurzem organisierte sie zusammen mit ihren Kollegen einen Kinonachmittag für Flüchtlingskinder und sorgte damit für viele strahlende Kinderaugen. Als ehrenamtliche Dolmetscherin für Deutsch und Vietnamesisch begleitet sie zudem Menschen bei Arztbesuchen oder Behördengängen.

Wie lange muss meine Generation mal arbeiten? Oder: Wie viel Rente werden wir bekommen? Unsere Generation denkt viel über diese Themen nach.

Thuy Tran

Ein weiteres Thema das, neben der aktuellen Asylproblematik, für die junge Politikerin einen hohen Stellenwert einnimmt, ist der demographische Wandel und sein Einfluss auf die Zahl der Arbeitsplätze und das Rentensystem. „Da geht es um Fragen wie: Wie lange muss meine Generation mal arbeiten? Oder: Wie viel Rente werden wir bekommen?“ Und auch die für Frauen so wichtige Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigt sie. „Unsere Generation denkt viel über diese Themen nach.“ Ein glatter Wiedereinstieg ins Berufsleben, so findet Thuy, muss nach der Babypause möglich sein. Sie persönlich kann beiden Lösungen etwas abgewinnen: sowohl dem baldigen Wiedereinstieg, als auch einer längeren beruflichen Auszeit.

„Parteipolitik lohnt sich“

Der Generationenwechsel werde auch innerhalb der Partei mehr und mehr spürbar, erzählt sie. Sie selbst möchte erreichen, dass sich noch mehr junge Menschen für Politik interessieren und dann auch am Ball bleiben. „Die JU braucht Nachwuchs, auch damit wir unseren Einfluss innerhalb der CSU ausbauen können.“ Gerade in der Altersspanne zwischen 30 und 45 fehlten die Mitglieder. Sie erlebe oft, dass junge Menschen aus beruflichen oder privaten Gründen ihre Mitarbeit in der JU beenden müssen. Was sie schade findet, denn „Parteipolitik lohnt sich. Hier kann man wirklich etwas bewegen.“ Und es könne ja jeder selbst bestimmen, wie viel Zeit er einbringen möchte.

Parteipolitik lohnt sich. Hier kann man wirklich etwas bewegen.

Thuy Tran

Die Zusammenarbeit mit den älteren Kollegen aus der CSU verlaufe grundsätzlich gut. Natürlich stimme man nicht immer in Allem überein und gewichte Themen auch anders, so Thuy Tran. Beispielsweise hatte die JU Fürstenfeldbruck im Sommer zu einer Debatte um die Legalisierung von Cannabis eingeladen – ein Thema, das nun mal eher die jungen Menschen anspreche und bei dem das Meinungsspektrum bei den älteren Semestern meist recht klar definiert sei. Grundsätzlich schätzt Thuy Tran die Zusammenarbeit über die Generationsgrenzen hinweg sehr. Von den Erfahrungen der Älteren könne man unheimlich viel lernen.

Sie findet ihr Leben „ganz normal“

Bulgarien, Vietnam, Bayern – mit ihrem ungewöhnlichen kulturellen Hintergrund sticht die junge Politikerin natürlich hervor. Wenn sie über sich selbst liest, dass sie ein Beispiel für „gelungene Integration“ sei, muss Thuy Tran immer schmunzeln. „Ich nehme es gelassen, weil ich ja weiß, dass es ein Lob ist. Aber ich frage mich schon auch, ob es so wenige Beispiele für eine gelungene Integration gibt.“ Denn für sich selbst fühlt sich ihr Leben nicht nach Integration an – sondern einfach „ganz normal“.