Die Eröffnungsveranstaltung der Medientage München 2017. Foto: Medientage
Medientage

Diskussion um Rundfunkbeitrag

Welchen Nachrichten kann man noch vertrauen und warum? Auf diese Frage suchen die Medientage München eine Antwort. Doch die Medienmacher debattieren auch über ein typisch deutsches Thema: den Rundfunkbeitrag von derzeit 17,50 Euro monatlich pro Haus.

Zur Eröffnung der Medientage München warf die Geschäftsführerin von RTL Deutschland, Anke Schäferkordt, der Politik vor, die privaten Medien im Wettbewerb mit öffentlich-rechtlichen und Internetgiganten im Stich zu lassen: «Die Marktverzerrung durch mehr als acht Milliarden Euro Rundfunkbeitrag bei ARD und ZDF muss endlich eingedämmt werden. (…) Keiner traut sich an die dringend notwendigen, wirklichen Veränderungen heran.»

Die Ministerpräsidenten aller Bundesländer hatten vergangene Woche in Saarbrücken vereinbart, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio mehr Freiheit bei ihren redaktionellen Angeboten im Internet bekommen sollen. Schäferkordt kritisierte das: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bekomme so den Auftrag, «mit Beitragsgeldern die amerikanischen Plattformen durch kostenlose Zurverfügungstellung originärer Produktionen zu stärken, während die privaten Medien (…) mit diesen Plattformen über tragfähige Geschäftsmodelle verhandeln. Hut ab vor dieser Spitze der Wettbewerbsverzerrung!»

BR-Intendant hält Teuerungsausgleich für nötig

Der künftige ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm lehnte bei den Medientagen den Vorschlag ab, einen Teil der Rundfunkbeiträge privaten Anbietern zu überlassen: «Die Privaten haben sehr hohe Gewinne, haben über die vergangenen Jahre sehr gut verdient. Insofern mutet der Ruf nach öffentlichen Geldern merkwürdig an.» Trotz voller Kassen sei der Anteil politischer Angebote bei den großen Privatsendern gesunken. «Bevor man hier nach öffentlichen Mitteln ruft, könnte die eigene Etatsituation hier durchaus mehr ermöglichen», sagte BR-Intendant Wilhelm, der Anfang Januar den ARD-Vorsitz übernimmt.

Das Angebot von ARD und ZDF unterscheide sich deutlich von den privaten Wettbewerbern, betonte er. Der Anteil der Berichterstattung über Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sei viel höher. Für einen Teuerungsausgleich sei dafür eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags nötig. «Wovon ich überhaupt nichts halte: den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch weitere Mittelkürzungen immer schlechter zu machen, dann zu beklagen, dass er qualitative Mängel hat, und immer noch mehr umzuschichten in einen anderen Bereich.»

BLM-Chef für Reform des Rundfunkbeitrages

Der Gastgeber der Medientage, Siegfried Schneider, hatte am Montag eine Reform des Rundfunkbeitrags zugunsten privater Anbieter vorgeschlagen: «Ein Teil der jährlichen Einnahmen könnte ja ausgeschrieben werden, zum Beispiel für die Produktion eines politischen Magazins. Darauf könnten sich dann private ebenso wie öffentlich-rechtliche Medien bewerben», sagte Schneider der Deutschen Presse-Agentur. Er ist Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und derzeit Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten in Deutschland.

Medienministerin Aigner mahnt zur Zurückhaltung

Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) rief die öffentlich-rechtlichen Sender zu mehr digitaler Zurückhaltung auf. Ihr Schwerpunkt müsse im Fernsehen und Hörfunk bleiben. Eine Präsenz auf allen Online-Kanälen und Plattformen mit langen Textbeiträgen gehöre nicht zum Auftrag von ARD und ZDF, sondern gehe zulasten der Printmedien. «Wir wollen einen fairen Wettbewerb», sagte Aigner. Im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit frage sie sich auch, ob bei Interviews im Fernsehen «gleichzeitig das Mikrofon von BR, SWR und ZDF» zu sehen sein müsse.

Wir wollen einen fairen Wettbewerb.

Ilse Aigner, CSU

Auch das selbstfahrende Auto der Zukunft ist für Medienanbieter nach Expertenansicht eine große Chance: «Wenn die Fahrzeit zur Freizeit wird, wird der Fahrersitz zur Fernsehcouch», sagte der Vodafone-Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter. Der Fahrer werde künftig dann viel Zeit zur Nutzung von Medien haben. Vor allem die Videonutzung werde weiter zunehmen. «Das Handynetz wird zu einem ganz eindeutigen Videonetz. Wir rechnen damit, dass in Kürze 80 Prozent der Nutzung eines Handynetzes Videos sein werden.»

Das selbstfahrende Auto als Chance

Ametsreiter forderte einen schnellen Ausbau der Infrastruktur und der nächsten Mobilfunkgeneration 5G: «Eine Gigabit-Offensive fürs Land ist sehr notwendig. Deutschland hinkt hier zurück.» In allen Regionen Deutschland müsse es Glasfaserverbindungen geben: «Glasfaser schafft einen Transport in Lichtgeschwindigkeit. Das ist die Transportkapazität und die Verbindung für die nächsten 50 bis 100 Jahre.»

Zu den 31. Medientagen München werden mehr als 400 Referenten und bis zu 6000 Besucher erwartet. Das Motto des dreitägigen Kongresses lautet: «Media, Trust, Machines – Vertrauen in der neuen Mediengesellschaft».