Acht Jahre Sperre für Blatter und Platini. Die EM 2016 können die beiden nur vom Fernsehsessel aus mit verfolgen. Foto: imago/i Images
Fußball

Rote Karte für Blatter und Platini

Ein schwarzer Tag für Sepp Blatter und Michel Platini: Am Montag verhängte die Ethikkommission der FIFA eine Sperre von acht Jahren für die beiden ehemaligen Spitzenfunktionäre im internationalen Fußballgeschäft. Mit diesem Urteil dürfte die Karriere der beiden am Ende sein. Ob ein grundsätzlicher Wandel ansteht, ist dennoch fraglich.

Sepp Blatter sprach von einer „Schande“, Michel Platini von einer „Farce“. Am Montag hatte die Ethikkommission der FIFA über Weltverbandschef Blatter und UEFA-Präsident Platini eine Sperre von acht Jahren verhängt. Grund war ein dubioser Zwei-Millionen-Deal aus dem Jahr 2011. Damit dürfte die Karriere beider zu Ende sein. Doch genau das wollen die beiden mächtigsten Männer im Weltfußball nicht akzeptieren.

„Ich werde kämpfen, für mich, für die FIFA. Ich werde für Gerechtigkeit kämpfen, so wie ich es in den letzten 41 Jahren gemacht habe“, kündigte ein fahrig wirkender Blatter auf einer Pressekonferenz in Zürich an. Er werde das FIFA-Berufungskomitee einschalten, vor den Internationalen Sportgerichtshof ziehen und womöglich die Schweizer Gerichte bemühen.

Es ist noch nicht zu Ende. Ich komme wieder.

Sepp Blatter

Auch Michel Platini, der am 26. Februar 2016 auf dem FIFA-Kongress eigentlich Thronfolger Blatters werden wollte, kündigte weitere Schritte an. Dieses Urteil sei schon vor Monaten geschrieben worden. „Es überrascht mich nicht“, sagte der frühere französische Ausnahmefußballer und sprach von einer „Inszenierung“ und einem „erbärmlichen Urteil“, das zum Ziel gehabt habe, ihn aus dem Weltfußball zu beseitigen.

Leben in der eigenen Realität

Blatter und Platini – einst eng verbunden und inzwischen längst zerstritten – sehen sich als Opfer der FIFA-Justiz. „Wir werden als Lügner hingestellt“, schimpfte Blatter auf die Ethikkommission, die er einst selbst auf den Weg gebracht hatte. „Sie hat nicht das Recht, den FIFA-Präsidenten abzusetzen. Das darf nur der FIFA-Kongress.“ Doch die Ethikkommission widersprach: „Der Ethik-Code gilt weltweit für alle am Fußball Beteiligten. Da gibt es überhaupt keine Ausnahmen“, sagte ihr Sprecher Andreas Bantel bereits Ende November.

Es ist also die Selbstwahrnehmung des 79-jährigen Schweizers, die es wohl auch verbietet, eigene Fehler einzugestehen. Weder Blatter noch Platini sehen etwas Anrüchiges daran, dass erst im Jahr 2011, kurz vor der erneuten Wahl Blatters zum FIFA-Präsidenten mit unerwartet geschlossener UEFA-Unterstützung, zwei Millionen Schweizer Franken für angebliche Honorartätigkeiten aus den Jahren 1998 bis 2002 den Besitzer wechselten. Ein Millionen-Geschäft, für das es nicht einmal einen schriftlichen Vertrag gibt und das sogar Gegenstand von Untersuchungen der Schweizer Bundesanwaltschaft ist, die unter anderem wegen des Verdachts der „ungetreuen Geschäftsbesorgung“ ermittelt. Blatter und Platini führen an, hochrangige Exekutivmitglieder von FIFA und UEFA hätten davon gewusst. In jedem Fall war die Honorarforderung aber verjährt, hätte von Blatter also nicht ausbezahlt werden dürfen, was den Tatbestand der Untreue erfüllen würde.

Die Ethikkommission unter Vorsitz des deutschen Richters Hans-Joachim Eckert wollte dieser Argumentation nicht folgen. Es habe keine rechtliche Grundlage für die Zahlung gegeben, hieß es in der Urteilsbegründung. Zwar wurde der Vorwurf der Bestechung und Korruption fallengelassen, dafür beanstandete die Kommission bei beiden Spitzenfunktionären einen Interessenskonflikt sowie die Annahme und Gewährung von Geschenken und sonstigen Vorteilen. Laut der Urteilsbegründung hat Blatter mit der Zahlung unter anderem gegen Paragraph 20 der FIFA-Statuten verstoßen. Der verbietet es FIFA-Funktionären, Zuwendungen und Geschenke zu verteilen oder anzunehmen. Als Korruption hätte die Zahlung gegolten, wenn Platini für die zwei Millionen Franken eine Gegenleistung für Blatter erbracht hätte.

Der Fall des Königs

Außerdem hätten sowohl Blatter als auch Platini ihre Treuepflicht gegenüber der FIFA verletzt und gegen allgemeine Verhaltensregeln verstoßen. Dazu muss Blatter eine Geldstrafe von 50.000 Schweizer Franken zahlen, Platini wurde mit 80.000 Schweizer Franken belegt.

Dem Vorwurf, die zwei Millionen Schweizer Franken seien für Platinis Hilfe bei Blatters Wiederwahl als FIFA-Boss im Jahr 2011 gewesen, trat der Schweizer entschieden entgegen.

Warum sollte ich Stimmen der Europäer kaufen? Ich brauchte keine Stimmen. Ich hätte sowieso gewonnen.

Sepp Blatter

Wie ein Alleinherrscher hatte Blatter die FIFA jahrelang geführt. Noch im Mai hatte er sich an seinen Posten geklammert und sich als Präsident dank der Stimmen aus Afrika und Asien wiederwählen lasen. Erst als der Druck der amerikanischen und schweizerischen Ermittlungsbehörden zu groß wurde, kündigte Blatter doch seinen Rückzug an. Er habe doch Verantwortung längst übernommen, behauptete Blatter am Montag. Im kommenden Februar wollte er das Amt – notgedrungen – an seinen Nachfolger übergeben.

Auch der Kronprinz ist am Ende

Großer Favorit auf das Spitzenamt war lange Zeit Platini. Dies dürfte nun hinfällig sein, zumal er auch noch den notwendigen Integritätscheck bestehen müsste. Fraglich ist auch, ob er überhaupt noch genügend Stimmen auf sich vereinen könnte. Der englische Verband hatte bereits angekündigt, Platini nicht zu unterstützen. Für DFB-Interimspräsident Reinhard Rauball kamen die Sperren „im Rahmen der Erwartungen“. Der Austausch von Köpfen reiche aber nicht aus, sagte Rauball in einer DFB-Mitteilung.

Es geht darum, verloren gegangenes Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Dies wird ohnehin Jahre dauern.

Reinhard Rauball

Auch die UEFA wird einen neuen Präsidenten suchen müssen. Für die FIFA-Wahl hatte der Kontinentalverband bereits seinen Generalsekretär Gianni Infantino als Ersatzkandidaten aufgestellt. Noch will die UEFA aber nicht von ihrem Präsidenten abrücken: „Die UEFA unterstützt Michel Platinis Recht auf ein ordentliches Verfahren und die Möglichkeit, seinen Ruf wiederherzustellen“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. Man sei „natürlich extrem enttäuscht“ über die Entscheidung.

Das sei kein guter Tag für den Fußball, ergänzte Blatter in einer Mischung aus Trotz und Selbstmitleid. Der Ethikkommission sprach er Menschlichkeit ab und monierte „Kollateralschäden außerhalb der FIFA“. Seine Tochter Corinne, die neben ihm auf dem Podium saß, und seine Freunde seien gemobbt worden. Von den anwesenden Journalisten verabschiedete sich Blatter schließlich mit einem Zitat aus den Terminator-Filmen mit Arnold Schwarzenegger: „I’ll be back.“ (Ich komme wieder)

Bleibt zu hoffen, dass sich dieser Satz bei Sepp Blatter, dem Terminator des Fußballs – im Gegensatz zum Film-Terminator – nicht erfüllt.

Quelle: dpa/am/avd