Schlupfloch zu: Grenzkontrolle der Bundespolizei an der A93 bei Kiefersfelden. (Foto: Imago/R.Mühlanger)
Migration

Ausweichroute um die Zugspitze

Weil die Bundespolizei die Inntal-Strecke stark überwacht, bringen Schleuser zunehmend Flüchtlinge über Garmisch-Partenkirchen und das Ostallgäu nach Deutschland. Zu essen bekommen manche nur Wasser und Brot - und eine Plastiktüte für die Notdurft.

Schleuser versuchen Migranten zunehmend auf einer neuen Ausweichroute über die Region rund um die Zugspitze nach Deutschland zu bringen: über die Gegend um Garmisch-Partenkirchen. Die Bundespolizei registriert in diesem Grenzraum eine zunehmende Zahl von Fällen, teilten die Grenzschutz-Inspektionen Kempten und Rosenheim mit.

Von Null auf 150

In der ersten Jahreshälfte hat es nach Zählung der Bundespolizei im Raum Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen nur einzelne aufgedeckte Schleusungen gegeben. Seit August würden dort aber vermehrt Migranten entdeckt, zumeist in Autos oder Transportern von Schleusern. Von 150 geschleusten Menschen, die von August bis Oktober zwischen Chiemsee und Zugspitze aufgegriffen wurden, seien 80 allein im Bereich Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen über die Grenze gebracht worden.

Gründe für diese Zunahmen sehen die zuständigen Beamten in den umfassenden Kontrollen im Zugverkehr bei der Einreise aus Österreich, aber auch bei den Rund-um-die-Uhr-Kontrollen auf der Inntal-Autobahn A93 bei Kiefersfelden und bei den Kontrollen auf nahen Nebenstrecken. Dieser engmaschigen Überwachung der bisherigen Hauptroute vom Brenner nach Bayern wollen die Schleuser womöglich entgehen, erklärt Bundespolizeisprecher Rainer Scharf: „Man kann davon ausgehen, dass es Ausweichbewegungen gibt – und eine Verlagerung der Schleuseraktivitäten in die Landkreise Garmisch-Partenkirchen und Ostallgäu erfolgt ist.“

Menschenunwürdige Verhältnisse

Teils fanden die Bundespolizisten die Menschen in desolatem Zustand. Viele würden unter lebensgefährlichen Bedingungen über die Grenze gebracht – für Beträge von mehreren 1000 bis über 15.000 Euro. Ende Oktober entdeckten die Beamten bei Mittenwald in einem Transporter ein „regelrechtes Menschenknäuel“. Zwölf Männer, eine Frau und drei Minderjährige hätten ungesichert auf dem Boden gekauert. Bei ihrer mehrtägigen Fahrt hätten sie lediglich etwas Wasser und Brot erhalten. Bei Füssen wurden neun Migranten in einer ganz ähnlichen Lage entdeckt: Die Beamten fanden bei ihnen Tüten mit Erbrochenem und Urin.

In Garmisch-Partenkirchen soll unabhängig von der aktuellen Lage im nächsten Jahr ein Revier der Bundespolizei eingerichtet werden.

Man kann davon ausgehen, dass es Ausweichbewegungen gibt.

Rainer Scharf, Bundespolizei

Insgesamt wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres an der 820 Kilometer langen deutsch-österreichischen Grenze gut 7800 Migranten bei der illegalen Einreise aufgegriffen. Etwa 50 bis 60 Prozent von ihnen wurden zurückgeschickt, da sie keine Asylgründe vorbrachten. Mehr als 400 Schleuser wurden in den ersten neun Monaten an der deutsch-österreichischen Grenze gefasst.

(dpa/BK)