Im Jahr 1988 traf Strauß den damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan im Weißen Haus. (Foto: ACSP/Winfried Rabanus)
30.Todestag FJS

„Wir dürfen niemals vergessen, woher wir kommen“

Gastbeitrag Bayerns JU-Chef Hans Reichhart beschreibt, was Politiker seiner Generation von Franz Josef Strauß lernen können und welches Erbe es zu bewahren gilt. Aus dem BAYERNKURIER-Magazin.

Franz Josef Strauß. Ein Visionär, der konservativ war. Ein Liberaler, der Christ geblieben ist. Einer, der für das moderne Bayern steht – wie kaum ein anderer. Der dabei Geschichte geschrieben hat. Und der trotzdem gerade die kleinen Leute nie aus den Augen verloren hat.

Mit diesem Bild von Franz Josef Strauß bin ich selbst groß geworden. Doch es gibt immer auch eine andere Perspektive in der Bewertung einer heute historisch gewordenen Persönlichkeit. In den Augen seiner Kritiker sähe eine Charakterisierung des durchaus streitbaren Vaters des modernen Bayerns unter Umständen ganz anders aus. Hier wäre schnell die Rede von Skandalen, Affären und Eskapaden. Vom Übervater oder vom Demagogen. Von einem, der eben polarisiert hat, der instrumentalisiert hat und der auch gespalten hat.

Gerecht wird Strauß so ein Urteil sicherlich nicht. Doch gerade im Umgang mit historischen Größen tun sich viele linke Medien immer noch schwer. Der Tod Helmut Kohls im vergangenen Jahr hat diesen Zwiespalt abermals offenbart. Wer angesichts des Nachrufs auf den Kanzler der Einheit und Ehrenbürger Europas mit der Spendenaffäre argumentierte, hat sich nach zwanzig Jahren eigentlich nur noch der Lächerlichkeit preisgegeben. Er blendet ein ganzheitliches Erbe durch Teilbetrachtungen aus. Er verkennt, dass jeder Mensch schillernd ist – in all seinen positiven und negativen Facetten.

Dreißig Jahre nach dem Tod von Franz Josef Strauß bleibt deswegen für uns nichts anderes als sein historisches Erbe. Ein Erbe, das Bayern vom armen Agrarstaat ins Industriezeitalter katapultiert hat. Ein Erbe, das allen Konservativen aufträgt, an der Spitze des Fortschritts zu marschieren. Ein Erbe, das Bayern als Heimat, Deutschland als Vaterland und Europa als unsere Zukunft definiert.

Visionär und Utopist

Franz Josef Strauß ist in diesem Erbe mehr als ein Visionär. Er ist ein handelnder Utopist. Einer, der den Traum von Frieden und Freiheit auf realpolitischem Wege durchsetzen wollte. Der gegen die sozialistische Gefahr beständig aufgestanden ist und sich dennoch nie einem Gesprächsfaden verweigert hätte. Zeitlebens wurde er für beides kritisiert. Als Hetzer oder als Einknicker. Dabei wurde oft vergessen, dass beide Eigenschaften für einen Demokraten zwingend erforderlich sind. Jeder Demokrat muss deutlich, deftig und direkt seine politischen Ziele, seine Ansprüche und seine Überzeugungen darlegen können. Niemals darf er sich aber einem Kompromiss verweigern, der den Frieden erhält, der die Menschenwürde mehrt oder der die Freiheit erweitert.

Für uns als Junge in der Politik sollte gerade diese Überlegung eine immerwährende Grundfeste sein. Dabei gibt es heute auf diesem Gebiet oft mehr Anti-Beispiele als Vorbilder. Blinde Kritik an den USA unter Donald Trump oder eine generelle Verweigerungshaltung bei Gesprächen mit Russland sind wohl nur die prominentesten dieser außenpolitischen Verwahrlosungen. Dabei muss Trump natürlich hart und offen kritisiert werden. Auch bedarf die Annexion der Krim einer deutlichen völkerrechtlichen Verurteilung. Aber der diplomatische Austausch, das politische Miteinanderreden und das stetige Finden von Gemeinsamkeiten darf niemals unterbrochen werden. Nur Antidemokraten verweigern sich diesem Diskurs. Nur Diktatoren erheben ihre Sicht zur alles Entscheidenden. Nur Ewiggestrige erkennen Veränderungen nicht an.

Dass im Wandel der Zeiten die individuellen Grundsätze nicht verloren gehen dürfen, ist selbsterklärend. Auch diesen Leitsatz kann man von Franz Josef Strauß lernen. Dabei wird die Herausforderung an die Zukunft immer die gleiche sein: Nämlich der Anspruch, nicht vor dem Zeitgeist in die Knie zu gehen, sondern den Zeitgeist aktiv zu prägen. Ihn zu gestalten und ihn nach dem Willen von Visionären auch zu verändern.

Zukunft und Tradition

Wer diesen Satz heute befolgt, verpflichtet sich der Zukunft und der Tradition gleichermaßen. Wer diesen Satz befolgt, steht für seine Heimat und das überlieferte gemeinsame kulturelle Erbe ebenso ein, wie für Fortschritt und Innovation. Er beherzigt eine Idee, die wir später unter Edmund Stoiber als „Laptop und Lederhose“ bezeichnet haben. Und die wir heute unter Markus Söder „Bavaria One“ nennen können. Das Erbe von Franz Josef Strauß verpflichtet die CSU als Ganzes. Uns Junge verpflichtet es in besonderem Maße. Wir lernen, dass wir niemals vergessen dürfen, woher wir kommen. Und es macht uns deutlich, immer für die Zukunft zu kämpfen. Im Jahr 2018 bedeutet dies, dass wir eine nachhaltige generationengerechte Finanzpolitik betreiben. Dass wir die Forschung fördern. Dass wir für den Quantencomputer, die Digitalisierung, Hyperloop, Robotik oder künstliche Intelligenz einstehen. Und dass wir mit genau diesem Anspruch auch Kreuze an den Wänden unserer Amtsstuben befestigen.

Wenn wir visionär sein wollen, müssen wir konservativ bleiben. Wenn wir liberal sind, bleiben wir dennoch dem Ideal einer Politik auf Basis des christlichen Wertefundaments verpflichtet. Diesen Anspruch gilt es, ganz im Sinne von Franz Josef Strauß auch kommenden Generationen nahezubringen: als Kraft, die bewegt. Als Politik, die näher am Menschen steht. Und als Partei, die besser für Bayern ist.

Hans Reichhart ist Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat und Vorsitzender der JU Bayern.