Bald gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Dann müssen wenige Junge viele Renten zahlen. (Foto: Picture alliance)
Rente

Gerechtigkeit für alle Generationen

Gastbeitrag Die Alterssicherung in Deutschland funktioniert. Damit das so bleibt, muss die Politik neben der gesetzlichen auch die betriebliche und die private Rente in den Blick nehmen, schreibt der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke.

Das deutsche System der Alterssicherung ist stabil aufgestellt. Die wichtigste und stärkste Säule ist die umlagenfinanzierte gesetzliche Rente. Sie bildet für den Großteil der Bevölkerung die wesentliche Grundlage für die finanzielle Absicherung im Alter.

Dabei wird es bleiben. Die gesetzliche Rente in Deutschland funktioniert: Ältere Menschen sind in unserem Land weitaus geringer von Armut betroffen als jüngere. Die Grundsicherungsquote der Altersgruppe 65 Jahre und älter liegt bei 3,1 Prozent und ist damit deutlich geringer als in der Gesamtbevölkerung mit über 9 Prozent.

Krise unter Rot-Grün

Eine gute Rentenpolitik setzt eine erfolgreiche Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung voraus. Denn im Umlageverfahren werden die laufenden Rentenzahlungen direkt durch die aktuellen Beitragseinnahmen finanziert. In Zeiten von Massenarbeitslosigkeit, wie wir sie vor rund 15 Jahren unter der rot-grünen Bundesregierung erlebt haben, ist die gesetzliche Rente an ihre finanziellen Grenzen gestoßen.

Ganz anders die Situation heute: Die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt brummen. Monat für Monat neue Rekorde bei den Beschäftigtenzahlen, die Arbeitslosigkeit hat sich seit 2005 mehr als halbiert. Wir wollen den erfolgreichen Weg der letzten zwölf Jahre weitergehen und bis spätestens 2025 Vollbeschäftigung in ganz Deutschland schaffen. Daneben tritt ein ganzes Bündel an weiteren Maßnahmen, um die Menschen fit für die Zukunft zu machen: mehr Weiterbildung, mehr Prävention, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. All das zeigt: Eine gute Rentenpolitik ist mehr als nur eine Debatte über die Höhe des Rentenniveaus.

Aber selbst die beste Arbeitsmarktpolitik macht nicht Halt vor der Alterung der Bevölkerung. Ab Mitte des nächsten Jahrzehnts gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Immer weniger Jüngere werden für immer mehr Ältere die Rente finanzieren müssen. Der demografische Druck auf die gesetzliche Rentenversicherung und auch auf die übrigen Sozialversicherungszweige steigt. Damit auch in Zukunft eine angemessene Absicherung im Alter gewährleistet bleibt, muss auch die gesetzliche Rente mit den Veränderungen Schritt halten.

Rente als Gegenleistung

Unsere rentenpolitische Leitlinie dabei ist: Die Rente muss die Gegenleistung für die in der Erwerbsphase gezahlten Beiträge bleiben. Wir stehen zur beitragsorientierten Rente. Diejenigen, die es nicht schaffen, bis zur Regelaltersgrenze zu arbeiten, wollen wir zielgenau unterstützen. Mit anderen Worten: Wir setzen an den Ursachen von Altersarmut an. Keine Politik mit der Gießkanne und kein Überbietungswettbewerb beim Rentenniveau, sondern unterschiedliche Instrumente für die unterschiedlichen Risikogruppen für Armut im Alter.

Dafür steht exemplarisch die Mütterrente. Für den Generationenvertrag leisten Familien einen wesentlichen Beitrag. Diejenigen, die auf Erwerbsarbeit verzichtet und Kinder großgezogen haben, dürfen nicht das Nachsehen haben. Wie eine kürzlich vorgelegte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, kommt die Mütterrente vor allem Rentnerinnen mit geringen und mittleren Einkommen zugute und ist damit ein wirksamer Beitrag zur Vermeidung von Altersarmut.

Die Rente muss die Gegenleistung für die in der Erwerbsphase gezahlten Beiträge bleiben.

Stephan Stracke, MdB

Für Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, wollen wir die Erwerbsminderungsrenten weiter verbessern. Wir werden die Menschen langfristig so stellen, als ob sie bis 67 Jahre gearbeitet hätten, deutlich länger als heute. Und für Selbstständige, die bisher keine Vorsorge getroffen haben und im Alter sehr häufig auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind, wollen wir eine Altersvorsorgepflicht einführen.

Bei allen Änderungen bei der gesetzlichen Rentenversicherung, eines ist aber auch klar: Neben der gesetzlichen Rente ist eine zusätzliche betriebliche und/oder private kapitalgedeckte Altersvorsorge notwendig, um den im Berufsleben erreichten Lebensstandard auch im Alter aufrechtzuerhalten. Denn nur mit allen drei Rentensäulen zusammen kann man die Herausforderungen der Alterung unserer Gesellschaft fair und gerecht auf alle Generationen verteilen.

Internationale Vergleiche zeigen, dass Alterseinkommen, die sich aus umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Renten zusammensetzen, auf Dauer die belastungsfähigsten und gleichzeitig leistungsfähigsten sind. Aus diesem Grund war die Riester-Rentenreform von 2000/2001 mit all ihren seitdem beschlossenen Verbesserungen richtig und wichtig, auch wenn die aktuellen Abschlusszahlen ernüchternd sind. Wir müssen Wege finden für eine deutlich stärkere Verbreitung der kapitalgedeckten Altersvorsorge. Einen wichtigen Schritt hierfür haben wir letzte Legislaturperiode mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz getan und Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich auch Geringverdiener eine private oder betriebliche Zusatzrente leisten können.

Neuer Generationenvertrag

Die CSU steht für Verlässlichkeit und eine gute und gerechte Rentenpolitik für alle Generationen. Deshalb haben wir vor der Bundestagswahl die Einsetzung einer Rentenkommission gefordert, um die langfristigen Weichenstellungen für einen verlässlichen Generationenvertrag zu stellen und dabei alle drei Rentensäulen in den Blick zu nehmen. In den Koalitionsverhandlungen haben wir die Kommission durchgesetzt. Die Kommission hat inzwischen ihre Arbeit aufgenommen. Das zeigt: Auf unseren Druck hat ein umfassender rentenpolitischer Beteiligungsprozess begonnen.

Es gilt: keine Denkverbote und keine Vorfestlegungen. Die im Koalitionsvertrag verabredete doppelte Haltelinie beim Rentenniveau von mindestens 48 Prozent und beim Rentenbeitrag von höchstens 20 Prozent gilt nur bis zum Jahr 2025.

Für die Zeit danach ist vereinbart, dass allein die Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ Handlungsoptionen für einen erneuerten, verlässlichen sowie tragfähigen Generationenvertrag erarbeitet. Ich würde mich freuen, wenn uns ein gesamtgesellschaftlicher Rentenkonsens gelänge, wie wir ihn in der Vergangenheit hatten. Ein solcher Rentenkonsens könnte die Grundlage für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz unseres Alterssicherungssystems bilden.

 

Stephan Stracke ist CSU-Bundestagsabgeordneter. Er ist Vorsitzender des Arbeitskreises Arbeit und Soziales, Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend.