Achtung im Schneetreiben: Lawinen-Warnschild am Wallberg bei Rottach-Egern. (Foto: Imago/Imagebroker)
Bergsport

Tod abseits der Piste

Schon zwei Lawinenopfer zählt die Bergrettung im noch jungen Winter in den bayerischen Alpen. Dennoch zieht der Lawinenwarndienst eine positive Bilanz seiner 50-jährigen Geschichte - ohne Tote. Der Dienst überwacht nur die ausgewiesenen Skigebiete.

Obwohl die diesjährige Wintersaison erst in einigen Gebieten begonnen hat, mussten die Behörden bereits über zwei Lawinen-Todesfälle berichten. In den Berchtesgadener Alpen wurde am Sonntag auf einer Höhe von 1650 Metern eine Skitourengeherin von Schneemassen mitgerissen, die auf dem Weg zum Kehlstein war. Bergretter konnten der 50-Jährigen nicht mehr helfen. Erst im September hatte eine Lawine im Berchtesgadener Land einen 24 Jahre alten Wanderer vor den Augen seiner Familie in den Tod gerissen.

Erfolg des Warndienstes

Der bayerische Lawinenwarndienst verweist zu seinem 50-jährigen Bestehen im Beisein von Innenminister Joachim Herrmann und Umweltministerin Ulrike Scharf dennoch auf eine erfolgreiche Bilanz. In dem halben Jahrhundert habe es in den von dem Warndienst überwachten Bereichen keinen einzigen Todesfall gegeben, berichtet das Innenministerium in München aus Anlass des Jubiläums. Den Widerspruch zwischen der Erfolgsmeldung und den aktuellen Todesfällen löst der Umstand auf, dass der Dienst eben nur die Pisten in den bayerischen Skigebieten sowie die Gebirgsstraßen im öffentlich zugänglichen Bereich überwacht. Zum Vergleich: Im nicht von den Lawinenkommissionen überwachten Bereich waren im gleichen Zeitraum deutlich über 100 Tote zu beklagen.

Wenn Tourengeher in Bereiche abseits der Pisten aufbrechen, machen sie das auf eigene Gefahr.

Thomas Feistl, Lawinenwarndienst.

Der Gründung des Lawinenwarndienstes war einst ein tragisches Unglück vorausgegangen. 1965 kamen auf der Zugspitze bei einem verheerenden Lawinenabgang zehn Menschen um. Dies war der Auslöser, um den Dienst aufzubauen, der dann 1967 in Betrieb ging.

Hunderte Ehrenamtler am Berg

Das Rückgrat des Dienstes bilden heute mehr als 400 meist ehrenamtliche Mitglieder, die sich vor Ort in den betroffenen Gebieten für die Sicherheit der Bevölkerung und der Touristen engagieren. Sie analysieren den Aufbau der Schneedecken und sind in Lawinenkommissionen tätig, die bei akuten Gefährdungslagen über entsprechende Maßnahmen beraten und den Behörden Empfehlungen geben. Daneben wirken auch Bedienstete der Landratsämter und Gemeinden sowie Angehörige von Bergbahnen, Bergwacht und DSV-Skiwacht, Polizei, Wasserwirtschafts-, Straßenbau- und Forstverwaltung, Bundeswehr, Hüttenwirte und Bergführer mit.

Sie sind in den sechs Großregionen des bayerischen Alpenraums tätig: Allgäuer Alpen, Ammergauer Alpen, Wettersteingebirge und Karwendel (Werdenfelser Alpen), Bayerische Voralpen, Chiemgauer Alpen sowie Berchtesgadener Alpen. Zudem gibt es noch die Lawinenwarnzentrale in der Landeshauptstadt, die wie der bayerische Hochwassernachrichtendienst zum Landesamt für Umwelt in Augsburg gehört. Die Experten der Zentrale geben im Winter nicht nur tägliche Lageberichte heraus. Sie kümmern sich auch um die Ausbildung der Mitglieder der örtlichen Lawinenkommissionen, um den Betrieb der Messnetze und sind an der Planung von Lawinenschutzmaßnahmen beteiligt. Zahlreiche automatische Messstationen liefern zusätzlich rund um die Uhr aktuelle Werte nach München, durch die die Mitarbeiter der Warnzentrale die Gefahr einschätzen können.

Der Lawinenwarndienst ist für die Sicherheit der Menschen in den bayerischen Alpen von herausragender Bedeutung.

Joachim Herrmann, Innenminister

Besteht tatsächlich eine Gefahr, so werden die Wintersportler und Einheimischen über die Lageberichte gewarnt, aber auch Straßen, Lifte, Loipen und Skipisten gesperrt und Lawinen künstlich ausgelöst. Zur Not können auch Siedlungsbereiche evakuiert werden. Die Lage wird zusammenfassend in eine von fünf Gefahrenstufen auf der Europäischen Gefahrenskala eingeteilt.

Die Gefahr wächst

Die Zahl der Tiefschneefahrer und Tourengänger wächst – und damit auch die Gefahr von Lawinenunglücken. Oft werden die Gefahren unterschätzt: Denn Lawinen können nicht nur in den kalten Wintermonaten abgehen, sondern auch bis weit in das Frühjahr und zum Teil in den Sommer hinein.

(dpa/BK)