Schwere Vorwürfe gegen Schulz
Als EU-Parlamentspräsident soll Martin Schulz versucht haben, entgegen geltender Regeln engen Mitarbeitern lukrative Jobs zu verschaffen. Inzwischen prüft auch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung das Verhalten des Sozialdemokraten.
EU-Behörden

Schwere Vorwürfe gegen Schulz

Als EU-Parlamentspräsident soll Martin Schulz versucht haben, entgegen geltender Regeln engen Mitarbeitern lukrative Jobs zu verschaffen. Inzwischen prüft auch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung das Verhalten des Sozialdemokraten.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat als Präsident des Europaparlaments mit Plänen zur Beförderung enger Mitarbeiter seine Kompetenzen überschritten. Nach Angaben der Parlamentsverwaltung versuchte Schulz im Herbst 2015, Mitgliedern seines Kabinetts per Präsidentenbeschluss rückwirkend den Jobtitel Referatsleiter zu verleihen. Sein Vorhaben habe aber „nicht den Regeln entsprochen und wurde deshalb von den Dienststellen nie umgesetzt“, heißt es in einer Antwort auf Fragen des Haushaltskontrollausschusses, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Lukrative Dienstgrade für Getreue

Schulz hat laut dpa-Informationen in seiner Amtszeit als Präsident des EU-Parlaments zugelassen, dass ein Mitarbeiter für sich selbst und Kollegen Beförderungsbeschlüsse formulierte. Mit den Beschlüssen sollte regelwidrig festgelegt werden, dass die Mitarbeiter nach ihrem Ausscheiden aus dem Team von Schulz lukrative Dienstgrade behalten. Schulz hatte die als Präsidentenbeschluss verfassten Entscheidungen im Oktober 2015 unterschrieben. Sie waren erst von der Parlamentsverwaltung gestoppt worden. Das Parlament hatte am Mittwochabend mitgeteilt, dass Schulz nach eigenen Angaben überzeugt war, dass die Beschlüsse im Einklang mit geltenden Regeln stehen.

Schulz schweigt zu den Vorwürfen

Dem SPD-Kanzlerkandidaten wird bereits seit einigen Wochen vorgeworfen, sich in seiner Zeit als EU-Parlamentspräsident dafür eingesetzt zu haben, dass Vertraute in den Genuss vorteilhafter Vertragskonditionen kommen. Der Haushaltskontrollausschuss des Parlaments hatte deswegen einen umfangreichen Fragebogen an die Parlamentsverwaltung geschickt. Schulz selbst wollte sich bislang nicht zu den Vorwürfen äußern.

Neben den Beförderungsversuchen prüft der Haushaltskontrollausschuss auch den Fall des Schulz-Vertrauten Markus Engels. Der Deutsche wurde 2012 auf Dauerdienstreise nach Berlin geschickt, obwohl er bereits zuvor in der deutschen Hauptstadt seinen Lebensmittelpunkt hatte. Für Engels bedeutete diese Vertragskonstruktion, dass er von einer 16-prozentigen Auslandszulage und zumindest zeitweise von Tagegeldern profitieren konnte. Engels ist heute SPD-Wahlkampfmanager.

Vorwurf der Günstlingswirtschaft

Die EU-Parlamentsverwaltung betonte zuletzt, dass Engels nicht zu Unrecht Zahlungen und andere Leistungen erhalten habe. Auch in den Antworten auf Fragen der Parlamentsverwaltung zu dem Fall gibt es keine offensichtlichen Hinweise auf Regelverstöße.

Hier wurden von Anfang an Regeln missbräuchlich und zu Lasten des Steuerzahlers ausgelegt.

Inge Gräßle (CDU), Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses

Ob die Vorwürfe im Fall „Engels“ damit vom Tisch sind, blieb zunächst allerdings offen. Nicht alles, was rechtlich korrekt ist, ist auch moralisch korrekt. „Hier wurden von Anfang an Regeln missbräuchlich und zu Lasten des Steuerzahlers ausgelegt“, hatte die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Inge Gräßle (CDU), bereits Mitte Februar kommentiert. Sie wirft Schulz „Günstlingswirtschaft“ vor. Der Haushaltskontrollausschuss hatte auch mehrfach die Amtsführung des Parlamentspräsidenten gerügt.

Ermittlungen der EU-Betrugsbekämpfer

Neben dem Haushaltskontrollausschuss des Parlaments prüft auch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf), ob es im Europaparlament unter Schulz zu Unregelmäßigkeiten kam. Experten wollen der Frage nachgehen, ob die Medienberichte über fragwürdige Beförderungen und Prämienzahlungen die Einleitung eines offiziellen Ermittlungsverfahrens rechtfertigten. Dafür muss es hinreichende Anhaltspunkte auf Betrug, Korruption oder andere rechtswidrige Handlungen zulasten des EU-Haushalts geben.

Der 61 Jahre alte Schulz war von 2012 bis Anfang 2017 Präsident der EU-Volksvertreter. Ende Januar wurde er zum SPD-Kanzlerkandidaten gekürt.

(dpa)